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Chronist der Geschichte

Kriegsgreuel der Nazis prägten sein Werk: Zum Tod des Karlsruher Malers Rolf Zimmermann

Der Gemäldezyklus „In Polen 1942“ von Rolf Zimmermann über die Verbrechen der SS gehört zur Sammlung des Yad Vashem Museums in Jerusalem. Jetzt ist der Maler in Karlsruhe gestorben.

Maler Rolf Zimmermann in seinem Atelier
Rolf Zimmermann war bis ins hohe Alter künstlerisch tätig. Jetzt starb der 73-Jährige in Karlsruhe. Foto: Alfred Knecht

Die nationalsozialistische Herrschaft und der Holocaust waren prägende Themen der jungen Bundesrepublik, auch wenn in den ersten Jahrzehnten die Erinnerung daran oft verdrängt wurde.

Persönliche Betroffenheit durch die Tatsache, dass ein Familienmitglied beteiligt war an den Kriegsgreueln der Nazis, prägte das Werk des Malers Rolf Zimmermann, der 1948 in Murg geboren wurde, an der Karlsruher Kunstakademie studierte und anschließend in Pforzheim, Stuttgart und Karlsruhe Lehraufträge innehatte.

Ausgangspunkt für seinen wichtigsten, innerhalb von drei Jahren ab 1989 entstandenen Zyklus „In Polen 1942“ waren Erinnerungsfotos seines Onkels Franz, der an der Ermordung von Juden und polnischen Zivilisten als SS-Soldat beteiligt gewesen war.

Aufnahme in die Sammlung des Yad Vashem Museums in Jerusalem

In akribischen Recherchen legte Rolf Zimmermann das Wissen um die Beteiligung der Wehrmacht offen. Er wies nach, dass das, was als unschuldiges Erinnerungsfoto daherkommt, den Hinweis auf die dahinterliegenden Grausamkeiten eröffnen vermag.

Auf Basis der Fotografien erhebt Rolf Zimmermann Anklage und legt Zeugnis ab. Auf eine Ästhetisierung wird durch die eingeschränkte Farbwahl und die stark aufgerauten, fleckig-vernarbten Oberflächen weitgehend verzichtet, das dokumentarische Element der Werke überwiegt.

Zimmermann leistet mit den zehn Gemälden, denen zehn Zeichnungen vorangegangen waren, Trauerarbeit – auch jenseits der eigenen Familiengeschichte –, indem er die Schrecken des Krieges thematisiert und somit in der Tradition von Goyas „Desastres de la guerra“ steht. Nur folgerichtig ist die Aufnahme der Werke in die ständige Sammlung des Yad Vashem Museums in Jerusalem.

Mit dem anschließenden Zyklus „Asyl“ blieb sich Zimmermann thematisch treu. Aber jenseits der persönlichen Familiengeschichte ging es nun um das menschliche Verhalten im Allgemeinen, um Vorurteile dem Fremden gegenüber, um sich das Leben zu erleichtern.

Rolf Zimmermann in Wahlheimat Karlsruhe gestorben

In seinen letzten Jahren setzte er sich in akribischen Alltagsstudien mit der Wirkung von Gegenständen wie Papiertüte, Avokadokern oder Joghurtbecher auseinander, die gleichberechtigtes Zeugnis der Vergänglichkeit ablegen.

Mit gestischen Pinselstrichen erzählte er zudem vom Licht- und Schattenspiel, von der Vielgestalt der Formen des Lebens, das uns umgibt. Diese verlässliche Genauigkeit, der unerbittliche Wille, hinter das Wesen der Dinge zu blicken, aufzudecken, um im besten Sinne Zeugnis unserer Zeit in all ihren Facetten abzulegen, hat Rolf Zimmermann ausgezeichnet.

Er wurde mit etlichen Preisen geehrt, darunter zweimal mit einem Stipendium der Karl-Schmidt-Rottluff-Stiftung. Er war „begeisterungsfähig für seine Kunst, das heißt im Umkehrschluss, er hat auf alles verzichtet, um Kunst zu schaffen, hat in den letzten Jahren sehr zurückgezogen und bescheiden gelebt“, so sein Galerist und langjähriger Wegbegleiter Alfred Knecht. Rolf Zimmermann starb, wie jetzt bekannt wurde, am vergangenen Sonntag im Städtischen Klinikum seiner Wahlheimat Karlsruhe.

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