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Letzte Moderation des „heute-journal“

ZDF-Moderator Claus Kleber tritt ab: Heute gendert er – früher erntete er den Preis als Frauenfeind

Mit 66 Jahren macht er Schluss: Chef-Moderator Claus Kleber verlässt nach rund 19 Jahren das „heute-journal“. Er gilt als bestbezahlter deutscher Nachrichtenjournalist. Als Frauenfreund und Wegbereiter der geschlechtergerechten Sprache gilt er neuerdings auch.

Der „heute-journal“-Moderator Claus Kleber geht in den Ruhestand.
Souveräne Gelassenheit und Seriosität gelten als sein Markenkern: Claus Kleber, der Moderator des ZDF-„heute-journal“, gibt am 30. Dezember seinen Job als angeblich bestbezahlter deutscher Nachrichtenjournalist auf. Foto: Thomas Frey/dpa

Ob Claus Kleber seinen Zuschauern zum Abschied noch einmal einen gehörigen Schrecken einjagt? So wie im April 2019, als er urplötzlich die Angst vor einem dritten Weltkrieg schürte?

„Guten Abend, zu Wasser und zu Luft sind heute Nacht amerikanische, deutsche und andere europäische Verbündete unterwegs nach Estland, um die russischen Verbände zurückzuschlagen, die sich dort, wie vor einigen Jahren auf der Krim, festgesetzt haben.“

Mit diesen Worten moderierte der „Ankermann“ des ZDF-„heute-journal“ einen Beitrag über die Nato an. Kleber erlöste sein Publikum zwar rasch und schob nach, das sei nur eine Vision, wenn auch eine realistische: „So etwa müsste nämlich im Ernstfall die Antwort der Nato aussehen auf einen Angriff auf das Territorium eines ihrer Mitgliedsstaaten. Und sei er so klein wie Estland.“

Empörung über „Geschmacklosigkeit“

Doch die Wellen der Empörung schlugen hoch. Der Vorwurf der „Geschmacklosigkeit“ war noch einer der mildesten, den sich das ZDF und ihr „Frontmann“ gefallen lassen mussten.

An diesem Donnerstag, 30. Dezember, wird Kleber zum letzten Mal das „heute-journal“ moderieren. Mit 66 Jahren macht er Schluss – der angeblich bestbezahlte aller deutschen Nachrichten-Moderatoren.

Kleber-Fan oder Slomka-Anhänger? Die Star-Moderatoren bedienen zwei Lager

An die gezielte Falschmeldung vom Militärvormarsch dürften sich wenige der Millionen „heute-journal“-Stammkunden erinnern. Kleber gilt vielen von ihnen nicht im Geringsten als Provokateur, sondern vielmehr als Verkörperung des seriösen Journalismus.

Einer, der Orientierung gibt, nachhakt – und zugleich souveräne Gelassenheit zeigt. Wobei das Publikum auch gespalten ist. Das zeigt sich gerade im Vergleich mit der jüngeren Kollegin Marietta Slomka.

Die "heute-journal"-Moderatoren Marietta Slomka und Claus Kleber stehen am 20.12.2017 im ZDF-"heute"-Studio in Mainz (Rheinland-Pfalz). (zu dpa "Claus Kleber und Marietta Slomka sehen sich als Anwälte der Zuschauer" vom 26.12.2017) Foto: Thomas Frey/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++
Sie bedienen unterschiedliche Fan-Lager: Marietta Slomka und Claus Kleber wechseln sich als Hauptmoderatoren beim „heute-journal“ ab. Ihr Stil und Temperament ist bisweilen gegensätzlich. Foto: Thomas Frey /dpa

Zu „verbissen“ und „emotional“ wirkt sie bisweilen auf Kleber-Anhänger. Mancher Slomka-Fan hingegen findet den Herrn Kleber zu „lasch“. Die beiden Hauptmoderatoren stehen für verschiedene Epochen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Als der promovierte Jurist Kleber in den 80er-Jahren dort anheuerte, war es noch eine Domäne der weißen Männer.

Heute sind die bekannten Gesichter der Nachrichtensendungen häufig weiblich – und die Teams multikulturell gemischt. „Da stelle ich als Vater von zwei Töchtern mit großer Freude fest, dass die Frauen das inzwischen fast dominieren“, bekannte Kleber.

Gundula Gause schwört auf den Chef

Mit seiner Co-Moderatorin Gundula Gause scheint er sich geradezu prächtig zu verstehen. Dass die beiden plaudern, scherzen und verschwörerisch lachen, sobald die Mikros aus sind und der Abspann läuft, gehört zum Ritual. Was wird da getuschelt?

Ach, meist gehe es um die aktuelle Sendung, verriet Kleber dieser Tage der Deutschen Presse-Agentur: „Es ist auch schon vorgekommen, dass wir uns darüber amüsiert haben, noch im Schaufenster zu stehen, obwohl wir nichts mehr zu sagen haben: ‚So, jetzt werden sich wieder alle fragen, worüber wir sprechen.“ Gause beteuerte öffentlich, das Duo habe noch nie Krach gehabt. Es sei „eine Freude, an seiner Seite arbeiten zu dürfen“.

Der Moderator Claus Kleber im Gespräch mit dem 44. Präsidenten der USA (2009 - 2017) Barack Obama. Er ist einer der bekanntesten Nachrichtenjournalisten Deutschlands und hört nun auf. (zu dpa Interview Claus Kleber: «Wir müssen diesen härteren Test aushalten») +++ dpa-Bildfunk +++
Im Gespräch mit den Großen der Weltpolitik: Claus Kleber interviewt im „heute“-Studio Barack Obama, den 44. Präsidenten der USA. Foto: Torsten Silz/dpa/ZDF

Der Gentleman Claus Kleber brockte sich allerdings auch schon den Ruf eines Frauenfeindes ein. Ein Interview mit Schauspielerin Maria Furtwängler ist schuld daran.

Die „Tatort“-Kommissarin präsentiert in dem Gespräch eine Studie zur Film und Fernseh-Branche: Frauen seien nur halb so oft zu sehen wie Männer. Und oft auch nur Frauen bis zum Alter von 30 Jahren.

Was Sie wollen, ist eigentlich: das Publikum umerziehen.
Claus Kleber, im umstrittenen Furtwängler-Interview

Die Reaktion des Nachrichten-Mannes ist keine Glanzleistung, wie jeder in der Mediathek nachschauen kann: Hollywood und die großen deutschen Sender würden sich doch gewiss umstellen, „wenn das Publikum etwas anderes sehen wollte“, erklärt Kleber – und unterstellte Furtwängler: „Was Sie wollen, ist eigentlich: das Publikum umerziehen.“

Dafür erhält er 2017 prompt die „Saure Gurke“ – den Anti-Preis für frauenfeindliche Fernsehbeiträge. Die Annahme verweigert Kleber. Verblüfft registrieren die Zuschauerinnen wenige Jahre später, dass sich Kleber plötzlich an die Spitze einer ursprünglich feministischen Bewegung setzt: Er gendert als einer der Ersten im ZDF. Kleber sagt „Chefärzt – innen“ oder „Fernfahrer – innen“, spricht das Gendersternchen als kurze Pause.

ZDF-Nachrichtenmoderator Claus Kleber kommt mit seiner Ehefrau Renate Grziwok am 26.02.2013 zur Verleihung des Deutschen Medienpreises 2012 in das Kongresszentrum Baden-Baden (Baden-Württemberg). Foto: Uli Deck/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++
Auftritt mit Ehefrau: Renate Grziwok begleitet den Nachrichten-Moderator 2013 zur Party des Deutschen Medienpreises 2012 nach Baden-Baden. Foto: Uli Deck / dpa

Damit sich Frauen und alle Geschlechter mitgemeint fühlen. Er mache das „nicht mit religiösem Eifer“, erklärte Mister „heute-journal“ – aber eben in Fällen, in denen es eine Erkenntnis bringe. Überhaupt gebe er sich große Mühe, Frauen zu achten und Macho-Gehabe zu vermeiden.

Wenig Promi-Klatsch und 40 Ehejahre mit der Tochter eines Fußballers

In Klebers Familie sind Frauen in der Überzahl. Mit der Ärztin Renate Grziwok hat er zwei erwachsene Töchter.

Verheiratet ist das Paar seit fast 40 Jahren. In Boulevard-Blättern und in Social-Media-Netzwerken breitet Kleber kaum Privates aus. Gelegentlich gibt es Fotos des Ehepaars auf einem Roten Teppich: beide in dezenter, klassischer Kleidung, beide mit natürlich angegrautem Haar.

Beim Namen Grziwok klingelt es bei ausgewiesenen Fußballkennern: Klebers Schwiegervater ist der frühere Fußballer Lothar Grziwok, der in der Nachkriegszeit für die Stuttgarter Kickers und den FC Bayern spielte.

Der Fernsehmann ist Jurist mit Doktortitel

Nachrichtenmann Kleber hatte vor dem Journalismus auf Jura gesetzt. Er machte seinen Doktor, arbeitete einige Zeit als Wirtschaftsanwalt, ehe er ganz in die Medienbranche wechselte.

Schon als Schüler schrieb der Sohn eines Luft- und Raumfahrtingenieurs jedoch für den Kölner Stadt-Anzeiger. Als Student jobbte er für den Südwestfunk, unter anderem in Baden-Baden. Spätere Karriere-Stationen bei der ARD: Studioleiter in Washington und London.

Von den Terroranschlägen des 11. September 2001 berichtet er live aus den USA. 2003 wechselt er die Seiten und übernimmt das ZDF-Nachrichtenjournal.

Um ein Haar springt er auch dort wieder ab: Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ macht ihm 2007 ein sehr verlockendes Angebot: Chefredakteur soll der Fernsehmann werden. Das ZDF versüßt ihm das Bleiben.

Vereitelte ein sagenhaftes Gehalt von 480.000 Euro seinen Wechsel zum „Spiegel“?

Ein Vertrag als freier Moderator mit dem sagenhaften Jahresgehalt von 480.000 Euro soll Kleber damals bekommen haben – so will es die Süddeutsche Zeitung herausgefunden haben: „Kleber ist der bestbezahlte Moderator in der Geschichte deutscher Nachrichtensendungen und verdient mehr als der ZDF-Intendant.“ Inzwischen ist von 600.000 Euro die Rede – was Kleber allerdings dementiert.

Ein echter Vollblut-Journalist und Reporter – und obendrein ein feiner Kerl.
Claus Kleber über seinen Nachfolger Christian Sievers

Wie sein Nachfolger wohl verhandelt hat? Christian Sievers (52) übernimmt nun im Wechsel mit Slomka die Hauptrolle abends um 21.45 Uhr. Grandseigneur Kleber bejubelte die Personalentscheidung auf Twitter: „Ich freue mich. Besser hätte es nicht laufen können. Ein echter Vollblut-Journalist und Reporter – und obendrein ein feiner Kerl.“

Gut möglich, dass Sievers bald mal Beiträge seines Vorgängers anmoderiert: Denn, Dokumentarfilme will der Rentner Kleber weiterhin drehen. Er spart sich jetzt nur Interviews mit Politikern wie Olaf Scholz, der nur Standard-Aussagen „abspult“ – so viel offene Kritik am Kanzler erlaubt sich Mister Nachrichten kurz vor seinem Abtritt.

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