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Schwierige Integration

Oft hapert’s bei Ukrainern in der Ortenau an gutem Deutsch

Geflüchtete Menschen aus der Ukraine in den Arbeitsmarkt zu integrieren, scheitert oftmals an mangelnden Sprachkenntnissen. Diese nüchterne Bilanz zieht die Kreisverwaltung.

Die Zahl der Beschäftigten aus der Ukraine wird wohl in den nächsten Wochen und Monaten deutlich steigen.
1.115 Bedarfsgemeinschaften sind im Ortenaukreis aktuell ukrainisch.  Foto: Christoph Soeder/dpa

Exakt 12.156 erwerbsfähige Leistungsberechtigte, wie es im Amtsdeutsch heißt, waren zum Jahresende bei der Kommunalen Arbeitsförderung (KOA) beim Landratsamt registriert. Davon stammten alleine 1.933 aus nichteuropäischen Flüchtlingsländern und noch mehr, nämlich 2.299, aus der Ukraine.

Überwiegend weibliche Ukraine-Flüchtlinge

Der überwiegende Teil dieser Menschen, die seit dem Ausbruch des Krieges dort in den Ortenaukreis geflüchtet sind, sind zwischen 25 und 55 Jahre alt sowie weiblich. Noch genauer: Es handelt sich in dieser Altersgruppe um 475 Männer und 1.072 Frauen. 519 Personen sind jünger als 25 und 233 älter als 55. Die Behörde setze alles daran, so Sozialdezernent Heiko Faller und Amtsleiterin Silvia Kimpel am Dienstag, die Menschen in Lohn und Brot zu bringen – ein offenbar schwieriges Unterfangen. 

Sehr viele Ukraine-Flüchtlinge können gar kein Deutsch

 „Es sind vor allem die Sprachbarrieren, die einer Integration der Menschen aus der Ukraine in den Arbeitsmarkt entgegenstehen“, so Faller. Kimpel ergänzt: 1.400 der hierher geflüchteten Menschen besäßen häufig nicht mal das deutsche Sprachniveau der Stufe A1 („Anfänger“). Zum Verständnis: Gemeinhin spricht man von sechs Sprachstufen – bis hoch zu C2, was annähernd muttersprachlichen Kenntnissen entspricht. Überdies, so Kimpel, beherrschen nicht besonders viele Geflüchtete die englische Sprache, einige seien sogar Analphabeten. 

Zwar stehen laut Faller mehrere Sprachkurs-Träger im Ortenaukreis zur Verfügung, etwa das Institut für deutsche Sprache in Offenburg (ids) oder die Volkshochschulen: „Insgesamt aber sind es zu wenig Sprachkurse, um den Bedarf zu decken.“ Das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe indes bei der Zulassung von Trägern hohe Hürden vorgeschaltet. Zudem fehle es mitunter an qualifizierten Lehrkräften. Die Sprachkurse würden vom Bund bezahlt. 

Arbeitgeber sollen Sprachkurse anbieten

Faller und Kimpel appellieren an regionale Arbeitgeber, die auf der Suche nach Mitarbeitern sind, spontan auch Arbeitskräfte einzustellen, die parallel sprachlich qualifiziert werden müssen. Doch mit dieser Vorgehensweise wäre allen am besten gedient, zudem lasse sich Sprachkompetenz gerade im Austausch mit deutschen Arbeitskolleginnen und -kollegen am besten entwickeln. Es sei außerdem gut, dass manche Arbeitgeber von sich aus kleinere Sprachkurse anbieten. 

Fehlende Kinderbetreungsplätze erschweren Integration

Was bisweilen ebenfalls, zumal bei Müttern, eine Integration in den Arbeitsmarkt erschwert: fehlende Plätze für die Kinderbetreuung. „Unser Wunsch nach einer schnellen Integration wird aus all diesen Gründen im Moment leider nicht erfüllt“, so Kimpel. Sie vollziehe sich leider nur tröpfchenweise, so dass man aktuell sagen müsse: „Nur wenige Ukrainer sind bereits auf dem Arbeitsmarkt angekommen.“ Im Rahmen des sogenannten „Job-Turbo“ unterstützt die KOA noch bis zum 2. Februar ganz gezielt eine Initiative zur Arbeitsmarkt-Integration von ukrainischen Geflüchteten. Zahlreiche Arbeitgeber seien angeschrieben worden, nicht nur in der Gastronomie und Pflege, sondern auch im produzierenden Gewerbe mangele es bekanntlich an Personal. 

2005 war die große Hartz-IV-Sozialreform in Kraft getreten, mit Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe. Zugleich wurde im Ortenaukreis die KOA gegründet. Mit der Einführung des Bürgergelds 2023 ging eine Neuausrichtung einher: Qualifizierung und Jobvermittlung stehen laut Faller jetzt ganz stark im Fokus der Anstrengungen – nicht immer einfach, zumal die Vermittlungshemmnisse oft sehr massiv seien. Wer partout nicht bereit sei, einen Job anzutreten, obwohl er dazu in der Lage wäre, müsse mit Sanktionen rechnen. 

1.115 ukrainische Bedarfsgemeinschaften

Zum Jahresende waren bei der KOA 8.796 Bedarfsgemeinschaften – Einzelpersonen oder Familien – registriert, einer der höchsten Werte der vergangenen 18 Jahre. Bis Mai 2022 gab es einen bis dahin beständigen Abwärtstrend. Doch mit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine stieg die Zahl innerhalb eines Monats jäh von 7.014 auf mehr als 8.200. Um seither noch weiter zu steigen. 1.115 Bedarfsgemeinschaften sind aktuell ukrainisch. 

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