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Sechs Jahrzehnte Musikgeschichte geprägt

Forever young: Der ewige Troubadour Bob Dylan wird 80

Seine Lieder prägen die vergangenen sechs Jahrzehnte, mit trotzigem Pioniergeist erneuert er Folk, Rock und Blues. Dass er dabei große Song-Literatur schreibt, bringt ihm 2016 den Nobelpreis ein. Jetzt wird Bob Dylan 80 – und der Shakespeare des Rock & Roll ist noch lange nicht am Ende.

FILE - Die Schallplatten «Blonde on Blonde» (l-r), «At Budokan» und «Another side of Bob Dylan» von Bob Dylan liegen am 13.10.2016 in München (Bayern) in einem Schallplattenladen. (zu dpa "Wann kommst du, Bob Dylan? Stockholm wartet auf den Nobelpreisträger" vom 09.12.2016) +++ dpa-Bildfunk +++
Meisterwerke: Bob Dylan verkaufte weit mehr als 100 Millionen Tonträger - darunter die Alben „Blonde On Blonde“, „At Budokan“ und „Another Side Of Bob Dylan“. Foto: Sven Hoppe picture alliance / dpa

„Bob Dylan wird diesen Monat 30“, sagt Linus van Pelt zu Charlie Brown. „Das ist das Deprimierendste, was ich je gehört habe“, antwortet Charlie Brown. Vor fast genau 50 Jahren erscheint der Peanuts-Cartoon von Charles M. Schulz. Dylan als Erwachsener? Der hippe Jugendrebell als alter Mann? Das scheint damals kaum vorstellbar.

Wie es in einem seiner Songs heißt: „May you stay forever young.“ Und doch haben sich seitdem tiefe Furchen in das hagere Gesicht des Mannes gegraben, der wie kein anderer die Rock- und Popmusik in den vergangenen sechs Jahrzehnten geprägt hat. Und ja! Man kann in Würde altern.

Nobelpreis 2016

Erste Rückblende: Im Dezember 2016 soll Dylan den Literaturnobelpreis „für seine poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition“ entgegennehmen. Macht er aber nicht. Er schwänzt die Zeremonie in Stockholm. Und schickt seine Freundin Patti Smith, die für ihn eines seiner Lieder singt.

Erst Monate später, im April 2017, lässt sich der US-Amerikaner – fernab des Rampenlichts – die Ehrung überreichen. Dylan ist der bislang einzige Songwriter, der zu Nobel-Ehren kommt. Preise bedeuten ihm nichts – sie scheinen ihn eher zu verunsichern.

Never Ending Tour

In der Zwischenzeit setzt Dylan seine 1988 begonnene „Never Ending Tour“ mit teilweise mehr als 100 Auftritten im Jahr fort – bis ihn die Pandemie ausbremst. Eines seiner zunächst letzten Konzerte gibt der unbeugsame alte Folk-Haudegen im Juli 2019 in Stuttgart.

Und er arbeitet an seinem Alterswerk: Er hat Sinatra-Stücke gekrächzt, mit dem 17-minütigen „Murder Most Foul“ 2020 den wahrscheinlich längsten Nummer-1-Hit der Musikgeschichte in die Charts gebracht und das weltweit gefeierte Album „Rough And Rowdy Ways“ veröffentlicht. Und nebenbei verkauft er noch seinen Songkatalog an einen Musik-Multi. 300 Millionen US-Dollar soll ihm das eingebracht haben – nicht, dass er es nötig hätte.

ARCHIV - Der amerikanische Folk- und Rockmusiker Bob Dylan tritt im Rahmen seiner Deutschland-Tournee am 29.07.1981 in München (Bayern) auf. Foto: Frank Leonhard/dpa (zu dpa "Literaturnobelpreis geht an Bob Dylan" vom 13.10.2016) +++ dpa-Bildfunk +++
Wanderprediger: Dylan spielt Anfang der 80er-Jahre christliches Liedgut aus eigener Feder. Foto: Frank Leonhardt picture alliance / dpa

„Rough And Rowdy Ways“: Der Titel des Albums passt zur Karriere von Robert Allen Zimmerman, wie Dylan mit bürgerlichem Namen heißt. Er geht immer den schwierigeren Weg, schwimmt immer gegen den Strom und stößt seine Verehrer, Journalisten und die Musikwelt vor den Kopf. Unzählige Male erfindet er sich neu.

Zweite Rückblende: Dylan beginnt 1961 im New Yorker Greenwich Village als Wandergitarren-Protestsänger der Gegenkultur, als „ungewaschenes Phänomen“, wie ihn Folkqueen Joan Baez einmal genannt hat. Der Durchbruch kommt 1963 mit dem Lied „Blowin’ In The Wind“. Wütende Songs wie „Masters Of War“ oder „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“ entstehen. Die Rolle des Akustik-Folk-Idols mag Dylan aber ebenso wenig annehmen wie die des politischen Vorkämpfers.

Hipster-Dichter mit Sonnenbrille

1965 wandelt er sich zum von einer lauten Rockband begleiteten Hipster-Dichter mit Sonnenbrille und Polka-Dots-Hemden – textlich beeinflusst von den französischen Symbolisten, musikalisch beeinflusst von den Beatles, den Stones oder den Byrds. Mit „Bringing It All Back Home“, „Highway 61 Revisited“ und „Blonde On Blonde“ veröffentlicht Dylan 1965/66 Folkrock-Schlüsselwerke, die bis heute in kaum einer Liste der besten Pop-Alben aller Zeiten fehlen.

Die 70er- und 80er-Jahre sind von der Suche nach Religion und Spiritualität geprägt. Dylan, der Wanderprediger. Die Trennung von seiner Frau Sara veranlassen in zu Alben wie „Blood On The Tracks“ und „Desire“ – und zu fast rastlosen Tourneen.

Zehn Grammys

Ende der 90er-Jahre schaltet Dylan nochmal einen Gang hoch. Sein Album „Time Out Of Mind“ von 1997 bringt ihm für das beste Album einen seiner zehn Grammys ein – das vom U2-Produzenten Daniel Lanois produzierte Werk gilt inzwischen als Klassiker und bereitet gewissermaßen den Boden für ein Alterswerk, das durchaus noch relevante Musik hervorbringt.

Dylan gibt zwischen 1997 und heute sage und schreibe 2.221 Konzerte. Die letzte Inkarnation: Der Troubadour, der Fahrensmann des Rock & Roll. Und er spielt und spielt und spielt. Forever young eben.

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