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Prozess um fahrlässige Tötung

Baby stirbt bei der Geburt – Hebamme steht in Rastatt vor Gericht

Hat die Hebamme die Lage falsch eingeschätzt - oder war die Mutter uneinsichtig? Diese Frage muss das Amtsgericht klären. Dort geht es um den Fall eines Säuglings, der während der Geburt starb. Der erste Prozesstag war hochemotional.

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Viele offene Fragen: Der Hebamme wird vor dem Rastatter Amtsgericht vorgeworfen, trotz einer riskanten Beckenendlage die Verlegung einer Schwangeren in ein Krankenhaus zu spät veranlasst zu haben. Foto: David Ebener/dpa

Das Amtsgericht Rastatt hat am Donnerstag die Hauptverhandlung gegen eine Hebamme wegen fahrlässiger Tötung unterbrochen. Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau vor, den Tod eines Säuglings verschuldet zu haben, weil sie trotz einer riskanten Beckenendlage die Verlegung einer Schwangeren in ein Krankenhaus zu spät veranlasst haben soll.

Die Aussage der Mutter des totgeborenen Kindes war hochemotional. Unter Tränen und mit stockender Stimme berichtete sie über den Abend des 17. Mai 2018. An dem Tag sei sie mit ihrem Mann gerade bei der Post gewesen, als sie erste Anzeichen der bevorstehenden Geburt gespürt und Kontakt mit der Hebamme aufgenommen habe. Später begab sie sich zu ihr in deren Geburtshaus.

Richter Christoph Schaust zitierte in der Befragung mehrmals aus der Dokumentation der Hebamme, nach der diese die Schwangere bis Mitternacht dreimal darauf hingewiesen habe, dass eine Verlegung in ein Krankenhaus notwendig sei. Sie habe dabei die Lage des Kindes betont, das sich noch immer nicht gedreht habe.

Die Schwangere habe dies abgelehnt, unter anderem deshalb, weil sie bei einer vorangegangenen Geburt dort schlechte Erfahrungen gemacht habe und „weil mein Mann und ich die Zeit nach der Geburt mehr genießen wollten“ als bei den Geburten ihrer drei älteren Kinder.

Zu spät ins Krankenhaus nach Karlsruhe

Es wurde auch angemerkt, dass im Vertrag mit der Hebamme stand, eine Geburt im Geburtshaus sei erst ab der 38. Schwangerschaftswoche möglich. Die Frau war damals in der 36. Woche. Erst nach Mitternacht, am frühen Morgen des 18. Mai 2018, erfolgte schließlich ihr Verlegung in das Karlsruher Diakonissenkrankenhaus. Als dort das Pflegepersonal hektisch wurde, sei ihr klar geworden, dass die Lage ernst sei, so die Frau.

Nach der Geburt des toten Kindes habe sie sich zunächst noch selbst die Schuld gegeben, während die Hebamme offenbar erklärte: „Ich habe dir doch gesagt, wir hätten früher fahren sollen.“

Die von den Krankenhausärzten angebotene Obduktion des toten Säuglings lehnte die Mutter ab. Der Verteidiger der Hebamme fragte sie auch, warum sie die zusätzliche Betreuung durch einen Gynäkologen bereits Wochen zuvor abgebrochen hatte. „Ich war unzufrieden dort und habe mich bei der Hebamme sehr wohlgefühlt“, antwortete diese.

Mutter stürmt aus dem Gerichtssaal

So nahm sie nach der Geburt noch mehrere Nachsorgetermine bei der Hebamme wahr. Zur Unterbrechung der Verhandlung führte daraufhin die Frage des Verteidigers, ob sie sich dabei einmal zufrieden über den Tod des Kindes geäußert hätte. Er bezog sich dabei auf ein vermeintliches Zitat der Frau in seinen Akten.

Die Gefragte stürmte offensichtlich schwer getroffen aus dem Gerichtssaal. Fragen warf an der Stelle die Tatsache auf, dass der von dem Rechtsanwalt zitierte Satz nur in dessen Akten stand und nicht in denen der weiteren Prozessbeteiligten wie Richter und Staatsanwaltschaft.

Untersuchung könnte für mehr Klarheit sorgen

Zur Unterbrechung der Hauptverhandlung führte schließlich, dass Richter Christoph Schaust auf dem Flur des Gerichtsgebäudes ins Gespräch mit einem Arzt aus Karlsruhe kam, der als Zeuge geladen war. Der teilte dem Richter mit, die Plazenta der Frau sei nach der Geburt untersucht worden und die Todesursache des Kindes damit möglicherweise zu klären. Dies war weder dem Gericht noch den anderen Verfahrensbeteiligten bekannt. Jetzt werden zunächst die Unterlagen aus dem Karlsruher Diakonissenkrankenhaus angefordert und gegebenenfalls ein Sachverständiger bestellt, der die Untersuchungsergebnisse darlegt.

Die Hauptverhandlung wird voraussichtlich in wenigen Wochen fortgesetzt.

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