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Zum 75. Geburtstag von Harald Hemprich 

Mit dem vierten Theaterstück zur Badischen Revolution schließt sich ein Kreis

Die Rastatter Kulturszene ist ohne Harald Hemprich nicht denkbar. Jetzt präsentiert er das vierte Theaterstück zur Badischen Revolution.

Ein Mann vor Gebäude
Harald Hemprich vor der Galerie KunstRaum, wo er mit der Eröffnung einer Fotoausstellung über das Ensemble99 am 13. Januar auf seinen Geburtstag anstoßen wird. Foto: Xenia Schlögl

„75. Geburtstag und keine Lust, sich entspannt auf das Altenteil zurückzuziehen?“ So eine Frage lächelt Harald Hemprich gekonnt weg: „Für 2024 ist mein Terminplan voll!“ Seinen Ehrentag wird er am Samstag, 13. Januar, mit der Eröffnung einer Fotoausstellung über das Ensemble99 in der Galerie KunstRaum begehen. Beginn ist 11 Uhr.

Seit Dezember 2020 betreibt er zusammen mit Fotograf Oliver Hurst die Galerie in der Kaiserstraße. Monatlich wechselnde Ausstellungen ziehen die Besucher an, zudem lädt Hemprich alle vier Wochen zum KunstTalk. Neben dem Theater gilt seine Leidenschaft der Fotografie und Malerei. Diese drei Kunstgattungen haben für ihn einen gemeinsamen Grundgedanken: „Der Mensch, indem er sich ausdrückt, findet zu sich selbst, zugleich findet er andere.“

Die Rastatter Kulturszene ist ohne das von ihm gegründete Ensemble99 nicht vorstellbar. Das Amateurtheater besticht durch hohes künstlerisches Niveau, das in der Region seinesgleichen sucht. Seit 25 Jahren leitet Hemprich erfolgreich zusammen mit den Akteuren vor und hinter der Bühne den Theaterverein. Wie fing es an? „Die Stadt trat 1997 an mich heran, um ein Theaterstück zu konzipieren, das sich mit der Geschichte der Badischen Revolution 1848/49 in Rastatt auseinandersetzt“, erzählt er, „Hintergrund war die geplante 150-Jahr-Feier für 1999.“ Aus einem Theaterstück wurden drei.

Erstes Schauspiel „Die Festung“

Mit der neu formierten Theatergruppe Ensemble99 realisierte er 1997 das erste Schauspiel „Die Festung“, das die letzten Wochen vor der Kapitulation der Aufständischen thematisierte und auf historischen Quellen beruhte: „Ursprünglich gebaut, um französischen Angriffen Stand zu halten, war die Bundesfestung Rastatt zum letzten Rückzugort der badischen Revolutionäre geworden“, so Hemprich, „die Preußen standen vor den Toren. Uns interessierte, was ging in den Eingeschlossenen vor, welche Pläne verfolgten sie, wie hielten sie durch?“ Die Inszenierung wurde begeistert vom Publikum aufgenommen, das viermal die Möglichkeit hatte, das Drama als Open-Air Veranstaltung im Kulturforum zu erleben.

„Die positive Resonanz übertraf unsere Erwartungen, aber für unser zweites Stück brauchten wir ein Dach über dem Kopf“. 1998 folgte in der noch unrestaurierten alten Reithalle die Aufführung „Barrikade“, die in der Zeit nach der Niederschlagung der Revolution spielte und die unterschiedlichen zivilen Widerstandsformen von Liberalen und Demokraten im damaligen Deutschen Bund beleuchtete: „Die Saat für gesellschaftliche Veränderungen war gelegt und sie zeigte sich auf vielfältige Weise.“

„Die Flucht“ im Jubiläumsjahr

Im Jubiläumsjahr 1999 schloss das Ensemble die Trilogie mit der Premiere von „Flucht“. Wohin geht man, wenn die Revolution gescheitert ist? „Das Bühnenspiel befasste sich nicht nur mit der physischen Emigration der Revolutionäre, viele flüchteten in europäische Nachbarländer und Übersee, sondern auch mit der inneren Emigration der Menschen, die geblieben sind und sich anpassen mussten“.

Widerstand ist für Hemprich kein abstrakter Begriff. Geboren in Magdeburg 1949, zog er mit seiner Familie 1958 nach Westberlin. „Mein Vater engagierte sich als Sperrspitze des kirchlichen Widerstands gegen die DDR-Oberen der Einheitspartei SED“, erinnert er sich, „es gab Schikanen und viel Unschönes.“

Sein familiäres Umfeld blieb auch im Westen politisch. In einer Demokratie zu leben sei ein Privileg, so Hemprich, Menschenrechte, Meinungsfreiheit und freie Wahlen seien nicht überall selbstverständlich. „Dass die Bundesrepublik in diesem Jahr 75 Jahre Grundgesetz und Demokratie feiern kann, ist auch der Badischen Revolution zu verdanken, deren Kernziele in der heutigen Verfassung Niederschlag finden.“

75 Jahre Grundgesetz ist auch der Badischen Revolution zu verdanken.
Harald Hemprich
Galerist

Zum 175. Jubiläum wird nun das vierte und letzte Bühnenstück zum Thema Badische Revolution 1848/49 am 18. April 2024 uraufgeführt. In „Revolution – Traum und Trauma. Wohin jetzt?“ wird anhand von Textquellen die Gefühle und Gedanken der Revolutionäre nachgezeichnet und reflektiert.

„Rastatts Revolution war im höchsten Maße dramatisch und tragisch“, skizziert Hemprich, „vor der Kapitulation war die Festung übervoll mit Menschen. Die einheimische Bevölkerung lebte mit dem badischen Militär und unzähligen Festungsarbeitern auf engem Raum zusammen.“ Dreizehn Schauspielerinnen und Schauspieler werden in historische Figuren schlüpfen und szenisch an die damaligen Ereignisse erinnern. „Die Zuschauer sollen die Wucht der Revolution und die Auswirkungen auf die Bürger und die Revolutionäre nacherleben können.“

Acht Aufführungen geplant

Acht Aufführungen sind geplant, die im April und im Juli stattfinden. Für Text und Inszenierung bleibt Harald Hemprich federführend. Für ihn schließt sich mit der vierten Produktion zur Badischen Revolution ein Kreis, der 1999 begann und 2024 enden wird.

Das Ziel seiner dramaturgischen Arbeit sei es gewesen, die historische Bedeutung Rastatts bewusst zu machen: „Ich hoffe, das ist dem Ensemble99 und mir geglückt.“

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