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Corona verändert die Arbeit im Epilepsiezentrum

Die fehlende Nähe macht den Bewohnern der Diakonie Kork in Kehl zu schaffen

In einer Außenwohngruppe sind wieder mehrere Menschen infiziert: Seit einem Jahr bestimmt das Coronavirus die Arbeit des Epilepsiezentrums in Kehl-Kork. Mehrere tausend Menschen mussten sich auf die Pandemie einstellen.

Luftbild
Auf Wachstumskurs: Das Epilepsiezentrum in Kork wird in den kommenden Jahren einen zweistelligen Millionenbetrag investieren. Foto: Rolf Hoffmann/Diakonie Kork

Mehr als 1.600 Menschen arbeiten in der Diakonie Kork, 450 wohnen in ihren Einrichtungen, die Epilepsieklinik hat jedes Jahr 7.000 Patienten. Sie alle hätten sich in den vergangenen Monaten etwas anderes gewünscht, als sich mit dem Coronavirus abzugeben.

Zwei Mal hat es das Virus in die Korker Einrichtungen geschafft, einmal im Frühjahr 2020 mit 50 infizierten Bewohnern und Mitarbeitern, einmal erst vor wenigen Tagen, als in einer Außenwohngruppe in Kehl etwa ein Dutzend Menschen erkrankte. Drei Betroffene sind gestorben.

Alle kommen an ihre Grenzen

Das sind die nackten Zahlen, die menschliche Seite ist nochmals eine ganz andere. Es sei, so sagt der Heilerziehungspfleger Dennis Arnold, sehr schwierig, zu kommunizieren, wenn man eine Maske trägt. „Die Bewohner achten auf die Mimik, und das ist natürlich schwierig, wenn sie nur die Augenpartie sehen“, so Arnold, der eine Wohngruppe im Kehler Stadtteil Goldscheuer leitet.

Es geht, berichtet er, aber es geht nicht gut: „Mittlerweile hatten wir immer wieder Phasen, wo es mit bestimmten Bewohnern schwierig wurde, wo die Verhaltensweisen sich verändert haben“. Und es reicht jetzt, sagt Arnold auch im Blick auf das Personal des Epilepsiezentrums, das die führende Einrichtung dieser Art im Südwesten ist: „Das Team hält gut zusammen, aber man merkt nach einem Jahr, dass jetzt alle an ihre Grenzen kommen“.

Land und Kreis schieben sich die Verantwortung gegenseitig zu.
Frank Stefan, Vorstandsvorsitzender Diakonie

Es ist nicht leicht, vielen Bewohnern und Besuchern des Epilepsiezentrums zu vermitteln, warum eine Maske und Abstand unverzichtbar sind, sagt Frank Stefan, Vorstandsvorsitzender der Einrichtung. „Wir haben hier viele Menschen, die gar nicht begreifen, warum man sie auf Abstand hält und nicht in den Arm nimmt, um die Nähe zu bieten, die wir sonst hier haben.“ Das schränke die Arbeit massiv ein, auch in den Bereichen, wo keine Infektionen zu beklagen sind. Und: Die Corona-Impfungen kommen nicht so recht voran.

Wohnverbund Diakonie
Nähe verboten: die Arbeit in den Wohnverbünden der Diakonie Kork (hier ein Archivbild) ist wegen der Corona-Pandemie stark eingeschränkt. Masken sind verpflichtend. Foto: Patrick Werner

Die Einrichtung in Kork stehe noch immer auf der Warteliste, immerhin sei jetzt klar, dass es die ersten Immunisierungen bei den Bewohnern noch vor Ostern geben werde. Zufrieden ist der Vorstandschef mit dieser Situation nicht. Es gebe eine gewisse „Unzeitigkeit“, wenn man sehe, dass im Impfzentrum in Offenburg inzwischen Menschen aus der dritten Prioritätsstufe geimpft würden, aber die Bewohner des Epilepsiezentrums noch immer nicht an der Reihe seien. Lediglich die Mitarbeiter hätten teilweise ihre Spritze schon erhalten.

Streit ums Geld geht weiter

Auf der anderen Seite geht es bei der Arbeit der Diakonie, die im Grunde ein Großunternehmen ist, immer wieder um das Thema Geld. Das hat sich durch Corona verschärft. Schon im vergangenen Jahr hatten sich die Einrichtung und der Kreis einen öffentlichen Schlagabtausch um die Finanzen geliefert, für das laufende Jahr zeichnet sich keine Entspannung ab. Der Vorstandschef beklagte hohe Kosten für die Schutzausrüstungen, deren Erstattung noch immer nicht eindeutig geregelt sei: „Das Land und der Kreis schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu“, sagt Stefan.

Porträt
Frank Stefan, Vorstandsvorsitzender Diakonie Kork Foto: Patrick Werner

Die Pandemie hat das Epilepsiezentrum in vielen Bereichen betroffen. Auch die Werkstätten zum Beispiel, die ihre Arbeit kürzlich umstellen mussten. Denn man sei bislang zum Beispiel intensiv in der Seifenproduktion für Hotelzimmer aktiv gewesen, ein Produkt allerdings, das gerade nicht nachgefragt wird. Deshalb habe man dieses Arbeitsfeld abgegeben.

Spröde Haltung der Landratsämter

Solche Entscheidungen, aber auch die in der Produktion notwendigen Abstände und Sicherheitsmaßnahmen, hätten deutliche finanzielle Konsequenzen. „Wir hoffen, dass der Aufwand anerkannt wird“, sagt Stefan, sicher sei es nicht.

Man befinde sich derzeit in intensiven Verhandlungen mit den Landratsämtern, deren „spröde Haltung“ Stefan beklagte. Und das Thema wird nicht vorbeigehen. Im Epilepsiezentrum rechnet man nicht mehr damit, dass sich das Problem Corona in naher Zukunft von selbst erledigt: „Wir werden dauerhaft einen erhöhten Aufwand haben.“

Das gilt auch bei Kleinigkeiten wie den Gruppenangeboten, die man nicht mehr wie gewohnt anbieten könne, oder in den Wohngruppen, bei denen einst Selbstverständliches ebenfalls weggefallen ist: „Früher“, so sagt Dennis Arnold, „sind einfach mal die Nachbarn vorbeigekommen. Das ist heute nicht mehr möglich“.

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