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Jana Schwab

Ortenauer Kreisrätin fordert Gratis-Tampons und Binden

Jana Schwab (Linke Liste) setzt sich für kostenlose Menstruationsprodukte in öffentlichen Einrichtungen im Ortenaukreis ein.

Sollen Tampons oder Binden in Karlsruhe kostenlos zur Verfügung gestellt werden? Das fordert die Linken-Fraktion in einem Antrag.
Sollen Tampons oder Binden in Karlsruhe kostenlos zur Verfügung gestellt werden? Das fordert die Linken-Fraktion in einem Antrag. Foto: Matka/Shotshop/Imago Images

Sie ist immer noch ein Tabu, obwohl die Hälfte der Menschheit regelmäßig mit ihr zu tun hat: die Monatsblutung. Sie ist aber nicht nur mit Scham besetzt, sondern auch noch teuer. Immer mehr Initiativen, nicht nur in Deutschland, setzen sich dafür ein, auf Toiletten oder in öffentlichen Gebäuden Gratis-Binden und Tampons bereitzustellen.

In Karlsruhe etwa soll demnächst ein Pilotprojekt starten. Mit der Frage nach dem geschätzten Aufwand für die kreiseigenen Einrichtungen hat Linken-Kreisrätin Jana Schwab kürzlich das Thema für die Ortenau angestoßen.

Fast jede Frau hat das schon mal erlebt: Die Monatsblutung beginnt, und man hat weder eine Binde, noch einen Tampon in der Tasche. Viele sozial schwache oder obdachlose Frauen haben zudem das Problem, dass sie sich die notwendigen Hygieneprodukte oft nicht ausreichend leisten können. „Jede fünfte Frau in Deutschland leidet an Periodenarmut“, schreibt Kreisrätin Jana Schwab in ihrer Anfrage an Landrat Frank Scherer. Die herrschende Ungerechtigkeit sei für viele ein Thema.

Etliche tausend Euro für Binden und Tampons

Wer menstruiert, hat mehr finanziellen Aufwand: Verschiedene Berechnungen und Studien gehen davon aus, dass Frauen während den insgesamt rund 2.280 Tagen ihrer Periode im Laufe eines Lebens etliche tausend Euro für Binden und Tampons ausgeben müssen. Besonders schwierig wird die Situation für sozial Schwache oder Obdachlose - und das weltweit.

Schottland hat deshalb als erstes Land vergangenen November per Gesetz verfügt, dass Menstruationsprodukte auf öffentlichen Toiletten gratis zur Verfügung stehen, auch in Bibliotheken, Universitäten oder Schulen. In einigen deutschen Unis wie Passau oder Regensburg hängen ebenfalls entsprechende Spender. Die Stadt Karlsruhe will in einem ihrer Ämter und in einer Schule ein ähnliches Pilotprojekt für ein Jahr starten.

In der Ortenau wäre das auch eine gute Sache, findet Jana Schwab. Doch der Kreisrätin geht es nach eigener Aussage um mehr, als nur eine finanzielle Erleichterung für Frauen mit geringem Einkommen zu erreichen. „Wir würden damit auch ein starkes Zeichen setzen, um das Menstruationstabu anzugehen. Denn vor allem junge Frauen schämen sich, offen über das Thema zu sprechen“, sagt sie.

Es müsse mehr Aufklärung betrieben werden, damit es etwas ganz Normales wird. Den möglichen Einwand, dass das Bereitstellen der Produkte zum Klauen reizt, will Schwab deshalb nicht gelten lassen: „Toilettenpapier wird ja auch nicht massenweise mitgenommen. Da kann man ruhig mal vertrauen“, sagt sie.

Offen über Periode sprechen

Dass viele Mädchen und junge Frauen sich wünschen, die Periode aus der Tabuecke herauszuholen, stellt auch Anke Endreß, Sozialpädagogin beim Caritasverband Acher-Renchtal fest. „Binden und Tampons in öffentlichen Einrichtungen sichtbar zu machen und kostenlos anzubieten, würde nicht nur finanziell vielen helfen, sondern auch zu einem normaleren Umgang mit dem Thema führen“, ist sie überzeugt.

„Erdbeerwoche“ oder „Besuch von Tante Rosa“: Begriffe wie diese kursieren hinter vorgehaltener Hand. Offen über die Periode zu sprechen, falle gerade jungen Mädchen schwer.

Die Tabugeschichte der Menstruation ist uralt: Die Ursache wurzelt in religiösen Unreinheitsgedanken und verzerrten Annahmen. Bis in die 1960er Jahre galt es zum Beispiel als wissenschaftlich erwiesen, dass Menstruierende über ihren Schweiß einen Giftstoff ausscheiden. Seither hat sich aber einiges getan. „Es gibt eine Gegenbewegung, die vor allem in den vergangenen Jahren stärker wird“, sagt Anke Endreß.

Melina Rodriguez fände es gut, wenn es kostenlose Hygieneprodukte geben würde. „Das wäre ein Zeichen für mehr Normalität“, sagt die Schülerin an der Offenburger Gewerbeschule. Das sieht Corinna Sawall vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AstA) der Hochschule Offenburg ähnlich: „Es ist anstrengend genug, wenn man seine Periode hat, deshalb würde es viel Stress ersparen, wenn man weiß, dass man überall auf der Toilette Tampons und Binden findet“, sagt sie.

Unterschiedliche Reaktionen der Fraktionen

Die Kreistagsfraktionen reagieren auf Nachfrage unterschiedlich. „Es ist ein wichtiges Thema, mit dem wir uns beschäftigen wollen. Wir werden in Kürze dazu beraten“, sagt zum Beispiel Kai-Achim Klare (SPD). Das hat auch die FDP-Fraktion vor. „Ich kann mir vorstellen, dass wir in den Kreisschulen einen entsprechenden Spender als Modellprojekt aufhängen“, meint Fraktionssprecher Carsten Erhardt.

CDU-Fraktionschef Wolfgang Brucker sieht hingegen im Moment keinen Handlungsbedarf: „Hygieneprodukte sind vom normalen Regelsatz abgedeckt. Periodenprodukte in öffentlichen Gebäuden oder Schulen auszulegen, ist aus Pandemie-Hygiene-Gründen außerdem schwierig“, sagt er.

Das Landratsamt nahm keine Position zu dem Thema ein, sondern ging lediglich auf die Kosten ein. Die hängen laut Landrat Frank Scherer von vielen Faktoren ab, wie beispielsweise die Art der Aufbewahrung und Abgabe der Hygieneartikel (Spenderboxen oder Automaten), die Anzahl der Behältnisse in den jeweiligen Einrichtungen sowie die Anzahl der vorzuhaltenden Hygieneprodukte pro Jahr (Tampons und Binden). Aufgrund der vielen unbekannten Variablen können die Angaben nur in Form von groben Schätzwerten gemacht werden.

Die Anschaffungskosten betragen bei Verwendung von Spenderboxen circa. 200 Euro pro Box, bei Automaten ist von circa 400 Euro pro Automat auszugehen. Für den Jahresbedarf an Hygieneartikeln müsste mit Kosten im vierstelligen Bereich gerechnet werden, dies ist mit einem großen Vorbehalt bezüglich der genauen Größenordnung zu versehen.

Hinzu kämen die Kosten für die Reinigung und Befüllung der Spenderboxen beziehungsweise Automaten, die Stadt Karlsruhe geht hier von einem Betrag von drei Euro pro Tag und Toilette aus. In Trägerschaft des Kreises befinden sich 39 Schulstandorte und Verwaltungsdienststellen.

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