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Neue Lernform

Bietigheimer Start-up Code-Kids: Wenn das Kind sein Spiel selbst entwickelt

Alles, was mit Computer zu tun hat, ist für Kinder spannend. Was viele Eltern nervt, münzt das Bietigheimer Start-up Code-Kids in spielerisches Lernen um und ist damit erfolgreich.

Großer Bedarf: Miriam Rahbar (rechts) und Nicolas Scherzinger (links) haben beim Ferienspaß mit Ötigheimer Kindern ein Videospiel programmiert. Foto: Alexandra Engelmann/Gemeinde Ötigheim
Großer Bedarf: Miriam Rahbar (rechts) und Nicolas Scherzinger (links) haben beim Ferienspaß mit Ötigheimer Kindern ein Videospiel programmiert. Foto: Alexandra Engelmann/Gemeinde Ötigheim Foto: Alexandra Engelmann/Gemeinde Ötigheim

Nicht jede Geschäftsidee lässt sich umsetzen, nicht jede Firmengründung verläuft erfolgreich. Doch die Bietigheimerinnen Miriam Rahbar und Jasmin Trost lagen mit ihrem Ende 2021 gegründeten Start-up Code-Kids offenbar goldrichtig: Die Nachfrage nach ihren Programmierkursen für Kinder ist so groß, dass sie bereits drei Werkstudenten eingestellt haben und an neuen Konzepten arbeiten. Vor allem Grundschulen haben großes Interesse.

„Meinen Job kündigen kann ich noch nicht, aber es hat sich sehr gut entwickelt“, blickt Personalentwicklerin Jasmin Trost auf ein arbeits- und erfolgreiches Jahr zurück. Dazu gehörte auch, dass die Familie mit dem gepackten Auto gewartet hat, bis sie von einem Ferienkurs zurückkam, um selbst in Urlaub zu fahren.

Angefangen mit Online-Kursen

Das Schicksal der Selbstständigen. Schließlich wollen die Gründerinnen jedem Auftrag gerecht werden. Die beiden Mütter kennen sich aus Engagements in Elternbeiräten und wussten daher, dass sie sich gut ergänzen.

Angefangen haben sie mit Online-Kursen via Skype. Doch die Nachfrage veränderte das Angebot: Neben Kursen im Rahmen der Kinderferienprogramme der Gemeinden in den Sommerferien und an der Hector Kinderakademie für Hochbegabte in Ettlingen zeigten und zeigen sich vor allem die Grundschulen der Region sehr interessiert.

Der Vorteil, den die beiden dabei sehen: „Dort erreichen wir Kinder aus allen Schichten, nicht nur die, deren Eltern sich den Onlinekurs leisten können und wollen.“

Tablets in Schulen umgenutzt

Die Kurskonzepte wurden entsprechend angepasst, erzählt Trost – für kleine oder größere Gruppen, von vier Stunden bis zum regelmäßigen Angebot. Wichtig ist ihnen dabei, dass es immer ein Ergebnis gibt, das die Kinder zu Hause zeigen können. Ein fertiges Videospiel beispielsweise.

Ihrer Firma komme zugute, dass Medienbildung an den Schulen laut Lehrplänen in den dritten und achten Klassen vorgesehen ist, die Lehrkräfte aber diesbezüglich oftmals Wissenslücken hätten.

Was Kinder gelernt haben, werden sie nie mehr vergessen
Jasmin Trost

Dank Geld aus dem Digitalisierungspakt der Bundesregierung gebe es zwar mittlerweile an den meisten Schulen Tablets. Doch den Kindern werde nicht vermittelt, „was sie damit alles machen können“, beobachtet Rahbar. Und: „Nach dem Homeschooling während der Pandemie bleiben die Tablets jetzt in vielen Schulen ungenutzt.“

Lernen, was ein Algorithmus ist, ein Operator und eine Schleife

Da blutet der Wirtschaftsinformatikerin und selbstständigen IT-Beraterin das Herz. Denn sie weiß: „Das ist wie mit Kindern, die zweisprachig aufwachsen: Was sie gelernt haben, werden sie nie mehr vergessen, sondern können immer weiter darauf aufbauen.“ Und weil Computer per se spannend und faszinierend seien für den Nachwuchs, müsse das Interesse nicht erst mühsam geweckt werden.

So kam ihr selber bei der erfolglosen Suche nach Programmierkursen für ihren damals neunjährigen Sohn auch die Idee zu den Kursen. Die basieren auf der vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) für Kinder und Jugendliche entwickelten Programmiersprache Scratch, die man kostenlos im Internet herunterladen kann.

„Die Kinder lernen das spielerisch und quasi intuitiv“, sagt Trost. Was ein Algorithmus ist, ein Operator, eine Schleife oder eine Plattform, das lernen sie gewissermaßen nebenbei, während sie Videospiele, eigene Videos oder Animationen mithilfe von farbigen Codeblöcken kreieren.

Ein niedrigschwelliges Angebot für Kinder und Jugendliche

Genau das war der Plan: Ein niedrigschwelliges Angebot für Kinder und Jugendliche zur Erlangung von digitaler Kompetenz. Damit wollen die beiden Gründerinnen auch Berührungsängste gegenüber der Informationstechnologie abbauen und zur Chancengleichheit beitragen.

Deshalb sind sie besonders stolz auf einen Kurs im vergangenen Jahr, in dem ausschließlich Mädchen mitgemacht haben. „Das hat uns sehr gefallen“, betont Rahbar, die aus eigenem Erleben weiß, dass Frauen in Informatikstudiengängen immer noch Exotinnen sind. „Dabei können sie das genauso gut“, weiß sie.

Und erzählt lachend, wie die Jungs in ihren Kursen anfangs oft die Wortführer sind, „weil sie sich ja so gut auskennen“, und dann immer leiser werden, wenn sie merken, dass die Mädchen das auch checken.

Kurs für ukrainische Flüchtlingskinder in Arbeit

Da sie es alleine nicht mehr stemmen konnten, haben sie 2022 bereits zwei Werkstudenten eingestellt, ein dritter beginnt zum 1. Februar. Großes Potenzial sehen sie weiterhin, denn bisher beschränkt sich ihr Wirkungskreis auf die Gemeinden rund um Bietigheim. Der hat sich rein durch Mund-zu-Mund-Propaganda erweitert. Nun hoffen sie, sich auch Richtung Karlsruhe entwickeln zu können.

Und was steht 2023 auf der Agenda? Angebote zur Weiterbildung von Lehrkräften oder Themenkurse beispielsweise zum Programmieren von Legofiguren oder -fahrzeugen.

Auch ein Kurs speziell für ukrainische Flüchtlingskinder wird auf Anfrage der Gemeinde Bietigheim gerade konzipiert. „Es gibt noch viele Ideen“, betont Rahbar. Allerdings soll Code-Kids „langsam wachsen, mit durchdachten Konzepten“, ergänzt Trost.

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