Skip to main content

„Manga Mafia“ schlägt zu

Bunte Fantasy-Wesen bei „Animagic“-Messe in Mannheim

Ist schon wieder Fasching – oder sind Außerirdische in Mannheim gelandet? Wer am Wochenende unvorbereitet den kostümierten Fantasy-Wesen begegnete, hätte auf solche Ideen kommen können. Die kuriosen Gestalten wollten aber nur spielen – auf der Messe „Animagic“.

Ein riesiger Markt für Fan-Artikel: Von der knallblauen Perücke bis zur teuren Spielfigur können begeisterte Anhänger der Anime- und Computerspielszene ihr Geld an vielen Verkaufsständen der Messe Animagic in Mannheim loswerden.
Von der knallblauen Perücke bis zur teuren Spielfigur können begeisterte Anhänger der Anime- und Computerspielszene ihr Geld an vielen Verkaufsständen der Messe Animagic in Mannheim loswerden. Foto: Wolf H. Goldschmitt

Das Waffenlager am Haupteingang schaut bedrohlich aus. Ein wahres Arsenal an Schwertern, Bögen und Gewehren baumelt an der Garderobe, fein säuberlich nach Nummern geordnet – wie bei einer Theatervorstellung.

Aber keine Sorge, es sind alles nur liebevoll gebastelte Attrappen aus Kunststoff. Überdimensionale Flügel haben wegen der Verletzungsgefahr ebenfalls Hausverbot, obwohl das Werkzeug eigentlich unverzichtbar zum Kostüm eines sogenannten Cosplayers gehört.

Ordnung muss sein, selbst im bunten Reich der Fiktionen. Cosplay, ein Kunstbegriff aus den englischen Wörtern „Kostüm“ und „Spiel“, steht für eine immer noch recht junge Subkultur, sich fantasievoll zu verkleiden und in die kindliche Traumwelt Japans einzutauchen.

Die Leidenschaft hat sich von ihren Nischenanfängen längst weit entfernt und ist nicht zuletzt dank der Macht der Medien und des Internets zu einem globalen Phänomen geworden.

Das Angebot verwirrt die Sinne

Wie lange der Boom anhält, der am Wochenende weit über 20.000 „Aliens“ in Mannheims Rosengarten und die Innenstadt gebeamt hat? „Solange das Geld reicht“, sagt augenzwinkernd einer der schier unzähligen Händler beim dreitägigen Stelldichein der schrillen Optik namens „Animagic“.

Und zu verdienen gibt es am vergangenen Wochenende reichlich – von der PVC-Figur „Bunny Girl Senpai“ für 160 Euro bis zur lila Plastikperücke für schlappe 35 Euro. Das Angebot verwirrt die Sinne.

Namhafte Verlage präsentieren als Preview ihre jüngsten Artbooks und Comics aus der fernöstlichen Anime-, Manga- und J-Game-Szene noch vor dem regulären Erscheinungstermin oder zeigen bislang geheime Games für das „Training von kognitiven und motorischen Fähigkeiten“ am Computer.

Vor der Messe-“Filiale“ von Nintendo, dem Platzhirsch und Milliardenkonzern für Spielekonsolen, warten selbst Manga-Bösewichte wie der „Teufelsmann“ mit Engelsgeduld auf den Moment, die nagelneuen „Booster-Pass-Strecken“ von Mario-Kart testen zu dürfen. Viel Schnickschnack wie Teetassen, quietschgelbe Stoffpüppchen a la Pokémon oder schnöde Brotdosen original japanischer Herkunft gibt´s obendrauf.

Gandalf mit Gefolge oder fiese Typen aus „Star Wars“

Wer bei der Firma „Manga Mafia“ an Böses denkt, könnte richtig vermuten. Der Name des Anbieters von Sammelobjekten klingt unfreiwillig wie eine Botschaft an seine Kunden: aus dieser Gesellschaft gibt es kein Entrinnen.

An der Verkaufsfront herrscht dauerhaft Andrang wie einst bei der Premierenvorstellung von „Herr der Ringe“. Und tatsächlich huscht sogar ein Gandalf mit Gefolge durch die Reihen. Ob der sich verirrt hat? Offensichtlich nicht. Denn auch fiese Typen aus „Star Wars“ röcheln sich durch die engen Gänge oder drängen ins überfüllte Rahmenprogramm der schrägen Publikumsmesse.

Die dargestellten Charaktere stammen aber hauptsächlich aus der Fantasy-Literatur und Videospielen. Vampirkiller in fiktiver Militäruniform und Marisa mit schwarz-weißem Röckchen und Zauberhut scheinen in diesem Jahr die gefragtesten Motive der Cosplayer zu sein.

Geschlechter spielen bei der Darstellung keine Rolle. Manch bärtige Fee sticht ihre weibliche Konkurrenz an Attraktivität locker aus. Das Gros der farbenprächtigen Ensembles kommt natürlich nicht von der Stange. „Kaufen geht natürlich immer, aber wer etwas auf sich hält, der schneidert selbst“, weiß André Hartmann von Animagine, dem Veranstalter der wilden Melange aus Cirque du Soleil, Christopher Street Day und Kindermaskenball.

Jene entspannten Nerds aus fremden Galaxien, die übrigens alle brav ihre Waffen wieder abgeholt haben, kündigen ihre Wiederkehr auf den Planeten Erde für kommendes Jahr an.

nach oben Zurück zum Seitenanfang