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Chaos wird immer größer

Vom Bündnis bedrängt: Wellenreuther deutet Rücktritt als KSC-Präsident an

Beim KSC nimmt das Chaos immer größere Dimensionen an. Der amtierende KSC-Präsident fühlt sich vom sogenannten "Bündnis KSC" erpresst. Seinen Rücktritt, den die inzwischen teilweise namentlich bekannte Gruppe an Investoren einforderte, stellte Wellenreuther unter Bedingungen in Aussicht.

KSC-Präsidentschfts-Kandidat Martin Mueller (rechts) gratuliert KSC-Präsident Ingo Wellenreuther zum Wahlsieg.
KSC-Präsidentschfts-Kandidat Martin Mueller (rechts) gratuliert KSC-Präsident Ingo Wellenreuther zum Wahlsieg. Foto: GES/Edith Geuppert

Beim KSC nimmt das Chaos immer größere Dimensionen an. Der amtierende KSC-Präsident fühlt sich vom sogenannten "Bündnis KSC" erpresst. Seinen Rücktritt, den die inzwischen teilweise namentlich bekannte Gruppe an Investoren einforderte, stellte Wellenreuther unter Bedingungen in Aussicht. Derweil hat Vize-Präsident und Geldgeber Günter Pilarsky seine Neutralität in der Sache betont und sein gutes Verhältnis zu Martin Müller bekräftigt.

Wie jemand, der aus dem Hintergrund eine „freundliche Übernahme“ beim Karlsruher SC orchestriert, klang Martin Müller am Freitagmittag nicht. Eher wie einer, der sich von Ambitionen als Clubfunktionär und Geldgeber distanziert hat.

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Mit dem „Bündnis KSC“ habe er nichts zu tun, beteuerte Müller, der im Herbst 2019 bei der Präsidentenwahl dem Amtsinhaber Ingo Wellenreuther knapp unterlegen war. Da sei „nichts dran“, versicherte er. Und: „Nur weil ich es gewagt habe, einmal gegen den Herrn Wellenreuther anzutreten letztes Jahr, muss ich jetzt nicht jedes Mal als Feindbild herhalten. Ich möchte einfach meine Ruhe haben.“

Wer also steckt hinter dem „Bündnis“, das anbietet, dem KSC durch Aktienkäufe im Umfang von sechs Millionen Euro eine Zukunft ohne Insolvenz-Szenario zu spendieren, so der KSC-Präsident und Beiratsvorsitzende Ingo Wellenreuther zeitnah zurücktritt?

Rätsel über Firmen hinter dem Bündnis teils gelöst

Dieses Rätsel löste sich am Nachmittag in Teilen auf. Da rührte sich die vom Bündnis eingebundene Kanzlei Caemmerer Lenz. „Im Zuge der Transparenz hat sich das Bündnis heute dazu entschieden, einen Teil seiner Mitglieder namentlich zu benennen“, hieß es in einer Mitteilung. Und – siehe da: Müllers GEM Ingenieursgesellschaft fand sich ebenso darunter wie Hettmansperger Bohrgesellschaft (Ötigheim), Roland Weiss (Baden-Baden), Pasta Nuova GmbH (Graben-Neudorf), Artus Gruppe (Baden-Baden) und die WIFO (Rheinstetten).

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Michael Becker, der Geschäftsführer der KSC GmbH & Co KGaA, der Verhandlungen mit dem Bündnis bestätigte, hatte sich zuvor bedeckt gehalten. Dass Müller dem Bündnis doch nicht so fern steht wie er suggeriert hatte, deckte sich mit Günter Pilarskys Kenntnisstand.

Welchen Blick er als Gläubiger und Vize-Präsident auf das Angebot hat? „Ich halte mich neutral. Es ist die Entscheidung des Präsidenten, ob er darauf eingeht oder nicht. Ich verstehe mich mit Herrn Müller gut und habe mich ja auch im Wahlkampf im vergangenen Jahr neutral verhalten.“

Rücktritt bis Sonntagmittag gefordert

Bis Sonntagmittag, so sieht es das neue Ultimatum des Bündnisses nach BNN-Informationen vor, soll Wellenreuther zurücktreten. Die erste Frist hatte er am Donnerstag verstreichen lassen, worauf die Unternehmergruppe – da noch anonym – mit ihrem Angebot an die Öffentlichkeit ging.

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Der SWR berichtete am Freitag, dass der Aufsichtsrat der GmbH & Co KGaA die Vereinsführung dazu aufgefordert habe, das Angebot des Bündnisses anzunehmen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Grenke war für eine Stellungnahme am Freitagabend zunächst nicht erreichbar.

Wellenreuther verschickte seinerseits am Freitagabend eine Erklärung. Nicht mehr unter KSC-Briefkopf, sondern über eine Kanzlei aus Düsseldorf. Unter anderem heißt es darin, dass er vom „Bündnis KSC“ dazu aufgefordert worden sei, „den Rücktritt „am 14.05.2020, also am Vortag der außerordentlichen Mitgliederversammlung des KSC e.V., in einer im Vorfeld mit dem Bündnis abgestimmten Videobotschaft dem Mitgliedern und der Öffentlichkeit bekannt zu geben“.

Für Wellenreuther steht das Wohl des Vereins an erster Stelle

Weiter bestätigte Wellenreuther in der Erklärung das ursprüngliche Ultimatum, dass er am 7. Mai „bis spätestens 17.30 Uhr“ zurückzutreten sollte. Wellenreuther erklärte: „Oberste Prämisse in meiner Funktion als Präsident des KSC war und ist es stets, dass das Wohl des Vereins an erster Stelle zu stehen hat. In diesem Sinne wäre ich grundsätzlich auch bereit, zum Wohle des KSC mein Amt als Präsident niederzulegen, wenn dies die Voraussetzung dafür wäre, dringend benötigte und anderweitig nicht rechzeitig zu erlangende finanzielle Mittel für den KSC zu erhalten und ein geeigneter Nachfolger bereit stünde. Einen solchen Schritt behalte ich mir zum Wohle des KSC ausdrücklich vor, obwohl ich erst vor knapp einem halben Jahr in einer demokratischen Wahl von Mitgliedern des KSC zum vierten Mal in zehn Jahren zum Vereinspräsidenten gewählt worden bin.“

Eine Amtsniederlegung widerspräche dem auf der letzten MGV des KSC zum Ausdruck gebrachten Mehrheitswillen. Sie könne deshalb nur in Frage kommen, wenn sämtliche gewählte Gremien des e.V. und seiner Tochtergesellschaften die Prüfung ermöglicht wird, welche Personen und Unternehmen Anteile an der GmbH & Co KGaA erwerben wollen.

Es ist die Entscheidung des Präsidenten, ob er darauf eingeht oder nicht.
Günter Pilarsky, Vize-Präsident des KSC

Im Gespräch mit dem BNN bezeichnete es Pilarsky als nachrangig, wie sich er und die KGaA hinsichtlich der von ihm gewährten Besserungsscheinen im Volumen von um die zehn Millionen Euro einigen werden. Nicht unwichtig, denn: Um die Insolvenz zu vermeiden, müsste sich der KSC mit seinen Hauptgläubigern einigen.

Mit dem Rechtehändler Michael Kölmel bahnt sich eine Lösung an. Nach Informationen dieser Zeitung ist ein Vergleich vorbereitet, wonach der KSC den Kölmel-Vertrag durch Anteilsverkäufe und gegen Besserungsscheine in einem reduzierten Volumen (bislang an die zwölf Millionen Euro) über eine Laufzeit von zehn Jahren ablösen könnte. Zudem muss der KSC mit dem Vermarkter Lagardère einen Weg finden.Mit dem ehemaligen Partner streitet er sich vor dem OLG Karlsruhe in zweiter Instanz.

Der KSC beantwortete auf seiner Internetseite nun einen Katalog an Fragen, der die Mitglieder vor der außerordentlichen Versammlung am kommenden Freitag orientieren soll. Unter anderem festgehalten ist: „Die wirtschaftlichen Altlasten der KSC GmbH & Co. KGaA, das heißt, Forderungen, die ursprünglich beim KSC e.V. begründet wurden, würden wegen der sogenannten Nachhaftung den KSC e.V. treffen und diesen vermutlich in die Krise stürzen.“ In der Insolvenz des e.V. wären die Fananleihen „als nachrangige Forderungen ebenfalls insolvenzverfangen“.

Nach BNN-Informationen hatte der Beirat die Unternehmensbewertung zwischenzeitlich von 60 Millionen auf 50 Millionen Euro korrigiert. Den Preis der KSC-Aktie drückte das von 24 auf um die 20 Euro. Wie das Verhältnis zwischen Wellenreuther und Becker sei, war eine Frage aus Mitgliederkreisen, die nun beantwortet wurde: „Beide bemühen sich derzeit im vereinten Teamplay um die Sanierung des Clubs“, heißt es auf der Homepage.

Becker erfuhr jüngst Rückendeckung des Aufsichtsrats und von Karlsruhes OB Frank Mentrup. Sollte der KSC in ein Insolvenzverfahren eintreten, würde das nach internen Erwartungen Kosten (unter anderem für die Rechtsberatung) von bis zu zwei Millionen Euro verursachen.

Michael Steidl äußert sich erstmals

Erstmals äußerte sich der Verwaltungsratsvorsitzende Michael Steidl auf Nachfrage dieser Zeitung zum Befangenheitsantrag, den sein Verwaltungsratskollege Boris Liffers, ein Vertrauter Müllers, an den Ehrenrat adressiert hatte. Der Vorwurf darin: Steidl soll eine wirtschaftliche Abhängigkeit zu Pilarsky eingegangen und daher in seinem Abstimmungsverhalten im Beirat nicht unbeeinflusst sein.

„Es ist richtig, dass ich im Jahr 2014 ein privates Darlehen von Günter Pilarsky erhalten habe. Dabei handelte es sich um einen Kleinbetrag. Daraus eine Abhängigkeit beziehungsweise eine Befangenheit konstruieren zu wollen, ist widersinnig“, sagte Steidl und verwies darauf, dass der Ehrenrat nach Prüfung zum selben Ergebnis gekommen war.

Mit seinem Abstimmungsverhalten hatte Steidl zuletzt mitgetragen, dass der Beirat eine tiefere Prüfung des Planinsolvenz-Szenarios beschloss. In der Kanzlei Wellensiek war eine zweite Rechtsberatung eingebunden worden, die seither die Vorbereitung der außerordentlichen Mitgliederversammlung begleitet. Diese ist für nächsten Freitag als Online-Versammlung geplant.

Die Mitglieder erhielten Zugangsdaten für die Teilnahme und sollen darüber abstimmen, ob ein Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit für die KSC GmbH & Co KGaA gestellt werden soll.

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