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Aus Altem entsteht Neues

Metallkünstlerin Marianne Schwab aus Rheinau-Linx: Andere kaufen Schuhe, ich kaufe Schrott

Eine Garage dient Metallkünstlerin Marianne Schwab in Rheinau-Linx als Werkstatt und Atelier. Hier entsteht aus Altem etwas Neues. Die Werkstatt ist für sie Kraftort, der ihr Leben in Balance hält.

Metallkünstlerin Marianne Schwab steht in ihrer Werkstatt.
Die Werkstatt ist für Metallkünstlerin Marianne Schwab ein besonderer Ort. Hier haucht sie alten Dingen ein zweites Leben ein. Foto: Karen Christeleit

„Das ist kein Chaos, das sind Ideen“, lacht Marianne Schwab aus Rheinau-Linx (Ortenaukreis). Sie lädt ein, ihre Werkstatt, die zugleich Atelier und Ausstellung ist, zu erkunden. Eine Garage bei ihrem Wohnhaus, gefüllt mit allerlei Schrott im wahrsten Sinne des Wortes.

Alte landwirtschaftliche Geräte, stumpf gewordene Sägeblätter oder rostige Ketten von der väterlichen Landwirtschaft. Aber auch Schrott von den Schrottplätzen der Region, scheinbare unnütze Zahnräder, alte Türbänder und Stanz-Ringe, Schwemmhölzer, Steine, Schüsseln voller Muscheln. Darunter sind auch Vasen mit getrockneten Blumen.

In Regalen stehen altes Geschirr sowie bunte Flaschen, gefüllt mit allerlei Krimskrams wie Schrauben, Nägeln oder Glasnuggets. Alles, was irgendwie kurios oder interessant wirkt, hortet Schwab bis zu dessen wundersamer Verwandlung in ihrem kleinen Reich.

Hier hauche ich alten Dingen ein zweites Leben ein.
Marianne Schwab
Metallkünstlerin

Und mittendrin ein altes knuffiges Sofa von Schwabs Uropa - ein Ort, um kreativem Denken Raum zu lassen oder einfach zum Relaxen. „Die Werkstatt ist mein Kraftort und hält mein Leben in Balance“, erklärt Schwab. „Hier hauche ich alten Dingen ein zweites Leben ein.“

Vor über 30 Jahren fing die studierte Betriebswirtin an, Dekorationen und Sinnvolles, was es so nicht von der Stange gibt, für ihre eigene Wohnung zu kreieren.

„In der Scheune meiner Eltern fand ich abgenutzte Maschinenteile und alte Messerbalken“, erinnert sie sich. „Deren Spitzen nutze ich als Schnabel, dem ich Augen aufsetzte, und schon hatte ich wunderschöne Vogelköpfe.“

Nach einem Schweißkurs ging es los

Sie belegte einen Schweißkurs, den Rest hat sie sich autodidaktisch beigebracht. Dann entwickelte sich das Hobby der zweifachen Mutter einfach weiter, erst lebte sie mit und in ihrer Kunst, dann stellte sie ihre Kunstwerke aus.

Wie 2003 in der Galerie Auerhof in Gengenbach und im Zuckerbergschloss in Kappelrodeck oder 2008 in der Sankt Thomas Kirche in Straßburg anlässlich 500 Jahre Calvin. Ab und an ist sie auf Kunsthandwerkermärkten zu finden, um  Käufer oder deren Beschenkte mit ihren Kunstwerken zu erfreuen.

Sie kann Stunden auf einem Schrottplatz verbringen

„Andere kaufen Schuhe, ich Schrott“, erklärt sie. „Ich kann Stunden auf einem Schrottplatz verbringen, ohne etwas Bestimmtes zu suchen, und gerade deshalb finde ich immer etwas.“ Manchmal springt der Funke sofort über, und sie sieht schon das fertige Kunstwerk vor sich.

Irgendwann findet sich schon die richtige Kombi.
Marianne Schwab
Metallkünstlerin

Ein anderes Mal wird sie vom Schrottteil selbst magisch angezogen, dass es einfach mitmuss. „Irgendwann findet sich schon die richtige Kombi, manchmal geht das auch über mehrere schöpferischen Etappen“, erklärt sie. „Dann wird das Metallstück abgeschliffen und zu einem neuen Leben zusammengeschweißt.“

Künstlerin haucht scheinbar Nutzlosem neues Leben ein

Ganz zum Schluss wird das fertige Kunstwerk dann mit einer Lotion eingerieben, damit es sich fast samtig anfühlt, oder es darf draußen gerne vor sich hin rosten. Und schon hat sie wieder etwas scheinbar Nutzlosem neues Leben eingehaucht.

Am allerliebsten vollzieht Schwab diese Wandlung für sich alleine in ihrer Werkstatt. Erfreut sich eine Weile am fertigen Kunstwerk und bietet es erst später zum Verkauf an.

Doch sie nimmt auch Auftragsarbeiten an. So hat sie 2010 die Spendentafel für den Palliativ-Bereich im Kehler Krankenhaus gestaltet. Dazu hat sie einem Treibholz, das rheinabwärts vom Wasser geformt und dann bei Honau ans Land geschwemmt wurde, mit kleinen Spiegelchen und sich darin reflektierenden Sprüchen neues Leben eingehaucht.

Auch sakrale Kunst ist aus Schrott möglich

Selbst sakrale Kunst ist mit Schrott möglich. Schwab hat für die evangelische Kirche in Linx ein Kreuz aus alten Türbändern zusammengefügt.

Und 2019 hat sie den Auftrag für das Kunstwerk am Grenzpunkt für die Jumelage von Rheinau und Gambsheim bekommen. „Da habe ich zwei breite Ringe ineinander geschweißt und auf einem Sockel, der den Rhein als Bindeglied der beiden Gemeinden dargestellt, befestigt.“

Allerdings hat sie auch schon Aufträge abgelehnt. „Weil mir nichts dazu eingefallen ist, oder weil mir das gewünschte Objekt nicht liegt.“ Dann empfiehlt sie immer gerne Künstlerkollegen in der Region. Außerdem ist ihr durchaus bewusst: „Meine Kunstwerke sind nicht jedermanns Sache, da gibt es wohl nur schwarz oder weiß.“

Vorliebe für ausgediente Zahnräder

Ihre neueste Idee ist, ausgediente und kaputte Zahnräder in oder an einen Rahmen zu schweißen, ganz nach dem Motto „Miteinander - Menschen sind so unterschiedlich wie die verschiedenen Zahnräder und doch harmoniert alles miteinander.“

Klein hilft Groß zum Komplettwerden.
Marianne Schwab
Metallkünstlerin

„Man kann das auch auf die Familie oder ein Unternehmen übertragen“, sinniert Schwab. „Dann wird daraus eben ‘Klein hilft Groß zum Komplett werden’. Nur wenn alle zusammen arbeiten entsteht ein Ganzes.“

Die nächste Ausstellung ist am Wochenende 14./15. Oktober in der EcRhin-Halle in Gambsheim

Zur Serie

Was ist Kunst? Und braucht man das? Der Acher- und Bühler Bote veröffentlicht in seiner Sommerserie in diesem Jahr Porträts von Künstlerinnen und Künstlern aus der Region. Sie sollen zeigen, welche Bandbreite künstlerisches Schaffen umfassen kann, von erfolgreichen Schülerinnen und Schülern bei regionalen Wettbewerben bis hin zu Künstlern, die von ihrer Arbeit leben können. Und wir fragen, was sich die Kreativen wünschen, wo sie Probleme sehen und wo sie sich gut gefördert fühlen.

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