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Großes Interesse an Bürgerversammlung

Nicht alle wollen die Erneuerbaren

Windkraft und Freiflächen-Photovoltaik sind in Königsbach-Stein äußerst umstritten – das zeigte sich zuletzt wieder bei einer Informationsveranstaltung.

Auf großes Interesse ist die Bürgerinformationsveranstaltung am Montagabend gestoßen. In der Königsbacher Festhalle waren fast alle Plätze belegt.
Auf großes Interesse ist die Bürgerinformationsveranstaltung am Montagabend gestoßen. In der Königsbacher Festhalle waren fast alle Plätze belegt. Foto: Nico Roller

Viele inhaltliche Fragen sind zu hören, aber auch unzählige Bedenken und Befürchtungen: Wenn es um das Thema erneuerbare Energien geht, gibt es in der Königsbach-Steiner Bevölkerung unterschiedliche Ansichten: ablehnende und befürwortende, pauschale und differenzierende. Das Interesse an der Bürgerinformationsveranstaltung ist am Montagabend so groß, dass die ursprünglich angesetzten zwei Stunden nicht ansatzweise ausreichen.

Die Reihen in der Königsbacher Festhalle sind gut gefüllt, als dort ein Experte nach dem anderen einen kurzen Vortrag hält. Die Energieingenieurin Beata Sliz-Szkliniarz stellt die Ergebnisse der Potenzialanalyse vor, mit denen sich der Gemeinderat schon Ende Juli befasst hat. Eine der Kernaussagen ist, dass mehr als 60 Prozent des Strombedarfs gedeckt werden könnten, wenn 75 Prozent der infrage kommenden Wohngebäude und alle öffentlichen sowie Industrie-, Handels-, Gewerbe- und Dienstleistungs-Bauten eine Photovoltaik-Anlage (PV) erhielten.

Widerstand gegen Umnutzung landwirtschaftlicher Flächen

Über die Windkraft könnten laut Analyse auf geeigneten Flächen 45 Prozent und auf bedingt geeigneten Flächen sogar rund 180 Prozent des Strombedarfs gedeckt werden. Potenzial für Freiflächen-PV sieht Sliz-Szkliniarz an den Seitenrandstreifen der Bahnlinie, die ökologisch nicht als besonders hochwertig gelten. Auch von landwirtschaftlichen Flächen ist die Rede, doch das stößt bei vielen auf deutlichen Widerstand.

„Energiewende ja, aber nicht auf Kosten der Lebensmittelproduktion und der Landwirtschaft“, sagt Frank Bäuerle, der selbst Landwirt ist und in Wiernsheim im Gemeinderat sitzt. Dort existiert auf einer Fläche von neun Hektar ein Solarpark mit einer Spitzen-Gesamtleistung (auf Englisch peak) von zehn Megawatt. Bäuerle sagt, Grundlage für jegliches Leben seien die Lebensmittel und nicht der Strom. Wobei er betont, dass er gegen Windräder nichts einzuwenden habe. Im Gegensatz zu Jürgen Falkenberg, der vor allem ihre Wirksamkeit infrage stellt.

Energiewende ja, aber nicht auf Kosten der Lebensmittelproduktion und der Landwirtschaft.
Frank Bäuerle
Gemeinderat und Landwirt aus Wiernsheim

Der stellvertretende Vorsitzende der Straubenhardter Bürgerinitiative „Gegenwind“ sagt, die Stromerzeugung in Windkraftanlagen sei „extrem schwankend“ – mit der Folge, dass diese immer ein konventionelles Kraftwerk im Hintergrund bräuchten. Falkenberg berichtet von Phasen, in denen die Windkraft komplett ausfalle. Und von Anlagen, bei denen der Generator abgekoppelt sei, damit sich der Rotor auch bei schwachem Wind drehe und den Eindruck erzeuge, er produziere Strom.

Kritisch sieht Falkenberg auch die Prognosen im Windatlas, die bei bereits existierenden Anlagen deutlich über den tatsächlichen Erträgen lägen. Weitere Anlagen machen aus seiner Sicht keinen Sinn, bevor das Problem der Stromspeicher nicht gelöst ist.

Flächen im Außenbereich von Stein in Richtung Neulingen
Flächen im Außenbereich von Stein in Richtung Neulingen würden sich laut Potenzialanalyse für Windräder eignen. Vier Anlagen wären rein rechnerisch denkbar. Foto: Nico Roller

„Es wird immer nur gesagt, was nicht geht“, hält Angela Gewiese dagegen. Sie sitzt im Straubenhardter Gemeinderat und plädiert dafür, das große Ganze zu sehen. Gewiese ist fest davon überzeugt, dass die Stromversorgung langfristig nur über erneuerbare Energien funktionieren kann. Aussagen, für die sie sowohl mit Applaus bedacht als auch ausgebuht wird.

Emotionen kochen gegen Ende hoch

Nachdem es in der Festhalle die meiste Zeit ruhig zugegangen ist, gibt es gegen Ende immer mehr Zwischenrufe, Unmuts- und Beifallsbekundungen: sowohl von Kritikern als auch von Befürwortern der vorgestellten Technologien.

Die Bürger haben viele Fragen – und erfahren unter anderem, dass PV-Anlagen auf Parkplätzen wegen der aufwendigen „Aufständerung“, die Solarmodule in einem optimalen Winkel zur Sonne bringt, extrem teuer sind und Geothermie auf Wunsch des Gemeinderats nicht in die Potenzialanalyse einbezogen wurde.

Auch Befürchtungen werden geäußert. Etwa in Bezug auf Infraschall und Schlagschatten, die „nicht zu unterschätzende Gefahren für den menschlichen Körper“ seien. Oder in Bezug auf hochgiftiges Gas in Schaltkästen von Windrädern.

Es wird immer nur gesagt, was nicht geht.
Angela Gewiese
Gemeinderätin Straubenhardt

Kritisiert wird auch die Potenzialanalyse, die Risiken der erneuerbaren Energien gezielt ausblende. Weiteres Thema ist das für den Flugverkehr wichtige Drehfunkfeuer bei Wöschbach, das Windkraftanlagen in Königsbach-Stein wegen des Schutzbereichs von sieben Kilometern womöglich einen Riegel vorschieben könnte. Ein Umstand, auf den auch der Landtagsabgeordnete Erik Schweickert (FDP) in einer Pressemitteilung verweist.

Nicht alle vertrauen Nabu und BUND

Kritik gibt es bei der Bürgerinfoveranstaltung zudem an der Rolle von Nabu und BUND, deren Unabhängigkeit mit Blick auf staatliche Zuwendungen infrage gestellt wird. Ein Vorwurf, dem Luca Bonifer allerdings entschieden widerspricht und betont: Beide Organisationen würden primär über Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert und seien in ihrer Positionierung vollkommen frei. Bonifer ist Mitglied im Dialogforum „Energiewende und Naturschutz“, das alle Akteure an einen Tisch bringen will.

Sie zeigt, wie Windkraft so realisiert werden kann, dass dabei die Lebensräume von Tieren erhalten bleiben. Etwa durch Ablenkflächen, Abschaltzeiten oder Mindestabstände zu Gebieten, in denen besonders sensible Tiere leben. Freiflächen-PV-Anlagen können aus ihrer Sicht zu Biodiversitätsparks werden. Bonifer ist überzeugt, dass Klimaschutz ohne erneuerbare Energien nicht möglich ist und die Energiewende allein mit Dachflächen-PV nicht gelingen kann.

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