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"Gewaltige Bürokratie"

Anima Tierwelt: Deshalb ist das Millionen­projekt der Grundig-Erbin gescheitert

Mit ihrer Ankündigung, die Planungen für die „Anima Tierwelt“ in Sasbachwalden zu stoppen hat das Management überall in der Region Bestürzung ausgelöst. Die Geschäftsführerinnen Maria Wruck und Davina Schmitz beklagen im Interview die wachsende Bürokratie, unter der das Projekt leide.

Maria Wruck (links) und Davina Schmitz wollten Menschen helfen, das Band zur Natur neu zu knüpfen. Foto: Anima Tierwelt
Maria Wruck (links) und Davina Schmitz wollten Menschen helfen, das Band zur Natur neu zu knüpfen. Foto: Anima Tierwelt

Mit ihrer Ankündigung, die Planungen für die „Anima Tierwelt“ in Sasbachwalden zu stoppen, hat das Management überall in der Region Bestürzung ausgelöst. Die Geschäftsführerinnen Maria Wruck und Davina Schmitz beklagen im Interview die wachsende Bürokratie, unter der das Projekt leide.

Was hat Sie konkret dazu veranlasst, zu einem Zeitpunkt das Ende des Projekts anzukündigen, an dem es genehmigt ist und in „trockenen Tüchern“ zu sein schien?

Die Anima Tierwelt wurde mit einem großen Ziel und großem Startkapital als gemeinnütziges Projekt für die Bürger, zum Wohl der Tiere, der Umwelt und für die Region begonnen. Nach acht Jahre andauernder, sehr komplexer Planungs- und Genehmigungsphase wurden alle notwendigen Genehmigungen erteilt. Daraufhin konnte die Feinplanung begonnen werden, in der erst die bis dahin noch grob geschätzten Kostenkalkulationen verifiziert werden können.

Diese Planung ist selbst mit hohen Kosten und ersten Eingriffen in das Gelände verbunden und kann daher erst nach Erteilung der Genehmigungen begonnen werden. In dieser Phase erhöhten sich die bereits in der Planungs- und Genehmigungsphase gestiegenen Kosten nochmals um ein Vielfaches. Baurecht, Umwelt- und Tierschutzauflagen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten so stark verändert, dass Planungen mittlerweile häufig unerwarteten Kostensteigerungen unterlegen sind.

Bei uns kamen infrastrukturell notwendige Baumaßnahmen dazu, die aus den eigentlich viel später geplanten Ausbaustufen vorgezogen werden mussten.

Die besondere Lage des Geländes und Teilprojekte wie der Erhalt des alten Hauptgebäudes führten weiterhin zu ungeahnten Mehrkosten.

Die aktuelle Baukonjunktur tat ihr übriges – immerhin wurden die ersten Kostenschätzungen vor fast neun Jahren gemacht. Dieser Entwicklung entsprechend wurde bereits vor einigen Jahren begonnen, sich um Co-Investoren, Partner, Förderer und auch um staatliche Förderungen zu bemühen.

Besonders in den letzten Monaten waren wir fast ausschließlich damit beschäftigt, und haben das natürlich auch klar der Öffentlichkeit gegenüber kommuniziert. Besonders im Bereich der öffentlichen Förderungen haben wir in der Vergangenheit, teilweise auch dank der Bemühungen von Bürgermeisterin Sonja Schuchter, Gespräche mit verschiedenen Ministerien führen dürfen. Leider gänzlich ohne Erfolg.

Dass wir das Projekt an diesem Punkt beenden, bevor größere Baumaßnahmen das Gelände am Breitenbrunnen weiter verändern, bevor Arbeitskräfte eingestellt und Tiere angeschafft werden, die einer nicht gesicherten Zukunft entgegen gehen, ist für uns eine Frage der Verantwortung. Die heutige Bürokratie ist zu gewaltig geworden für ein so komplexes und privatwirtschaftliches Projekt. „Daran konnten alle Beteiligten bedauerlicherweise auch nichts ändern. Vielmehr konnten wir nur durch engste und vertrauensvolle gemeinsame Arbeit mit den zuständigen Behörden erst so weit kommen, unsere Genehmigungen überhaupt zu erhalten.“

Was wird aus dem Breitenbrunnen oberhalb von Sasbachwalden? Diese Frage ist nach dem Aus für die „Anima Tierwelt“ offener denn je.
Was wird aus dem Breitenbrunnen oberhalb von Sasbachwalden? Diese Frage ist nach dem Aus für die „Anima Tierwelt“ offener denn je. Foto: Spether

In Ihrer Pressemitteilung schrieben Sie „Anima Tierwelt am Breitenbrunnen steht vor dem Aus“. Das klingt so, als ob das Ende noch nicht endgültig beschlossen ist. Habe ich das so richtig verstanden?

Unter den aktuellen Voraussetzungen haben wir alle Möglichkeiten ausgeschöpft und können die Anima Tierwelt nicht realisieren.

Wie hoch ist der über den genannten Betrag von 20 Millionen Euro hinausgehende Finanzbedarf?

Stand heute beträgt dieser einen hohen einstelligen Millionenbetrag. Darin nicht enthalten sind ein Puffer für Unvorhergesehenes, mögliche konjunkturelle Kostensteigerungen und die zu erwartenden Verluste in der Startphase des laufenden Betriebs.

Haben Sie Partnerschaften mit ähnlichen Einrichtungen oder Zoos erwogen?

Mit Sponsoren, Co-Investoren und möglichen Kooperationspartnern wurden innerhalb der letzten Jahre ebenfalls zahlreiche Gespräche geführt. Viele verliefen durchaus positiv, wie die Kooperationen mit dem Nationalpark Schwarzwald und dem WWF zeigen. Inhaltlich sind diese Partnerschaften von unschätzbarem Wert, und wir sind sehr stolz und glücklich, diese realisiert zu haben. Finanziell schlagen sie sich allerdings leider nicht unmittelbar nieder.

Sie haben angekündigt, mit der Gemeinde über eine „alternative Nutzung“ Gespräche führen zu wollen. Was verstehen Sie unter einer alternativen Nutzung – eine „abgespeckte“ Lösung?

Eine abgespeckte „Anima“ wird es sicherlich nicht geben.

Wir haben im Kampf um die Umsetzung des Projekts selbstverständlich alle Einsparungen vorgenommen, die vertretbar waren. Aber wir sind nicht bereit, am Kern der Vision zu rühren, denn das hätte zur Folge, das Tierwohl oder unseren Bildungsgedanken einzuschränken.

Da war die Welt noch in Ordnung: Bürgermeisterin Sonja Schuchter mit Maria Wruck (rechts) und Davina Schmitz (links) bei der Unterzeichnung des Kaufvertrags.
Da war die Welt noch in Ordnung: Bürgermeisterin Sonja Schuchter mit Maria Wruck (rechts) und Davina Schmitz (links) bei der Unterzeichnung des Kaufvertrags. Foto: Ostermann

Bürgermeisterin Sonja Schuchter hat „die Hoffnung noch nicht aufgegeben“ und hofft „auf eine gute Lösung“. Was wollen Sie ihr sagen?

Die Gemeinde war stets in die Suche nach möglichen Fördergeldern und Investoren eingebunden. So werden wir es auch mit der Suche nach einer Lösung für die Folgenutzung des Geländes halten. Mit Bürgermeisterin Sonja Schuchter sind wir in konstruktiven Gesprächen, um das Areal am Breitenbrunnen einer geeigneten Nutzung und für die Gemeinde guten Lösung zuzuführen.

Wie das Areal konkret genutzt werden soll und wie die Verkehrssicherungspflicht im Detail und zeitlichen Verlauf geregelt werden kann, können wir momentan noch nicht abschließend beantworten.

Natürlich sind wir hoffnungsvoll, das Betretungsverbot bald auszuräumen und damit das Wildgehege wieder zugänglich machen zu dürfen.

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