Skip to main content

Hauptversammlung in Sasbachwalden

Badische Schnapsbrenner bangen um Existenz

Die badischen Kleinbrenner sind stehen vor zahlreichen Problemen. Das wird bei ihrer Hauptversammlung ist Sasbachwalden deutlich. Um diesen Problemen zu begegnen, stellen sie mehrere Forderungen.

Von den 23.000 Brennrechten werden nur 11.500 wahrgenommen. Viele Brenner müssen aktuell mehr investieren, als sie am Ende herausbekommen.
Von den 23.000 Brennrechten werden nur 11.500 wahrgenommen. Viele Brenner müssen aktuell mehr investieren, als sie am Ende herausbekommen. Foto: Roland Spether

Was wird aus den Brennern? Wie viele werden noch aufhören? Wer wird die Kulturlandschaft mit Obstbäumen bewirtschaften, pflegen und erhalten? Diese und viele weitere kritische und sorgenvolle Fragen wurden bei der Jahresversammlung des Verbandes Badens Brenner im Kurhaus „Zum Alde Gott“ thematisiert. Immer wieder kam zur Sprache, dass es bei vielen Betrieben um die Existenz geht.

Dies brachte Bernhard Ritter auf den Punkt, der von einem 400 Jahre alten Bauernhof in Furtwangen anreiste. „Es geht um die Fortsetzung von Höfen, Obstkulturen und Dörfern und den Erhalt der Landschaft“, sagte Ritter, der die Erhöhung des Kontingentes von 300 auf 500 oder 700 Litern aus betriebswirtschaftlichen Gründen forderte.

Dies befürworteten nach der musikalischen Begrüßung durch die kleine Besetzung der Kur- und Trachtenkapelle alle Redner.

Pläne der Politik bereiten Sorgen

Große Sorgen bereite auch die aktuelle Alkoholdebatte oder Pläne für Mehrwegflaschen, Zutatenverzeichnis auf Etiketten sowie die gestiegenen Kosten bis hin zur geplanten weiteren Anhebung des Mindestlohns.

„Wir brennen für unsere Heimat“, lautet das Motto des Verbandes der Kleinbrenner. Doch aus deren Sicht „brennt“ es aktuell an vielen Stellen. „Wir werden darum kämpfen, dass wir die Erhöhung des Kontingentes schaffen“, sagte Präsident Ulrich Müller. Es gehe darum, die regionalen Produkte der Brenner gut zu vermarkten und die Grundlage zu schaffen, dass weiterhin Obst veredelt und die Landschaft erhalten werde.

Dazu soll die Einrichtung einer Badischen Brennerstraße dienen, die 2023 realisiert werden soll. Geplant sei auch, das Brennen als immaterielles Kulturerbe eintragen zu lassen.

Wir Brenner stehen mit dem Rücken gegen die Wand.
Gerald Erdrich, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Kleinbrenner

„Wir Brenner stehen mit dem Rücken gegen die Wand“, sagte Gerald Erdrich, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Kleinbrenner. Er habe in über 40 Jahren beruflicher Tätigkeit so eine Situation wie aktuell noch nicht erlebt. Diese benannte er klar und deutlich: „Angst um die Existenz“.

Von den 23.000 Brennrechten würden nur 11.500 wahrgenommen, was der bislang niedrigste Stand sei. Es herrsche ein „eklatantes Missverhältnis“, denn Brenner müssten mehr investieren, als sie herausbekommen. „Das merkt sogar der Dümmste, dass das nicht funktioniert. Deshalb werden wir immer weniger.“

Weniger Brenner bedeuten auch weniger Obstbäume in der Kulturlandschaft Ortenau, die sich bei einem weiteren Rückgang in den nächsten Jahren deutlich verändern wird – hier Bilder aus dem Achertal.
Weniger Brenner bedeuten auch weniger Obstbäume in der Kulturlandschaft Ortenau, die sich bei einem weiteren Rückgang in den nächsten Jahren deutlich verändern wird – hier Bilder aus dem Achertal. Foto: Roland Spether

Der „dramatische Rückgang“ wird sich nach Meinung von Erdrich fortsetzen. Aktuell ergebe es fast keinen Sinn, Obst zu destillieren, wenn dann auch noch hohe Kosten für Öl oder Gas dazukommen. Doch von den jährlich 60.000 Tonnen verwerteten Obsts kämen etwa 50 Prozent aus Streuobst.

Großteil des Obsts kommt von Streuobstwiesen

Denke man sich diese Zahl weg, dann gebe es 50 Prozent weniger Streuobstbäume vor allem in Süddeutschland. „Ein aktiver Baum trägt doch zum Klimaschutz bei und nicht ein toter, verfaulter Baum auf dem Boden.“

Wenn die Entwicklung so weitergehe, dann gebe es eine Million toter Streuobstbäume, die Käfern und Insekten dienten. Ob die Bäume stehen bleiben, hänge davon ab, ob der Brenner eine gerechte Bezahlung bekomme und weiterarbeiten könne.

Die Alkoholdebatte bezeichnete Grit Puchan vom Ministerium für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz als „irritierend und völlig fehl am Platz“. Denn es gehe bei allem, was Menschen zu sich nehmen, um „Maß und Mitte“. Das gelte auch für Alkohol.

Deshalb könne man nicht sagen, der Alkohol müsse weg. Doch in Schreiben der Bundesministerien gebe es schon solche Ausführungen, deshalb „müssen wir kräftig dagegenhalten“.

Die Brennerei ist ein einzigartiges Stück Kulturgeschichte und kulinarisches Erbe.
Grit Puchan, Ministerium für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Denn: „Die Brennerei hat eine lange Tradition. Sie ist ein einzigartiges Stück Kulturgeschichte und kulinarisches Erbe“, so Puchan. „Ja, wir stehen hinter unseren Brennern. Und das Land nimmt dafür auch Geld in die Hand, denn auch das Ministerium brennt für unsere Heimat.“

In Grußworten von Alois Gerig, Vorsitzender des Bundesverbandes der Klein- und Obstbrenner, und Werner Albrecht vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wurden weitere Details zur schwierigen Situation der Brenner vor dem Hintergrund von Bürokratie, Steuern, Zoll, Strukturwandel dargelegt und festgestellt, dass die Brenner mit den Streuobstwiesen einen wesentlichen Beitrag für Nachhaltigkeit, Artenschutz und Naturschutz leisten.

nach oben Zurück zum Seitenanfang