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Seltene Krankheit

Eine Delfintherapie soll die fünfjährige Nele aus Hügelsheim ein Stück voranbringen

Die fünfjährige Nele aus Hügelsheim leidet an einer seltenen Genmutation. Eine Delfintherapie soll ihr helfen. Dafür hat der Paddelclub Illingen eine Benefizveranstaltung organisiert.

Sind dankbar für die Unterstützung: Die Rückmeldungen auf den Spendenaufruf für ihre Tochter Nele haben Anja und Patrick Traub überwältigt.
Sind dankbar für die Unterstützung: Die Rückmeldungen auf den Spendenaufruf für ihre Tochter Nele haben Anja und Patrick Traub überwältigt. Foto: Nadine Fissl

Eigentlich sollte es einer der schönsten Tage ihres Lebens werden. Bei Anja und Patrick Traub waren die Stunden nach der Geburt ihrer Tochter Nele aber vor allem von einem Gefühl erfüllt: Angst. Die Kleine hatte in ihrer ersten Nacht auf der Welt auch ihren ersten epileptischen Anfall.

Die extrem seltene Krankheit, die diesen und viele weitere ausgelöst hat, wird erst Jahre später diagnostiziert. Eine Delfintherapie soll Nele nun bei ihrer weiteren Entwicklung unterstützen.

Niemand konnte sagen, was los ist.
Anja Traub, Mutter

Strümpfe, eine Mütze und eine Windel, mehr trägt Nele nicht, als sie am 1. Januar 2017 als Notfall in die Klinik nach Freiburg transportiert wird. „Sie war so winzig“, erzählt Anja Traub. Die Erinnerung schmerzt noch immer. Nele ist damals gerade mal drei Tage alt. Ihr Anfall an diesem Morgen ist bereits der zweite. Zum ersten Mal krampfte sie in der Nacht nach ihrer Geburt. Erklären können sich die Ärzte das damals noch nicht. „Das war dann schon schlimm“, erzählt Anja Traub. „Niemand konnte sagen, was los ist.“

In Freiburg geht der Untersuchungs-Marathon los. Doch die Ergebnisse sind genauso unauffällig wie die Schwangerschaft selbst. Anja Traub erinnert sich noch genau, wie ihre Tochter dalag, mit all den Zugängen am Körper und Drähten, die sie mit den Vitalmonitoren verbanden. Das Mädchen wird mit Medikamenten ruhiggestellt, nach einer Woche ohne Anfälle wächst bei den Traubs die Hoffnung, sie bald mit nach Hause nehmen zu können.

Dann kommt der nächste Anfall. Es ist der erste im Beisein von Anja Traub. Das Mädchen ist plötzlich komplett steif, ihr Kopf wird knallrot und die Zunge hängt zwischen den Lippen. „Sie wissen schon, dass ihre Tochter schwer krank ist?“, fragen die Ärzte damals.

Man wird zum Vermittler zwischen Kind und Ärzten.
Anja Traub, Mutter

Von da an ändert sich vieles im Leben von Patrick und Anja Traub. „Man wächst da so rein“, sagt die Mutter. „Und man wird zum Vermittler zwischen Kind und Ärzten.“ Sie erlebt etliche weitere Anfälle. Nach jedem fängt Nele an, schlimm zu schreien. „Das nennt sich Reflexschreien“, erklärt ihre Mutter und fügt hinzu: „Das geht durch und durch.“

Noch immer weiß niemand, was dem Kind fehlt. Ein erster Gentest ist unauffällig, schließt lediglich mehrere schwere Formen der Epilepsie aus. Viele Medikamente werden ausprobiert, einige helfen, andere weniger. Zumindest können die Anfälle reduziert werden.

2018 sorgt ein weiterer Test endlich für Klarheit: Bei Nele wird eine Mutation im KCNA2-Gen festgestellt. Zum Zeitpunkt der Diagnose gibt es weltweit gerade mal 23 bekannte Fälle. Was bedeutet: „In diesem Bereich wird nicht geforscht“, sagt Patrick Traub. Zwar wussten die Eltern nun endlich, was die epileptischen Anfälle auslöst, „aber im Prinzip wussten wir gar nichts“. Niemand kann sagen, wo die Reise hingeht.

Neles Entwicklung ist zwar sehr verzögert, Fortschritte macht sie aber dennoch. Das mittlerweile fünfjährige Mädchen kann krabbeln, an der Hand laufen, selbst essen, einzelne Wörter sagen und seit diesem Jahr auch klatschen. Seit Kurzem hat sie angefangen, ihre ganze Umgebung zu entdecken, erzählt Anja Traub. Das mache ihr große Freude.

Und wenn es ans Baden geht, „dann gibt’s kein Halten mehr“. Auch wenn keiner genau sagen kann, wie Neles Leben irgendwann aussieht, wollen ihre Eltern „einfach so viel wie möglich dafür tun, dass sie selbstbestimmt und so gut wie möglich auch selbstständig durchs Leben gehen wird“, sagt Patrick Traub. Jeder noch so kleine weitere Schritt kann dabei helfen.

Delfintherapie besteht nicht nur aus Schwimmen

Helfen soll auch die Delfintherapie. Wenn alles klappt, findet sie im kommenden Jahr über Pfingsten in Curaçao statt. Je nach Dollarkurs kostet sie die Familie zwischen 14.000 und 16.000 Euro. Sie besteht aus zehn Blöcken, die auf zwei Wochen verteilt sind und neben dem Schwimmen mit den Tieren auch verschiedene weitere Therapiestunden für die Kinder sowie Gesprächsrunden für ihre Eltern beinhalten.

Im Vorfeld musste die Familie schon sehr viele Informationen über ihre Situation und das Krankheitsbild von Nele weitergeben. „Sie bereiten sich sehr gut auf die Kinder vor und wissen ganz genau Bescheid, wenn man ankommt“, schildert Anja Traub ihren Eindruck. Das Ehepaar wolle „ohne Erwartungen“ an die Sache herangehen. „Es kann auch nur ein kleiner Anstoß für einen weiteren Fortschritt sein“, sagt Patrick Traub. „Wenn sie alleine stehen könnte, wäre das zum Beispiel schon mal eine riesen Erleichterung.“

Der Gang an die Öffentlichkeit kostet viel Überwindung

Um ihrer Tochter diese Möglichkeit zu bieten, gehen die Traubs mit einem Flyer samt Spendenaufruf an die Öffentlichkeit. „Das hat uns sehr, sehr viel Überwindung gekostet“, sagt Anja Traub. Sie und ihr Mann würden beide eher ungern im Mittelpunkt stehen.

Freunde erstellen den Flyer, ein Bekannter übernimmt das Drucken. Anja und Patrick Traub ist die Begeisterung anzusehen, mit der sie von der enormen Unterstützung berichten, die dann folgt. So viele Menschen seien innerhalb kurzer Zeit auf sie zugekommen. Mit Fragen. Mit helfenden Worten. „Die Hemmschwelle ist gesunken, auch hier im Dorf“, so Anja Traub.

Paddelclub Illingen organisiert Benefizveranstaltung qm 10. September

Auch vonseiten aller möglichen Vereine erhalten sie Unterstützung. So organisiert der Paddelclub Illingen am 10. September eine Benefizveranstaltung für Nele. Ab 16 Uhr wird auf dem Gelände des Paddelclubs Ponyreiten mit einem Therapiepferd, Kinderschminken und Live-Musik geboten. Für das leibliche Wohl ist auch gesorgt, wie der Club auf einem Flyer mitteilt.

Die Resonanz sei überwältigend. Und auch wenn einige mit den Worten „ihr Armen!“ auf sie zukommen, arm fühle sich die Familie bei Weitem nicht. „Wir haben ein total glückliches kleines Mädchen“, stellt Anja Traub klar. „Sie hat ihren eigenen Kopf, spürt Trauer und Freude, liebt Musik, Schaukeln, Bücher und Wasser, und sie erkämpft sich jedes neue noch so kleine Stückchen“.

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