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Grün-Schwarzer Koalitionsvertrag vorgestellt

Viele Ideen, wenig Mittel: „Regieren ist halt kein Ponyhof“

Es soll mehr als die bloße Fortsetzung der vergangenen fünf Jahre sein: Grüne und CDU stellen ihren Koalitionsvertrag vor. Die Ministerien sind allerdings noch nicht abschließend verteilt.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (vorne r, Grüne) und der stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl ( vorne l, CDU) stellen den Koalitionsvertrag der neuen grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg vor.
Bündnis erneuert: Ministerpräsident Winfried Kretschmann (vorne rechts, Grüne) und der stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl (vorne links, CDU) stellten den Koalitionsvertrag der neuen grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg vor. Foto: Bernd Weissbrod/dpa

„Winfried, aber Du freust Dich schon drauf?“, flachst CDU-Landeschef Thomas Strobl an Ministerpräsident Winfried Kretschmann gewandt, als sich die Präsentation des Koalitionsvertrags der zweiten grün-schwarzen Landesregierung ihrem Ende nähert. Der grüne Regierungschef hat eben eine Frage nach den leidigen Finanzen leicht genervt beantwortet: „Regieren ist halt kein Ponyhof.“

Strobl versucht mit seinem Scherz dem Satz die Schärfe zu nehmen. Schließlich wollen beide an diesem Mittwoch andere Botschaften setzen, etwa die, dass nun vieles anders werden soll.

„Ein Weiter-so verbietet sich gewissermaßen“, sagt Kretschmann mit Verweis auf die Herausforderungen des Klimawandels. „Grün-Schwarz 2021 bis 2026 – das ist nicht die bloße Fortsetzung der vergangenen fünf Jahre“, sagt Strobl.

Langes Ringen um Ministerien

Bis in den Morgen hinein haben die Verhandlungsdelegationen noch um den Zuschnitt und die Verteilung der Ministerien gerungen, die auch im Koalitionsvertrag ihren Niederschlag finden, nun stellen sie das 160 Seiten dicke Werk mit dem Titel „Jetzt für Morgen“ und dem Zusatz „Der Erneuerungsvertrag für Baden-Württemberg“ vor.

Für die Präsentation haben sie einen Forschungscampus gewählt. Der Blick soll nach vorne gehen, die zuletzt durch Scharmützel geprägte Arbeit ein neues Miteinander prägen. Symbolisiert auch durch etwas, was Kretschmann ein „Experiment“ nennt: Überkreuzbesetzungen in den Chefetagen des Kultusministeriums und des neuen, erst in der Nacht gezimmerten Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen.

Regieren ist halt kein Ponyhof.
Winfried Kretschmann, Ministerpräsident (Grüne)

Das Kultusministerium führen erstmals die Grünen, aber einer von künftig zwei Staatssekretärsposten geht an die CDU. Beim neuen Wohnministerium dürfen die Grünen einen Staatssekretär bestimmen und die CDU die Ministerin oder den Minister.

Auch inhaltlich betonen Kretschmann und Strobl die Gemeinsamkeiten. „Klares gemeinsames Ziel“ sei es, Baden-Württemberg zum „Klimaland Nummer eins“ zu machen, sagt Strobl. Grüne und CDU seien die beiden Parteien, die im breitesten im Land verankert seien, „wenn auch mit unterschiedlichen Ankerpunkten“, wirbt Kretschmann auch mit Blick auf die vielen Parteifreunde, die einem möglichen Ampelbündnis nachtrauern. Klimapolitik, Transformation der Wirtschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt, nennt der Ministerpräsident als zentrale Politikfelder.

Die Stichworte, die der alte und neue Innenminister Strobl ausgibt, klingen ähnlich: Nachhaltigkeit, Innovation, Zusammenhalt. Er nennt dann noch die Sicherheit. Vor fünf Jahren, als das Konzept für die gemeinsame Koalition noch lautete, dass jeder Partner sich auf seinen Kompetenzfeldern austoben können soll, hatte Strobl fast nur über Sicherheit gesprochen.

Nun sollen die Klimapolitik und der Anspruch, mit innovativen, auf grüne Technologien setzenden Unternehmen Wachstum zu sichern und zugleich eine Blaupause für klimaneutrales Wirtschaften zu liefern, das Fundament für weitere fünf Jahre Grün-Schwarz bilden.

Viele Ideen, wenig Mittel

Ideen gibt es zuhauf, für den Klimaschutz wie auch für alle anderen Bereiche, Mittel aber nur bedingt. „Es ist ja nicht so, dass wir kein Geld haben. Wir haben einen Haushalt mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro“, versucht Kretschmann dem Eindruck entgegenzuwirken, die neue Regierung könne aufgrund klammer Kassen außer schönen Überschriften nur wenig bieten.

Wenn man etwa die Weichen für den Bau von bis zu 1000 neuen Windrädern im Land stelle oder die Fotovoltaikpflicht auf neue Wohngebäude ausdehne, koste das den Staat kein Geld, so der Ministerpräsident. Gleich zu Beginn der Legislaturperiode wolle man ein Sofortprogramm zur Abmilderung der Corona-Folgen beschließen, alle anderen zusätzlichen Ausgaben aber stehen unter „Haushaltsvorbehalt“.

Spielräume sollen vorrangig dazu genutzt werden, finanzrelevante Maßnahmen aus dem Sondierungspapier, bei dem der Klimaschutz im Mittelpunkt steht, umzusetzen. In welcher Reihenfolge die vielen weiteren Vorhaben angegangen werden, muss jeweils neu austariert werden. Die Umsetzung des „Erneuerungsvertrags“ dürfte den beschworenen neuen Geist der Koalition also noch öfter auf die Probe stellen. Kretschmann formuliert es so: „Es ist halt nicht so, dass der Koalitionsvertrag gemacht ist, man ihn dann den Beamten gibt und fünf Jahre in Urlaub geht.“

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