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Kampagne mit der IHK

Wie eine Schaufensterdoktorin den Einzelhandel in Achern aufhübscht

Andrea Wenz ist gelernte Dekorateurin und berät als „Schaufensterdoktorin“ Einzelhändler in Achern bei der Schaufenstergestaltung. Dabei setzt sie auf klare Ansagen.

zwei Frauen im Gespräch
Andrea Esther Wenz (links) erläutert Andrea Erz von der städtischen Tourist-Info Achern, wie Schaufenster sinnvoll und ästhetisch gestaltet werden. Foto: Katrin König-Derki

Die „Schaufensterdoktorin“ Andrea Esther Wenz erscheint ein wenig zu spät zu ihrem zweiten Termin am Mittwochmorgen. Atemlos erklärt sie, dass eine Stunde pro Einzelhändler im Grunde zu wenig sei und sie die städtische Tourist-Info am Marktplatz, ihre zweite Anlaufstelle, zunächst gar nicht wahrgenommen habe. Und damit ist sie schon beim Thema: „Das ist nicht gut.“

Die Beratung durch Wenz, eine gelernte Dekorateurin, ist Bestandteil der Kampagne zur Stärkung des Einzelhandels in Achern, engmaschig begleitet von der IHK Südlicher Oberrhein. Aus diesem Grund nehmen am Austausch nicht nur Andrea Erz und Cornelia Ursprung von der Tourist-Info teil, sondern auch City Manager Dirk Dufner von der Innenstadtgemeinschaft „Achern aktiv“ und der städtische Wirtschaftsförderer Christian Zorn.

Die Nachfrage nach dem Beratungsangebot sei enorm, sagt Dufner. „Deshalb haben wir heute schon den zweiten Termin mit Frau Wenz.“ Insgesamt besuche diese in Achern nun 14 Einzelhändler und Dienstleister. Zur Kampagne zählten zugleich „Bausteine“ wie Bürgerbefragungen und Passantenzählungen, berichtet er weiter. Und, vor wenigen Wochen, ein Rundgang unter Einbeziehung von Stadträten. Dabei, sagt Dufner, habe man die Innenstadt aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet – dem der Barrierefreiheit zum Beispiel.

Das Auge braucht Ruhe.
Andrea Esther Wenz 
Dekorateurin

Heute steht also die Schaufensterdoktorin im Fokus. Ihre Diagnose erfolgt, bei aller Freundlichkeit, schnell und deutlich. „Was ist Ihre Botschaft?“, fragt sie. „Wie kriegen Sie transportiert, dass Sie Infos zu einem sehr schönen Umland liefern? Warum sollte ein Kunde hier verweilen?“ Sie persönlich sehe auf den ersten Blick zu viele Plakate auf einmal. „Das Auge braucht Ruhe.“ In dem Durcheinander verschwinde zudem der wichtige Hinweis „Tourist-Info“ in Rot und Weiß. Man könnte diesen stattdessen auslagern und an der Säule neben dem Schaufenster platzieren. Die wiederum als Hingucker dienen würde, wäre sie rot angemalt.

Klare Strukturen und liebevolle Details

Wenig Gefallen findet Wenz an den Möbeln, die durch das Fenster hindurch sichtbar sind. Eine mobile Wand in Anthrazit sei sinnvoll, um den Innenbereich optisch abzutrennen. Mehrfach spricht sie von „mehr Struktur“ und meint damit auch Souvenirs wie T-Shirts, die zum Verkauf stehen. „Mir hängen da zu viele herum. Zwei reichen, weitere vielleicht mit Seidenpapier auf dem Boden.“ Der zwischen den T-Shirts arrangierte Fächer hingegen sei wunderschön. „Das Ganze ein bisschen zu beleuchten, wäre auch noch eine Idee.“

Ein weniger prominentes Schaufenster rechts am Gebäude ist ebenfalls mit Plakaten versehen – aber nicht auf Augenhöhe, moniert Wenz. „Wenn die so weit oben hängen, schaut man nicht hin.“ Als Richtwert nennt sie 1,50 Meter. Weiter wandert die Gruppe zum Eingangsbereich. Dort spricht die „Doktorin“ ein Lob für die helle und freundliche Gestaltung aus, Warenpräsentation inklusive. Und: „Sitzgelegenheiten finden Kunden auf der Außentreppe.“ Im Winter seien dort Felle denkbar. „Das kenne ich von der Schweiz, wo das Angebot gern genutzt wird.“

Ansprechende Ästhetik nimmt man auch unterbewusst wahr.
Andrea Esther Wenz 
Dekorateurin

Überhaupt legten die Schweizer viel mehr Wert auf Schaufensterdekoration, sagt sie. Es gehe um ansprechende, geschmackvolle Ästhetik. „Die nimmt man auch unterbewusst wahr.“ Potenzielle Kunden, ob Touristen oder Einheimische, sollten beim Flanieren motiviert werden, anzuhalten. Es sei kein Zufall, dass die ersten Dekorateure von Kaufhäusern im Deutschland der 1960er-Jahre oft Künstler gewesen seien, handwerklich geschickt und mit einem ausgeprägten Blick für das Schöne.

Dem Internet Paroli bieten

Die Tipps, sind sich die Teilnehmer einig, seien zielführend, um „die Attraktivität der Einkaufsstadt Achern zu stärken“, wie Christian Zorn es formuliert. „Wir dürfen uns neuen Entwicklungen nicht verschließen und möchten uns den Bedürfnissen der Bürger öffnen, damit wir sie in die Stadt bekommen.“ Dem Internet Paroli bieten, ergänzt Dirk Dufner.

Andrea Erz zeigt sich angesichts der Fülle von Ratschlägen indes überrascht. „Ich arbeite jetzt seit fünf Jahren hier und es war schon vorher immer so“, kommentiert sie die Schaufenster, fast ein wenig in der Defensive. Daraufhin betont Wenz die Bedeutung der kleinen, mit Liebe gerichteten Dinge, wie man sie in der Tourist-Info finde. Hier sei man für die Leute da. „Das ist ein Schatz, den kleine Städte haben.“ Und den muss man eben noch ein wenig mehr zum Glänzen bringen.

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