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Gedenk-Gottesdienst

Junge Menschen in Achern warnen vor Intoleranz und Antisemitismus

Konfirmanden erinnern in Achern an die Zeit des Nationalsozialismus. Sie kritisieren Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus und Vorurteile.

Konfirmandinnen und Konfirmanden der evangelischen Kirchengemeinde gestalteten den Gedenk-Gottesdienst für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft zusammen mit Pfarrerin Regina Christine Bub und Fabian Alt vom Stadtarchiv (Dritter von rechts). 
Konfirmandinnen und Konfirmanden der evangelischen Kirchengemeinde gestalteten den Gedenk-Gottesdienst für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft zusammen mit Pfarrerin Regina Christine Bub und Fabian Alt vom Stadtarchiv (Dritter von rechts).  Foto: Michael Karle

Die Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus wachzuhalten, war Ziel des Gedenk-Gottesdienstes in der Jugendkirche Illenau. Konfirmandinnen und Konfirmanden der evangelischen Kirche hatten sich mit Pfarrerin Regina Bub und Fabian Alt, Leiter des Archivs der Stadt Achern, mit den Verbrechen im Nationalsozialismus auseinandergesetzt und zur Gedenkstunde geladen.

Drei Jugendliche erinnerten an dunkle Zeiten des Volkes Israel, wie an die Gefangennahme des jüdischen Volkes in Babylon, die Zerstörung des Tempels in Jerusalem oder an Judenpogromen in Europa im zweiten Jahrtausend nach Christus. Mit dem Nationalsozialismus und Adolf Hitler seien Rechtlosigkeit, Verfolgung und die Ermordung von jüdischen und vielen anderen Menschen politisches Programm geworden.

Warnung von Hass und Intoleranz

Am 27. Januar 1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von sowjetischen Soldaten befreit. Alleine hier waren etwa eine Million Juden ermordet worden.

Bundespräsident Roman Herzog, so die Jugendlichen weiter, ernannte 1996 den 27. Januar zum offiziellen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Zu ihnen werden Menschen mit Behinderungen, ermordete Zivilisten und Kriegsgefangene aus der Sowjetunion, Polen und Serbien ebenso gezählt, wie Sinti und Roma oder Angehörige der Religionsgemeinschaft „Jehovas Zeugen“. Die Schicksale aller NS-Opfer sollten immer auch Warnung vor den Gefahren von Hass, Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus und Vorurteilen sein.

Rund zwei Drittel aller damals lebenden europäischen Juden fielen diesem Völkermord zum Opfer.
Dietmar Stiefel
Bürgermeister

Dietmar Stiefel, Bürgermeister der Stadt Achern, ergänzte, dass die Vereinten Nationen 2005 den 27. Januar als internationalen Gedenktag eingeführt hätten. „Rund zwei Drittel aller damals lebenden europäischen Juden fielen diesem Völkermord zum Opfer.“ Antisemitismus sei in der Zeit des Nationalsozialismus zum „kollektiven Rassenwahn“ eskaliert. Die vollständige und systematische Vernichtung der Juden wurde politisches Programm, erinnerte Stiefel. Er stellte fest, dass derzeit antisemitische und rechtsextreme Ansichten in Schulen, im Berufsleben und vielfach auch im Alltag nahezu wieder „hoffähig“ würden.

Hoffnung mache, so der Bürgermeister, wenn in diesen Tagen und Wochen landesweit „ein unüberhörbares Veto gegen fremdenfeindliches und antisemitisches Denken und Handeln“ zum öffentlichen Ausdruck gebracht werde.

Pfarrerin Renate Bub erinnerte an den Ausspruch Elie Wiesels, Schriftsteller und Überlebender des Holocausts, dass Schweigen, Vergessen und Verdrängen verboten und ein „zweites Töten“ sei.

Jugendbuch „Damals war es Friedrich“ als frühes literarisches Beispiel

Stadtarchivar Fabian Alt stellte Hans Peter Richters Jugendbuch „Damals war es Friedrich“ als eines der frühen Beispiele gegen das Totschweigen vor. Jugendliche benannten, dass darin viele Facetten der Gewalt ausgeführt seien, jedoch die systematische Vernichtung unerwähnt bleibt. Richter habe vor allem im Blick gehabt, wie auch „kleine“ Bürger durch den Rückzug ins Familiäre den Verbrechen „Schützenhilfe“ gegeben hätten. 

„Jeder Mensch ist ein geliebtes Geschöpf Gottes“ war als biblisches Gegenmittel gegen Rassenwahn, Diskriminierung und Unmenschlichkeit zu hören. Aktiv sein für Benachteiligte und Ausgegrenzte, ist somit weiterhin eine gewaltige persönliche und gemeinschaftliche, christlich, human und demokratisch begründete Aufgabe und Forderung. Zivilcourage und das Aufbegehren gegen Unrecht seien notwendig für alle. 

Gebete wurden in diesem Sinn gesprochen für umgebrachte Juden und deren Angehörige, Sinti und Roma, Menschen, die psychisch krank oder mit Behinderungen bedacht waren und vielen Anforderungen der NS-Herrschaft nicht entsprachen. Pfarrerin Renate Bub fasste die Gebete, Rufe und Schreie der Damaligen wie der Heutigen im „Vater Unser“ zusammen und gab einen Segen. Zusammen mit Dirk Jöst (Kirchengemeinderat) dankte die Pfarrerin den Jugendlichen und der Band aus Jugendreferent Jörg Lange (Kehl), Timo Reh und Brigitte Keune.

Der Einladung, Darstellungen und kreative Arbeiten der Konfirmanden im Kirchenraum anzuschauen und die Aussagen nochmals zu verinnerlichen, wurde mit viel Anerkennung gefolgt.

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