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Gewinn durch Schulden

Mit Negativzinsen Geld verdienen: Karlsruhe schaffts - Pforzheim und Rastatt zahlen Strafzinsen

Mit Schulden Geld verdienen: Klingt wie die Einleitung zu einem großangelegten Betrug. Doch Negativzinsen machen es möglich. Im Karlsruher Rathaus hat man den Dreh dazu offenbar schon gefunden. Andernorts tun sich die Kämmerer noch schwer.

Geld für Schulden: In Zeiten von Negativzins könnten Kommunen ihre Schulden nutzen, um Geld zu verdienen, sagt ein Experte. Karlsruhe macht es vor, wenn bislang auch in bescheidenem Rahmen.
Geld für Schulden: In Zeiten von Negativzins könnten Kommunen ihre Schulden nutzen, um Geld zu verdienen, sagt ein Experte. Karlsruhe macht es vor, wenn bislang auch in bescheidenem Rahmen. Foto: Imago

Negativzinsen belasten die Kommunen. Doch ein Blick in die Karlsruher Stadtkasse zeigt, dass man mit den eigenen Schulden auch Geld verdienen kann. Immer mehr Städte und Gemeinden müssen Strafgeld zahlen, weil sie zu viel Geld auf dem Konto haben.

So zahlte Pforzheim im vergangenen Jahr 300.000 Euro an seine Hausbank, der Landkreis Rastatt etwa 95.000 Euro und die Stadt Bruchsal rund 20.000 Euro. Der Landkreis Karlsruhe konnte die Strafgebühr durch geschicktes Wirtschaften gerade noch umgehen.

Geld fließt nicht schnell genug vom Konto

Doch die Stadt Karlsruhe bilanziert ihr Zinsmanagement im Plus. Sie erwirtschaftete mit aufgenommenen Kassenkrediten mehr Zinsgutschriften, als sie Negativzinsen für angelegtes Geld bezahlen musste.

Eigentlich sind Kommunen dafür bekannt, dass sie eher zu wenig als zu viel Geld haben. Doch Zuschüsse und Ausgleichsmittel spülen immer wieder recht kurzfristig Geld aufs Konto, das dann nicht schnell genug in die vorgesehenen Projekte fließt.

Da oft Millionensummen umgesetzt werden, gehen auch die freundlich „Verwahrentgelt“ genannten Strafzinsen schnell in die Tausende.

Weil Negativzinsen aber nach beiden Seiten wirken, könnten die Kommunen ihre Schulden auch nutzen, um Zinsgutschriften zu kassieren. Das ist nicht ganz einfach, aber in Karlsruhe scheint es zu funktionieren.

Karlsruher Kämmerer holt sich das Geld zurück

So bestätigt die Pressestelle der Stadt auf Nachfrage, man habe durch „unterjährig notwendige Kassenkredite“ mehr Geld in Form von Zinsgutschriften erhalten, als man andererseits an Negativzinsen fürs Guthaben zahlen musste

Mit etwas mehr Mut könnten auch andere Kämmerer aus der Zinssituation Profit schlagen anstatt drauf zu zahlen. Das jedenfalls sagt Albert Gessner vom Bundesverband öffentlicher Zinssteuerung in München.

Kommunen agieren vorsichtig

Gessner und sein Verband sind da, um Kommunen bei Fragen rund um Zinsen und Kreditsicherung zu beraten und die Kämmerer zu schulen. Und er rät, Kredite offensiv dort aufzunehmen, wo der Schuldner von Negativzinsen profitiert.

„Tatsache ist, dass es eine ganze Reihe von Banken gibt, die die Aufnahme von Krediten belohnen“, sagt Gessner. Er empfiehlt den Kommunen, diese Angebote bei Neukrediten oder Umschuldungen anzunehmen. Doch Kämmerer sind vorsichtig agierende Menschen.

Konrad Weber, Finanzchef in Pforzheim, sagt, seine Stadt, die wegen ihrer Geldprobleme unter der Finanzaufsicht des Regierungspräsidiums steht, habe in den vergangenen drei Jahren keine Kredite mehr aufgenommen.

Bei Umschuldungen habe man zuletzt 30 Jahre lang festgeschriebene Konditionen zu einem Zinssatz von 1,1 Prozent angenommen. Von Negativzinsen zu profitieren sei da nicht möglich.

Der Finanzdezernent des Landkreises Karlsruhe, Rognar Watteroth, sagt, es müsse schon sehr passgenau ein Darlehen auslaufen, um auf Negativzinsen umzuschulden. „Wir haben uns sehr langfristig finanziert. Deshalb kommt das bei uns derzeit nicht in Frage.“

Ausländische Banken kommen nicht in Betracht
Kevin Johann, Kreiskämmerer Rastatt

Kevin Johann ist Chef der Kreiskasse im Landratsamt Rastatt und ihm wurden nach eigenen Angaben bei der letzten Umschuldung keine Kredite zu Negativzinsen angeboten.

Jedenfalls nicht von den Kreditinstituten, die er angefragt hatte. Er räumt aber ein: „Ausländische Banken kommen für uns nicht in Betracht.“

Risiko liegt bei der Bank

Diese Vorsicht ist nach Ansicht von Berater Albert Gessner aber überflüssig. „Kommunen scheuen sich, Geld bei ausländischen Banken aufzunehmen. Aber wo könnte das Risiko für die Kommune liegen? Sie gibt ja kein Geld aus, sondern nimmt es. Das Risiko liegt ganz bei der Bank.“

Natürlich, so Gessner, müsse sich ein Kämmerer auch die Bank anschauen, bei der er einen Kredit aufnimmt. „Ich würde jetzt keine iranische Bank empfehlen. Aber das hat ausschließlich politische Gründe.“

Die Kommunen haben Angst vor der eigenen Courage
Albert Gessner, Bundesverband öffentlicher Zinssteuerung

Wirtschaftlich spreche nichts dagegen einen Kassenkredit von einem ausländischen Institut aufzunehmen. „Die Kommunen haben da Angst vor der eigenen Courage. Es besteht keinerlei Ausfallrisiko.“

Eine Lösung für zögerliche Kämmerer könnte die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bieten. Die Bank des Bundes will ab April Kommunen mit Darlehen versorgen, die keinen Zins kosten, sondern Geld einbringen.

KfW bietet ab April Darlehen mit Zinsgutschrift

„Als Förderbank des Bundes haben wir natürlich beste Bewertungen und wollen diese günstigen Konditionen, die wir bekommen, auch weiter geben“, erklärt KfW-Sprecherin Alia Begisheva.

Weil die Computerprogramme mit Negativzinsen bislang nicht umgehen konnten, habe es etwas gedauert, aber spätestens im April werde es Kredite mit Bonus geben.

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