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Weinbrüder bewerten

Ernüchternder Selbsttest: Weinradweg in der Ortenau hat einige Mängel

Er bekam viel Vorschusslorbeeren: Der Badische Weinradweg. Da bietet sich ein Selbsttest mit Experten an. Ist die Tour so toll, wie sie beworben wurde?

Die Weinbrüder zur Erkundungsfahrt auf dem Badischen Weinradweg unterwegs: v.links: Klaus-Peter Mungenast; Günter Fröhlich, Reinhard Vogel, Winfried Köninger. Im Hintergrund: Ein Portalschild der Tourist Info der Stadt Bühl.
Klaus-Peter Mungenast; Günter Fröhlich, Reinhard Vogel und Winfried Köninger (von links) unternahmen eine Testfahrt und waren ernüchtert. Foto: Winfried Köninger

Alle guten Dinge sind drei: Mit der legendären Badische Weinstraße, 1954 in der Ortenau aus der Taufe gehoben und dem Ortenauer Weinpfad, bekam die Region mit dem Badischen Weinradweg die dritte, weintouristische Tour.

Die publikumswirksame Premiere war für Frühjahr 2020 geplant. Die Pandemie hat die Startrunde von Gengenbach bis zum Weingut Schloss Ortenberg aber ausgebremst. Man wollte damals auf diesem kurzen, aber sehr attraktiven Ausschnitt die „Ortenau-Etappe“ eröffnen, in der weiteren Folge wird aber dieser 70 Kilometer lange Teilabschnitt des 400 Kilometer umfassenden Badischen Weinradweges den Ansprüchen eines Fernradweges in keinster Weise gerecht.

Mit viel Vorschusslorbeeren wurde der Weinradweg entlang der abwechslungsreichen Vorgebirgszone des nördlichen Schwarzwaldes bisher in den Medien begleitet. Kann er diese Erwartungen erfüllen?

Weinbruderschaft macht den Test

Dieser Frage gingen nun vier radwegerfahrene Mitglieder der Ortenauer Weinbruderschaft auf den Grund: Der ehemalige Kappelrodecker Bürgermeister Klaus-Peter Mungenast, der pensionierte Weinbaureferent des Regierungspräsidiums Karlsruhe, Reinhard Vogel Weinbaureferent, VHS-Chef a. D. Günter Fröhlich, Ordenskanzler der Bruderschaft und Winfried Köninger, Gutsverwalter a.D und Ordensmeister.

Sie starteten am Ortenberger Schloss und radelten bis zum Bahnhof Baden-Baden. Von dort ging es mit der Bahn zurück. Fazit der Experten: Eine ideale Kombination für einen Tag, aber Ernüchterung im Sattel. Die Strecke hat erhebliche Mängel. Diese Bestätigung bekamen sie von einem raderfahrenen Ehepaar aus der Schweiz: Tolle Landschaft, wenig überzeugende Radroute. Es fehlen Schilder, die Streckenführung ist unglücklich. Radgenuss sieht anders aus, so die Weinbrüder.

Einige Höhepunkte werden ausgespart

Ein zu hartes Urteil? „Nein“ sagt Ex-Rathauschef Mungenast. Er kritisiert Abschnitt des vorderen Renchtals und die Strecke um Bühl. Ab Nussbach verläuft die Route acht Kilometer lang direkt auf der Kreisstraße bis nach Ulm. So spart er nicht nur die Weinstadt Oberkirch aus, der Radler muss noch auf eine viel befahrene Kreisstraße.

Dabei gibt es einen Landesfernradweg entlang des Rebengürtels im vorderen Renchtal. Auch Gunia Wassmer, Geschäftsführerin der Renchtal Tourismus GmbH, beklagt diesen groben „Fehltritt“ auf Nachfrage. „Unsere Einwände wurden nicht gehört“, sagt sie.

Gleiches ließe sich im vorderen Achertal bemängeln, wo der Weg von Mösbach bis nach Oberachern nur durch Obstanlagen führt, und die bekannten Weinorte Kappelrodeck und Waldulm ausklammert.

Eine weiter Fehlplanung gibt es im Raum Bühl. Von Lauf führt die Route ab Ottersweier entlang der stark befahrenen B 3 in die Bühler Innenstadt. Besser wäre wohl der Weg durch die Bühler Wein-Stadtteile-, Rittersbach, Kappelwindeck und Altschweier gewesen.

E-Bike kann durchaus hilfreich sein

Tino Rettig, Tourismus Chef von Bühl und Bühlertal beklagt, wie seine Tourismuskollegin Wassmer, die mangelnde Rücksichtnahme der Einwände von den Gemeinden und der Weinwirtschaft in der Planungsphase. Die Hauptkritik der Weinbrüder: Schlechte Beschilderung, zu wenig Rastplätzen und zu viele Ortsdurchfahrten.

Vorbildlich war die Portalbeschilderung in Bühl und im Baden-Badener Rebland. Sonst Fehlanzeige. „Warum sollen wir solche Schilder finanzieren, wenn die Radwegroute unsere Ortschaften außen vorlässt“, so folgerichtig Gunia Wassmer. Die schönsten Streckenabschnitte waren im Offenburger und im Baden-Badener Rebland. Der Weinort Durbach wird leider nur tangiert, aber aus radverkehrstechnischen Gründen ist das nachvollziehbar.

Ohne E-Bikes wird der Ortenauer Weinradweg sehr sportlich. Die Weinbrüder liegen mit ihrer Einschätzung gut. Der Allgemeine Deutschen Fahrrad Club (ADFC) gibt dem Badischen Weinradweg eine drei. Fünf ist die schlechteste Note.

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