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Tag der offenen Tür

Warum die Suchtberatung in Rastatt und Baden-Baden auch Familien locken will

Die Fachstellen in Rastatt und Baden-Baden öffnen sich erstmals zu einem Tag der offenen Tür und geben Tipps.

Gesprächsbereit: Team-Mitarbeiter der Fachstelle Sucht mit Leiterin Martina Rapp (links), ihrem Vorgänger Wolfgang Langer (Zweiter von rechts) und der kommunalen Suchtbeauftragten des Landkreises, Gudrun Pelzer (rechts). Foto: Sabine Wenzke
Gesprächsbereit: Team-Mitarbeiter der Fachstelle Sucht mit Leiterin Martina Rapp (links), ihrem Vorgänger Wolfgang Langer (Zweiter von rechts) und der kommunalen Suchtbeauftragten des Landkreises, Gudrun Pelzer (rechts). Foto: Sabine Wenzke Foto: Sabine Wenzke

Wo ist Suchtmittelkonsum noch in Ordnung? Wann wird er bedenklich? Wo fängt Sucht an? Wann ist es eine chronische Abhängigkeitserkrankung? Fragen, auf die es Antworten gibt. Und Hilfen.

Und damit es gar nicht erst zu einer Abhängigkeit kommt, gibt es die Prävention. Diese hat in den vergangenen Jahren auch bei der Fachstelle Sucht Rastatt-Baden-Baden an Bedeutung gewonnen, die ein großes Spektrum an Angeboten zum Ausstieg aus dem Suchtverhalten bereithält.

Sie lädt am Donnerstag, 10. November, erstmals zu einem Tag der offenen Tür ein. Die wichtigsten Fragen dazu beantwortet unsere Mitarbeiterin Sabine Wenzke.

Wie kam es zu der Premiere?

Die „offene Tür“ findet erstmals im Rahmen des noch jungen bundesweiten Aktionstags „Suchtberatung kommunal wertvoll“ statt. Im vergangenen Jahr waren Mitarbeiter der Fachstelle in Baden-Baden mit einem Stand in der Fußgängerzone vertreten. Doch nicht jeder Betroffene oder auch Interessierte traut sich unter den Augen der Öffentlichkeit, dort hinzugehen. Die Fachstelle will jedem die Möglichkeit zu einem niederschwelligen Beratungsangebot in der Anonymität geben. „Daher haben wir uns überlegt, dass es wohl der bessere Weg wäre, unsere Tore zu öffnen und die Menschen in die Beratungsstelle einzuladen, um mögliche Berührungsängste abzubauen“, sagt die neue Fachstellenleiterin Martina Rapp.

Was versprechen sich die Veranstalter von der Aktion?

Ziel ist es, die Bevölkerung und auch Familien auf die Suchtberatung aufmerksam zu machen und über das Präventions- und Behandlungsprogramm vor Ort zu informieren. Durch die Aktion sollen Schwellenängste abgebaut werden. Und es geht auch darum, einen Dialog zu schaffen zwischen den hauptamtlichen und den ehrenamtlichen Mitarbeitern, die viele Selbsthilfegruppen leiten, sowie der Öffentlichkeit. Mit dabei sind auch kommunale Suchtbeauftragte. Aber auch frühere Klienten sind eingeladen, um sich auszutauschen. „Wir wollen einen Ort bieten, an dem sich Menschen vernetzen können“, sagt Rapp.

Was erwartet die Besucher?

Die Fachstellen Sucht in Rastatt (Kaiserstraße 20) und in Baden-Baden (Sinzheimer Straße 38) sind am Tag der offenen Tür von 10 bis 19 Uhr geöffnet. Die Besucher können sich die Räumlichkeiten anschauen, mit den Fachleuten ins Gespräch kommen und sich Infobroschüren über die Arbeit der Beratungsstelle mitnehmen, die unter anderem Hilfen bei Alkohol,- Medikamenten,- Tabak- und Drogenabhängigkeit, Essstörungen, Spielsucht und Mediensucht bietet. Es gibt Obst, Brezeln und alkoholfreie Getränke. „Ob es um MPU, Risikochecks Alkohol und Drogen, Freigabe von Cannabis oder Rauchfrei im Büro geht, wir diskutieren gerne mit den Besuchern und stellen unser umfassendes Programm vor“, ermuntert Rapp zum Vorbeikommen.

Was ist der größte Irrtum über die Beratungsstelle?

„Viele, die zur Fachstelle kommen, denken, es geht gleich in die stationäre Langzeittherapie“, berichtet Martina Rapp: „Das stimmt nicht.“ Die Fachstelle bietet viele andere Angebote – über reine Beratungsgespräche bis hin zur ambulanten Reha (Psychotherapie für suchtkranke Menschen). Die Erfahrung zeigt: Je früher ein Mensch zur Beratung kommt, desto mehr Möglichkeiten gibt es noch. Und damit es erst gar nicht zu gesundheitsschädigendem Suchtmittelkonsum kommt, kann Vorsorge nicht früh genug beginnen. „Wir haben auch Kindergruppen für Kinder aus suchtgefährdeten Familien und Gruppenkonzepte für Kinder zur Stärkung der Resilienz, um einer Suchterkrankung vorzubeugen“, erläutert die 55-Jährige.

Welchen Ansatz verfolgt die neue Leiterin?

Für Martina Rapp ist es wichtig, familien- und teilhabeorientiert zu arbeiten. Früher habe man in der Behandlung immer nur auf den Suchtkranken geschaut. „Es liegt aber auf der Hand, dass ein Mensch mit Suchtproblemen eine gute Einbindung braucht, um langfristig und nachhaltig abstinent zu sein. Die Einbindung hat er bei der Arbeit und in der Familie“, verdeutlicht die psychologische Psychotherapeutin. Die Klientel besteht daher nicht nur aus Suchtkranken. „Wir sind auch für Angehörige zuständig“, so Rapp. Und auch für Betriebe gibt es spezielle Angebote.

Warum sollte man zum Tag der offenen Tür kommen, wenn man kein Suchtproblem hat?

Die Besucher können sich grundsätzlich über ein vielfältiges Angebot informieren. „Wenn wir ganz ehrlich sind, hat doch jeder irgendwie Berührung mit dem Thema Sucht. Entweder als Angehöriger oder an der Arbeitsstelle oder in der eigenen Lebensgeschichte. Oder in der Nachbarschaft“, meint die Fachstellenleiterin. Oder auch bei der Frage, wie geht man mit Alkoholkonsum vor seinen Kindern um? Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit ist Sucht kein Randproblem in der Gesellschaft, sondern betrifft viele Menschen in Deutschland. Nach repräsentativen Studien (insbesondere Epidemiologischer Suchtsurvey 2018) rauchen zwölf Millionen Menschen, 1,6 Millionen Menschen sind alkoholabhängig und 2,3 Millionen nach Schätzungen von Medikamenten abhängig. Alkohol ist zudem ein wesentlicher Risikofaktor für zahlreiche chronische Erkrankungen und Unfälle.

Haben sich die Anforderungen an die Fachstelle geändert?

Ja, denn es kommen immer wieder neue Themen hinzu. Die Legalisierung von Cannabis etwa oder Essstörungen, die durch Corona auch zugenommen haben, nennt Rapp zwei Beispiele. „Wir müssen unser Profil daher permanent neu anpassen, wie es schon Wolfgang Langer getan hat“, würdigt die 55-Jährige den eingeschlagenen Weg ihres Vorgängers, den sie mit kreativen Ideen fortsetzen will.

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