Skip to main content

Meinung

von Erika Becker

Zinserhöhung der EZB

Der Zinsgipfel ist erreicht

Nicht alle sind wegen der schwachen Lage der Konjunktur von der nächsten Leitzinserhöhung der EZB überzeugt. Doch sie ist wichtig und richtig.

Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), fordert eine Straffung der Geldpolitik.
Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), verteidigt die zehnte Erhöhung des Leitzinses in Folge. Foto: Michael Matthey/dpa

Es war keine leichte Entscheidung, die der EZB-Rat zu treffen hatte, und sie fiel folgerichtig nicht einstimmig aus. Gerade aus deutscher Sicht wird die zehnte Erhöhung der Leitzinsen in Folge von großer Kritik begleitet.

Die Wirtschaft schrumpft, die Lage wird punktuell bereits heikel, auch in unserer von stabilem Mittelstand und großer Schaffenskraft geprägten Region. Gerade diese Woche erst wurde wieder deutlich, wie radikal die Zinswende den Absturz bei privaten Bauvorhaben verstärkt hat.

Dem voraus ging jedoch eine Welle von Preissteigerungen, die als Auslöser des aktuellen Übels wirkten. Engpässe am Ende der Corona-Krise verursachten regelrechte Preisexplosionen, egal ob Holz, Stahl, Papier, Kupfer, Bitumen oder Elektronikbauteile. Dazu kam die durch Russland ausgelöste Energiekrise.

Das Gespenst der Hyperinflation war wieder da

In der Folge stiegen auch die Verbraucherpreise zweistellig. Vor allem die Haushalte mit schmaleren Geldbeuteln leiden darunter nach wie vor.

Das Gespenst der Hyperinflation, das Deutschland vor genau hundert Jahren mit all seinen verheerenden politischen Folgen in die Zange nahm, gewann wieder an Präsenz. Das Trauma der millionenfachen Geldentwertung sitzt noch Generationen später in den Knochen.

Doch anders als in der Weimarer Republik bekam die Eurozone die Lage durch einen Schwenk der Zinspolitik in den Griff. Unter anderem durch das späte, aber entschiedene Eingreifen der EZB seit Juli 2022 hat sich die Lage beruhigt; der weitere Anstieg wurde gestoppt.

Aber die Inflation erweist sich als „hartnäckiges Biest“, wie es Bundesbankpräsident Joachim Nagel jüngst ausdrückte: Sie hat sich in Deutschland auf dem höheren Niveau von etwa sechs Prozent festgesetzt, EU-weit über fünf Prozent. Das ist noch nicht genug, um eine Zinspause einzulegen, wie von vielen jetzt gefordert worden war.

Die Zentralbank der 20 Euro-Staaten hat sich glasklar dem Ziel der Preisstabilität verschrieben. Eine Inflationsrate von zwei Prozent ist nach wie vor ihre Maßgabe. Die Beharrlichkeit in diesem Punkt, die klare Linie von EZB-Präsidentin Christine Lagarde lassen Vertrauen in stabile Preise wachsen: Ein zentraler Grundpfeiler, auf dem konjunkturelle Erholung einsetzen kann.

Viel spricht dafür, dass dieses Zinsniveau noch einige Zeit bestehen wird – und dass damit Sparer erstmals wieder die Aussicht haben, ihr Geld zu mehren, statt noch lange real Verluste einzufahren. Das setzt aber voraus, dass Banken und vor allem auch Sparkassen endlich den Sparerinnen und Sparern durch angemessene Zinsen ihr Stück vom Kuchen abgeben – und nicht nur umgehend wieder ihre Dispozinsen erhöhen.

nach oben Zurück zum Seitenanfang