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Alte Häuser und ihre Geschichte

Wurzeln der Lettner reichen in Kappelrodeck 300 Jahre zurück

Das Haus Lettner befindet sich in einem der ältesten Ortsteile von Kappelrodeck. Es ist zugleich Stammhaus unzähliger Amerikaner.

Alte Häuser Serie - Haus Lettner in einem der ältesten Ortsteile von Kapperlrodeck und Stammhaus unzähliger Lettner in Amerika - Wurzeln bis 1750 
Das Haus Lettner im Gewann Bernhardshöfe steht in einem der ältesten Ortsteile von Kappelrodeck, das vor 675 Jahren erstmals erwähnt wird. Hier stand auch das Stammhaus unzähliger Lettner, die vor allem nach Amerika auswanderten. Foto: Roland Spether

Wieviel „Juch Velds mit Boumen“ die Bauernfamilie Benedict und Maria Magdalena Lettner von den Bernhardshöfen nach ihrer Heirat 1770 bewirtschafteten, ob sie wenig entfernt von ihrem Hof an den Hängen des Blosenkopfes einen Weinberg hatten oder Kirschen zu edlem Obstbrand veredelten, ist nicht mehr überliefert.

Aber sie waren wie alle damals Landwirte, mussten ihr tägliches Brot dem Boden mit schwerer Handarbeit abringen und der Glaube war ihnen wichtig. Von früh bis spät waren sie auf den Beinen, um ihre Lebensgrundlage zu sichern und sich liebevoll um ihre neuen Kinder zu kümmern.

Die saßen pünktlich um 12 Uhr rund um den Tisch, sprachen andächtig ein Tischgebet unter dem „Herrgottswinkel“ und machten große Augen, was die Mutter wohl servieren wird. Viel kann es nicht gewesen sein, eben das, was der Bauerngarten beim Haus abwarf, was im Keller eingelagert wurde oder vom letzten Schlachttag zu einem Familienfest noch übrig blieb.

Eheglück endet jäh

Der Bauer Benedict Lettner ist der Sohn von Mathias Lettner (1720 – 1778) und Katharina Lamm (1711 – 1755), die in einem der ältesten Zinken Kappelrodecks (Ersterwähnung 1349) wohnten und sieben Kindern das Leben schenkten. Sohn Benedict war das fünfte Kind. Er wurde am 20. März 1750 geboren heiratete am 23. Juni 1770 seine Katharina.

Sein Eheglück konnte die Mutter nicht mehr miterleben. Sie starb am 6. März 1755 drei Tage nach der Geburt ihres Sohnes Albinus. Nun fehlte die Frau im Haus. Der Witwer stand mit den Kindern und der vielen Arbeit alleine da. Er suchte sich schnell eine neue Frau, die er in Regina Pfeiffer fand. Bereits am 13. Mai 1755 wurde Hochzeit gefeiert. Das Familienleben begann neu.

Mathias Lettner wurde zum Ur-Vater einer großen Lettner-Familie. An deren Stammsitz in den Bernhardshöfen wohnt heute die Familie von Theo und Brigitte Lettner, die wie ihre Vorfahren Weinberge bewirtschaftet, Obst anbaut und dies in der eigenen Brennerei zu Edelbränden veredelt. Viele Namen und Daten ermittelte Melanie Bühler aus den Kirchenbüchern, als sie noch Pfarrsekretärin war und Heimatforscher kamen, um in diesen Pfarrdokumenten Spuren der Ahnen zu suchen und auch zu finden.

Die Lettner-Linie geht weit über die Bernhardshöfe hinaus in die weite Welt, vor allem bis nach Nordamerika in den Bundesstaat Wisconsin, wohin viele im 19. Jahrhundert während Hunger- und Kriegsjahren auswanderten. Von dort nahmen deren Nachfahren 1986 Kontakt mit Theo Lettner auf. Er reiste auch nach Wisconsin.

Seine Verwandte kamen nach Kappelrodeck und erlebten ihre Wurzeln in Deutschland. Auf die Spuren der Lettner-Auswanderer begaben sich auch Melanie Bühler und Karl Bühler, Sohn von Anna Lettner von den Bernhardshöfen.

Laut Google 600.000 Lettner in Wisconsin

Das Ehepaar überquerte mehrmals den Atlantik und traf in dem Ort Trempealeau Phyllis und Leonhard Lettner und viele Verwandte. Die Lettner-Familie ist so groß, dass bei der Google-Eingabe „Lettner in Wisconsin“ 741.000 Ergebnisse angezeigt werden, darunter auch deutsche Vornamen wie Richard, Karl, Anna oder Barbara. Ob deren Urahnen alle aus den Bernhardshöfen stammen, ist nicht sicher, da es nach dem Ortshistoriker Markus Bruder auch Lettners in Sasbachwalden gab.

In der ältesten urkundlichen Erwähnung des Gasthauses Sonne von 1780 ist ein Wirt Christian Lettner belegt. Es gab auch einen Bürgermeister Philipp Lettner (1827 –1 833), der wie seine Kollegen in Kappelrodeck mit viel Armut, Hunger und Elend konfrontiert war.

Es kann gut sein, dass es zwischen den Lettnern über das Gewann „Knetschenwasen“ hinweg verwandtschaftliche Beziehungen gab. Sicher ist, dass viele Lettner, Zink, Schneider auswanderten und ihr Glück in der „Neuen Welt“ suchten. Die Not war so groß, dass Gemeinden sogar das Geld für die Überfahrt bezahlten, weil sie die vielen „Hungerleider“ nicht versorgen konnten. In der Heimat gab es große Probleme, denn neben Dauerregen, Spätfrösten und Hagel kam es in den Reben zu neuen Krankheiten und unbekannten Schädlingen.

Die Winzer wussten sich nicht mehr zu helfen, probierten neue Rebsorten aus und experimentierten mit Spritzmitteln aus Schwefel und Kupfer. Ganz übel wütete auch in den Kappler Reben der aus Amerika eingeschleppte Pils Peronospora. Die Winzer waren gegen diese Blattfallkrankheit völlig machtlos.

Dann machte sich auch noch die Reblaus breit. Der Weinbau erlebte einen verheerenden Schaden. Doch die Winzer kämpften um ihre Existenz. Es gelang, heimische Reben auf amerikanische Unterlagen zu pfropfen und den Weinbau in der „Alten Welt“ bis heute zu sichern.

Zur Serie

Ihre Mauern können spannende Geschichten erzählen – von Glück, Streit, Armut, Kriegsleid, Tod und Aufbruch. In der Region gibt es zahlreiche Häuser, die mehrere hundert Jahre alt sind. Der ABB blickt hinter die historischen Fassaden und stellt die Bewohner vor, die viel erlebt und Beeindruckendes geleistet haben – oder auch mit so mancher Kuriosität aufgefallen sind.

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