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Nostalgie-Reise

Kino-Wochenende füllt den Saal bei jeder Vorstellung

Die Rex-Lichtspiele in Durmersheim gibt es seit 1970 nicht mehr. Jetzt öffnet das Kino für eine zweitägige Renaissance und sorgt für gute Stimmung.

Jung und Alt kommen zur Vorstellung des Heimatfilms von 1962. Zu den vorgesehenen 120 Plätzen müssen weitere Stühle dazugestellt werden.
Jung und Alt kommen zur Vorstellung des Heimatfilms von 1962. Zu den vorgesehenen 120 Plätzen müssen weitere Stühle dazugestellt werden. Foto: Manuela Behrendt

Einst hat es in Durmersheim ein Kino gegeben. Ab 1929 war es der Mittelpunkt des Ortslebens. Bei einem Bombenangriff 1944 wurde der Bau zerstört, nach dem Krieg neu errichtet. Bis zur Schließung 1970 standen die Rex-Lichtspiele in voller Blüte. Als letzten Film zeigte man „Angélique und der Sultan“.

Rex-Lichtspiele feiert zweitägige Renaissance

Es folgte ein Nutzungsintermezzo als Discounter, danach die Renovierung und Umrüstung zum Vereinsheim „Altes Kino“, wo jetzt kulturelle Vereine proben. Am Wochenende, 27. bis 28. Januar, feierte das „Alte Kino“ eine zweitägige Renaissance als Lichtspieltheater. Aktuelle Streifen waren dank des Kinomobils Baden-Württemberg bei freiem Eintritt geboten.

Pumuckl bescherte am Samstag den Organisatoren ein Haus voller Kinder. Abends strömten 100 Gäste zu Barbie. Am Sonntag gab es ein Weißwurstfrühstück. Begleitend flimmerte der Durmersheimer Heimatfilm aus dem Jahr 1962 über die Leinwand.

Kino war Treffpunkt für ganzes Dorf

„Die Resonanz ist umwerfend“, freut sich Bürgermeister Klaus Eckert im Gespräch mit dieser Redaktion. Wie in den Tagen, als das Rex brummte. „Es gab keinen Fernseher, deshalb war das Kino der Treffpunkt für das ganze Dorf“, sagt Josef Tritsch.

Bis das Haus nach dem Krieg an bekannter Stelle betriebsfähig war, zeigte die Besitzerfamilie Filme im Gasthaus Adler. „Wir Kinder haben uns bei den ‚Fuzzy‘-Cowboyabenteuern köstlich amüsiert“, so Tritsch. Ulrike Ganz erinnert sich an die Schlussjahre des Durmersheimer Kinos: „Das Rex war immer gut besucht“.

Slapstick mit Louis de Funès um Gendarm Balduin und Verbrecher Fantomas war beliebt. „In einen 007-Bond mit Sean Connery habe ich mich als Zwölfjährige reingemogelt; der Streifen war aber erst frei ab 16“.

Heile Welt in „Grün ist die Heide“ und „Der Förster vom Silberwald“ genoss Martha Klein in den 1950ern im Rex. Heute ist sie 88 Jahre alt, möchte bei dem Nostalgie-Trip am Sonntagvormittag nicht fehlen.

Zum historischen Heimatfilm kommen Jung und Alt

Zu der heimatgeschichtlichen Reise anno 1962 kamen nicht nur Zeitzeugen. Sondern auch Jüngere, um ihre Vorfahren auf der Leinwand zu entdecken.

Die Familie von Gerda Frisse siedelte sich 1965 in der Hardtgemeinde an. „Durmersheim war nie bloß ein Dorf, sondern ein richtiger Marktflecken mit vielen schönen Geschäften und 30 gut gehenden Lokalen.“ Zu einem derart pulsierenden Ort „gehörte und passte das Kino als Nabel der Unterhaltung perfekt“.

Der historische Heimatfilm repräsentiert diese Beschreibung der Hardtgemeinde vortrefflich. Gedreht wurde der rund 80-minütige antike Imagefilm unter der Regie des Musikvereins, zeigt in dynamischen Sommerbildern das rege Leben.

Die Kamera lässt 1962 kaum einen Meilenstein im Dorf aus, ist auf Stippvisite im frisch erbauten, gerade erst fünf Jahre alten Rathaus, beleuchtet Schulen, Kirchen, Industrie, Landwirtschaft, Einzelhandel, Gastronomie, Vereine, geht auf Tuchfühlung mit den Menschen.

Man trifft auf adrett gekleidete junge Mütter beim Shoppen. Der Nachwuchs ist mit dabei, darf Eis schlecken. Geschäftige Omas eilen in der Küchenschürze zu einem raschen Einkauf. Eine Durmersheimerin lässt sich mit beiden Armen im Bottich beim Wäschewaschen im Hof überraschen.

Männer auf dem Feld, eingehüllt in eine dicke Staubwolke, bringen mit einem frühen Mähdreschermodell die Getreideernte ein. Im Oberwaldstadion marschieren die TuS-Handballer zum Training auf. Auf der Hauptstraße offeriert das Kaufhaus Kässinger ein Riesensortiment an Stoffen.

Im Sommer steht ein Open-Air-Kino an

Im Geschenkhaus Haitz-Jung gibt es Nippes, Porzellan, Gläser und Haushaltswaren. Kross panierte Schnitzel mit Soße gehen im proppenvollen Gasthaus Lamm über den Tresen. Das Sägewerk Deck, die Möbelfabrik Moser und die Tefag-Textilfärberei für Feinstrumpfhosen gehören 1962 zu den florierenden Arbeitgebern. Der Heimatfilm wirft einen spannenden Blick in Schwarzweiß auf die Hardtgemeinde von Anno dazumal.

Ländlich, derb und humorig ging das Kinowochenende am Sonntagabend mit dem neuen Eberhofer-Krimi zu Ende. Bürgermeister Eckerts Bilanz: „Der Supererfolg ist ein Ansporn zum Weitermachen. Wir gehen das geplante Open-Air-Kino auf jeden Fall an“.

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