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Alleinreisende sind die Ausnahme

Königsbach-Stein schafft vorausschauend mehr Raum für Flüchtlinge

Aktuell kann die Enzkreis-Kommune noch alle Zugewiesenen unterbringen. In seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat Weichen für eine weitere Flüchtlingsunterkunft gestellt.

In einem Gewerbegebiet in Stein soll ein Gebäude künftig als Unterkunft für Flüchtlinge genutzt werden. Der dafür notwendigen Nutzungsänderung hat der Gemeinderat zugestimmt.
In einem Gewerbegebiet in Stein soll ein Gebäude künftig als Unterkunft für Flüchtlinge genutzt werden. Der dafür notwendigen Nutzungsänderung hat der Gemeinderat zugestimmt. Foto: Nico Roller

Der verfügbare Wohnraum wird immer knapper, während gleichzeitig der Zustrom von Flüchtlingen nicht abreißt. Längst ist deren Unterbringung für die Städte und Gemeinden zu einer großen Herausforderung geworden, auch in der Region.

In Geld kann man nicht wohnen, Geld gibt keine Sprachkurse.
Heiko Genthner
Bürgermeister 

Die Kommunen seien „in keiner einfachen Situation“, sagte Königsbach-Steins Bürgermeister Heiko Genthner (parteilos) am Dienstagabend zu Beginn der jüngsten Gemeinderatssitzung. Dass es nach dem Gipfeltreffen von Bund und Ländern in Berlin nun für die Kommunen mehr finanzielle Unterstützung geben soll, hält der Bürgermeister zwar für einen Schritt in die richtige Richtung.

Aber Genthner sagte auch: „In Geld kann man nicht wohnen, Geld gibt keine Sprachkurse.“ Deswegen hofft der Bürgermeister, dass auf den übergeordneten politischen Ebenen zeitnah Lösungen gefunden werden. Denn er weiß: „Wenn wir es vor Ort nicht mehr stemmen können, dann bekommen wir echte Schwierigkeiten.“

Von solchen ist man in Königsbach-Stein aber zumindest aktuell noch ein ganzes Stück entfernt. Denn im Moment reichen die vorhandenen Kapazitäten der Gemeinde laut Dominik Laudamus noch aus. Der Hauptamtsleiter berichtete in der Gemeinderatssitzung zwar von landesweit weiterhin steigenden Zugangszahlen und erklärte, dass Königsbach-Stein bis Ende Januar per Aufnahmeverpflichtung 20 weitere Personen unterbringen müsse.

Aber er sagte auch, dass diese Zahl noch „kein Problem“ darstelle. Aktuell leben in der Gemeinde insgesamt 141 Personen in der Anschlussunterbringung, etwa die Hälfte von ihnen ist minderjährig. Laudamus sagte, man nehme weiterhin überwiegend Familien auf. In jüngerer Zeit seien auch einige Alleinreisende dabei gewesen, die man in Wohngemeinschaften einquartiere.

Bürgermeister Genthner zeigte sich froh und dankbar, dass die Gemeindeverwaltung nach einer Informationsveranstaltung zur Flüchtlingsunterbringung Anfang Februar viele Angebote zum Kauf und zur Miete von Immobilien erhalten hat. Diese tragen laut Genthner dazu bei, dass man die Aufnahmeverpflichtung aktuell noch erfüllen kann.

Nutzungsänderung ermöglicht weitere Räume

In Zukunft soll in Königsbach-Stein weiterer Wohnraum für Flüchtlinge geschaffen werden – und zwar in einem Steiner Gewerbegebiet. Dort hat die Gemeinde laut Bauamtsmitarbeiter Benjamin Bodemer kürzlich ein Gebäude erworben, das ursprünglich als Einfamilienhaus mit Gewerbeeinheit errichtet wurde. Später war dort laut Bodemer auch die Einrichtung eines Sportstudios genehmigt.

Damit in das Gebäude künftig Flüchtlinge einziehen können, hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig und ohne Diskussion eine entsprechende Nutzungsänderung genehmigt. Das ist nach den aktuellen Regelungen für das Bauplanungsrecht in Gewerbe- und Industriegebieten mit einer Befristung auf maximal drei Jahre zulässig.

Auch in der Bürgerfragestunde erkundigte sich eine Frau nach dem aktuellen Stand bei der Flüchtlingsunterbringung. Rainer Botz dagegen hatte mit Blick auf das im Enzkreis Anfang Juli verhängte Wasserentnahmeverbot eine ganze Reihe von Fragen zur Versorgungssituation in Königsbach-Stein.

Der Vorsitzende der Bürgerinitiative (BIKS) wollte unter anderem wissen, ob es im vergangenen Sommer ein Problem mit der Trink- und Brauchwasserversorgung gegeben hat, ob die Gemeinde in diesem Zeitraum in beiden Ortsteilen noch Reserven übrighatte und wie groß die geförderte Wassermenge in Stein aktuell sei. Dort gibt es eigene Quellen, während in Königsbach das Wasser vom Bodensee aus den Leitungen kommt.

In der Ratssitzung wollte Botz von der Verwaltung wissen, wie groß in Königsbach der Anteil an Bodensee-Wasser ist, den Gewerbe und Industrie für ihre Zwecke in Anspruch nehmen. Zudem fragte er die Gemeindeverwaltung, ob künftig in Stein die Förderung und in Königsbach das Bezugsrecht bei der Bodensee-Wasserversorgung erhöht werden können.

BIKS-Vorsitzender erhebt Vorwürfe zu Gewerbegebietsplanung

Genthner sagte, es handle sich um „komplexe Fragestellungen“, für deren Beantwortung die erforderlichen Unterlagen nicht vor Ort seien. Deswegen will er sie bis zur nächsten Ratssitzung beantworten. Unkommentiert ließ der Rathauschef eine Äußerung von Botz zum Gewerbegebiet „Laier“ am Königsbacher Ortsrand. Das in Teilen der Bevölkerung äußerst umstrittene Vorhaben liegt seit einem entsprechenden Ratsbeschluss seit 2018 auf Eis.

Doch nun behauptete Botz, die Verwaltung verfolge das Thema inzwischen wieder. Weil eine Wiederaufnahme aus seiner Sicht einen Ratsbeschluss voraussetzt, wolle er den Gemeinderat und die Öffentlichkeit darüber informieren, bevor „die Hinterzimmer-Politik wie gewohnt vonstattengeht“.

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