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Neues Konzept

Hunderte neue Bäume sollen in Achern die heiße Innenstadt herunterkühlen

Im Sommer steht an heißen Tagen im Acherner Stadtkern die Hitze. Mit viel Grün will die Stadt nun gegensteuern. Doch die Bäume sind teuer – und müssen sich gegen Parkplätze behaupten.

Blick auf einen Parkplatz unter großen Bäumen.
Am Adlerplatz in Achern werfen Bäume über den Parkplätzen Schatten. Ähnlich grün könnte es in den kommenden Jahren auch in anderen Ecken der Stadt aussehen. Foto: Michaela Gabriel

Die Luft in der Acherner Innenstadt ist zum Schneiden dick. Drückend liegt die Hitze auf den paar Fußgängern, die sich über den Platz vor dem Rathaus am Markt schleppen. Unter den noch jungen, schmalen Roteschen haben vier Frauen mit Strohhüten Schutz gesucht.

Dass Schattenplätze in Achern rar sind, weiß auch der Gemeinderat, der sich ein paar Meter weiter im kühlen Bürgersaal getroffen hat. Die Stadt will nun nachrüsten – mit jeder Menge Bäumen.

Rote Hitzeflecken über der Acherner Innenstadt

„Die letzten Tage hat es jeder gespürt: Es wird heißer“, sagte Marcel Friedmann vom städtischen Fachgebiet Tiefbau vor den Stadträten des Bauausschusses. Er zeigte eine Karte der Stadt, auf der die wärmsten Stellen in den Sommermonaten ausgewiesen sind. Tiefrote Flecken schweben vor allem über der Innenstadt rund um das Rathaus und über dem Gewerbegebiet Mittelmatten.

Weil hier viel Beton und wenig Beschattung aufeinandertreffen, komme es zum „urbanen Hitzeinsel-Effekt“. An solchen Stellen könne es dann bis zu zehn Grad heißer sein als anderswo im Stadtgebiet.

Bäume helfen gleich doppelt: Sie kühlen, indem sie die Oberfläche beschatten und Verdunstungskälte von den Blättern abgeben. Und bei Extremwetterereignissen wie Starkregen nehmen sie Wasser auf, das sonst die Innenstadt fluten könnte.

Zwar gebe es schon etliche Bäume in Achern. Doch vielen gehe es nicht gut. „Wir haben viele Bäume mit kahlen Kronen und Bäume, die schlagartig absterben“, sagte Friedmann. Die heißen und trockenen Sommer der vergangenen Jahre hätten sie nicht verkraftet. Zur Kühlung der Stadt trügen sie nun fast nichts mehr bei.

Die Optik ist bei der Auswahl des richtigen Baums nur das i-Tüpfelchen.
Marcel Friedmann
Städtisches Fachgebiet Tiefbau

Das neue Baumpflanzkonzept müsse daher auf Bäume setzen, die Hitze auch über lange Zeit aushalten und an langfristig passenden Stellen stehen. Im besten Fall verlaufen unter ihnen auch keine Leitungen, sodass ihre Wurzeln Platz haben, um sich auszubreiten.

Wie der Baum am Ende aussieht, habe nicht die höchste Priorität. „Die Optik ist bei der Auswahl des richtigen Baums nur das i-Tüpfelchen“, sagte Friedmann. Wichtiger sei die Robustheit und dass es sich um eine nicht-invasive, im besten Fall europäische, Baumart handle.

In einer Baumliste hat Friedmann über 40 infrage kommende Arten festgehalten. Neben europäischen Vertretern wie dem Feld- und Spitzahorn, der Esskastanie oder der Waldkiefer weist diese auch internationale Arten wie Rotahorn oder Sumpfeiche aus. Insgesamt 169 mögliche Standorte hat Friedmann identifiziert. Bei vier Bäumen pro Standort wären das 676 neue Bäume, die in Achern für mehr Grün sorgen könnten.

Ein dichter Ahornwald.
Der Feldahorn gehört zu den Baumarten, die gut mit Hitze und Trockenheit umgehen können. Foto: Patrick Pleul/dpa

Doch das geht ans Geld. Im städtischen Haushalt sind jährlich 100.000 Euro für Baumpflanzungen vorgesehen. Was nach viel klingt, schrumpft schnell zusammen. Friedmann rechnete vor: Je nach Standort könne man mit 400 bis 10.000 Euro pro Pflanzung rechnen. Die große Spanne erklärt sich aus dem unterschiedlichen Aufwand, der betrieben werden muss.

Kommt ein Baum auf eine Grünfläche, halten sich die Kosten in Grenzen. Ein Baum, der im städtischen Verkehrsraum stehen soll wie die Roteschen vor dem Rathaus, wird hingegen teuer.

Unter und an der Oberfläche muss eine Menge Zubehör verbaut werden, um die Wurzeln des Baums in Schach zu halten und ihn zu bewässern. Doch gerade an diesen Stellen sind Bäume Gold wert.

Bund könnte mit Millionenförderung einspringen

Friedmann schlug vor, sich um Fördermittel aus dem Klimafonds des Bundes zu bemühen. Seinem Rechenbeispiel zufolge könne die Pflanzung der 676 neuen Bäume mit 1,4 Millionen Euro gefördert werden, auf die Stadt entfiele ein Eigenanteil von 450.000 Euro.

Stadtrat Karl Früh (CDU) merkte an, dass es nicht sinnvoll sei, die gesamte zur Verfügung stehende Fläche zu bepflanzen. „Wir sollten auch noch Platz für Photovoltaik lassen.“ Eberhard Dinger (ABL) sorgte sich um bestehende, aber kränkelnde Bäume und forderte ergänzend ein „Baumerhaltungskonzept“.

Ihm sprang Alois Berger-Köppel (SPD) zur Seite. Bis ein Baum die richtige Größe habe, könne es sehr lange dauern. „Dafür haben wir keine Zeit“, drängte er. Mit einem Erholungsschnitt könne man kranke Bäume und deren große Krone vielleicht doch noch retten.

Will man jetzt 30 Parkplätze und keine Bäume oder 20 Parkplätze und zehn Bäume?
Klaus Muttach
Oberbürgermeister in Achern

„Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, sagte Martin Siffling (Grüne). Er begrüße das Konzept, doch zweifle er an der Umsetzung in dieser Größenordnung. Die Bäume konkurrierten mit Parkplätzen und „Bewohnern im ersten Stock“, die vom permanenten Schattenwurf ins Wohnzimmer nicht begeistert seien.

Man müsse sich die Frage stellen, „will man jetzt 30 Parkplätze und keine Bäume oder 20 Parkplätze und zehn Bäume“, sagte Oberbürgermeister Klaus Muttach (CDU). Die Stadt habe diese Frage für sich beantwortet und bemühe sich, grüner zu werden. Schlussendlich befürwortete der Bauausschuss die stufenweise Umsetzung des neuen Konzepts einstimmig.

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