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Weinlese hat begonnen

Super-Jahrgang, aber kein Super-Weinjahr: Lese im Enzkreis verspricht gute Qualität bei geringer Menge

Vom Weinjahr 2018 schwärmen die Winzer in Baden und dem Enzkreis bis heute. In diesem Jahr fällt der Ertrag nicht ganz so üppig aus, dafür versprechen sich die Winzer eine sehr gute Qualität.

Familie Keller vom Weingut Keller in Eisingen
Im Enzkreis hat die Weinlese begonnen. Auch bei Familie Keller in Eisingen helfen jetzt alle mit. Von links: Mutter Alexandra, die Kinder Marlene (3) und Charlotte(5), Oma Elfriede und Opa Otto und Papa Michael Keller. Foto: Heinz Richter

Von Heinz Richter

Kurz nach dem Start der Weinlese in Baden hat jetzt auch im Enzkreis die Ernte der Trauben begonnen. Die Winzer sind sich weitgehend darüber einig, dass der Weinjahrgang 2020 qualitativ hochwertig wird. Von einem Superweinjahr wie 2018, wird allerdings nicht gesprochen. Je nach Anbaulage im Enzkreis hat der Frost im April und Mai den Ertrag um bis zu 40 Prozent beeinträchtigt.

Auch Verbandsgeschäftsführer Peter Wohlfarth vom Badischen Weinbauverband in Freiburg nennt die Frostschäden und die Trockenheit, die insbesondere jungen Reben in den Sommermonaten zu schaffen machte, als Beeinträchtigung.

Das Wasser verursacht Probleme

Insgesamt seien die Winzer aber sehr zufrieden mit dem Verlauf des Jahrgangs und könnten sich Dank der kühlen Nächte vor Beginn der Hauptlese auf eine gute Aromenausprägung in den Beeren und somit auf fruchtbetonte und feingliedrige Weine mit moderater Säure freuen, führt der Geschäftsführer weiter aus.

Die Erntemenge sieht Wohlfahrt in Baden mit geschätzt 75 bis 80 Hektolitern pro Hektar im langjährigen Durchschnitt. Damit würde die Menge deutlich geringer ausfallen als 2018, als durchschnittlich 97 Hektoliter je Hektar geerntet worden sind.

Der badische Weinbauverband vertritt 18.000 Winzerfamilien mit 15.600 Hektar Fläche. Walter Appenzeller, Pflanzen-Produktionsberater im Enzkreis, der früher selbst ein Weingut in Keltern hatte, spricht von einem „Super-Jahrgang“ was die Qualität betrifft. Auch wenn er hinzufügt, dass es mit Wasser in diesem Jahr schwierig gewesen ist. In Lagen in denen das Wasser ausging, leide die Qualität. Temperaturen von über 30 Grad im August haben Schädlinge wie die Kirschessigfliege zurückgehalten. „Die Eisheiligen haben je nach Lage Totalschäden verursacht oder fordern in anderen Lagen eine zweite Lesung“, sagt Berater Appenzeller.

Das Warme Wetter hilft dem Aroma

„Die ersten Trauben bleiben dran, werden reif und darüber wachsen nochmals Trauben. So ein Phänomen habe ich noch nicht erlebt“, erklärt Appenzeller. Dadurch werde es schwierig, den Vollernter einzusetzen. Solange das Wetter trocken bleibt, gäbe es für die Winzer keine Eile zur Ernte bei den kühlen Nächten. „Die warmen Tage tragen zur Aromareife bei“, sagt der Berater. Er spricht von optimalem Erntewetter.

Michael Keller, der mit seinem Vater Otto Keller in Eisingen und der Umgebung sieben Hektar bewirtschaftet, spricht von einem „durchwachsenen Jahr“. Probleme waren Frost und Dürre. Die Öchslegrade seien sehr hoch, wie nach diesem Sommer zu erwarten. Der Ertrag beim „Müller-Thurgau“ durchschnittlich von der Menge, überdurchschnittlich von der Qualität. Die Wespenplage beklagt nicht nur er. „Hauptsache es kommt nicht zur Fäulnis“, sagt der Winzer. Im Juli und August habe er sehr oft „Wasser gefahren“.

„Ganz gut“, bewertet Johannes Häge aus Illingen-Schützingen das Weinjahr. „Den extrem trockenen Standorten fehlt der Zucker. Ohne Wasser gibt es keinen Zucker“, sagt er. Patricia Jaggy aus Schöneberg / Ötisheim bewertet: „Auf dem Sauberg in Ötisheim sind 40 Prozent der Reben erfroren“. Das geschah in genau einer Stunde. Sie war mit ihrem Mann am Frosttag im April im Weinberg. Gegen Morgen kam die Kälte. Die Reben über Maulbronn allerdings haben so gut wie nichts abbekommen. Die Qualität bezeichnet sie als gut. „Die Öchslegrade stimmen. Man muss nur aufpassen, dass die nicht zu hoch werden und damit auch das Mostgewicht ansteigt.“

Weil weniger gefeiert wurde, sind Weinlager noch gut gefüllt

Weil in diesem Jahr wegen Corona die Feste wie Hochzeiten und Geburtstage fehlten, ist das Weinlager noch gut gefüllt. Robin Bischoff vom Weingut in Keltern/Dietlingen spricht von einem 40-prozentigen Frostausfall in Ellmendingen. Die Kirschessigfliege sei seit 2018 kein Thema mehr. Die Sorte „Regent ist bereits gelesen und dort gab es keinen Befall“. Zur Qualität will er noch nichts sagen, nur so viel: „Wir sind alle vom Jahrgang 2018 verwöhnt worden. Das war ein Traum“.

„Gut im Großen und Ganzen“, sagt Weinbauingenieur Jens Rüdiger aus Straubenhardt. Zwar habe es ein „paar Schwierigkeiten“ wegen des Frosts im April gegeben und bei den Rotweintrauben musste er einen Verlust von 40 Prozent hinnehmen, aber die Qualität sei durch den heißen Sommer gut. „Die Beeren sind kleiner als sonst wegen des Wassermangels“, sagt der Ingenieur.

„In diesem Jahr ist alles komisch: Frost und damit viel Nachgetriebene, die eine gestaffelte Lesung erfordern“, sagt Andy Silber aus Knittlingen. Bei ihm seien 40 Prozent der Reben erfroren. Er rechnet mit fruchtigen Weiss- und Rotweinen. „Ein qualitativ sehr gutes Jahr“, ist die Meinung von Christian Häußermann aus Sternenfels. Er rechnet wegen des Frosts in unteren Lagen mit einer Einbuße von einem Drittel.

Wespen rücken Erntehelfern auf die Pelle

Auch die vielen Wespen machen den Weinarbeitern in diesem Jahr das Leben schwer. Weinbauberaterin Katharina Kohl beim Landratsamt Rastatt, die auch für den Enzkreis zuständig ist, bekommt derzeit viele Anrufe von Winzern, die ihre Helfer in Gefahr sehen. „Wir haben da keine Handhabe“, sagt Katharina Kohl.

Den einzigen Rat, den sie geben kann: „Früh am Tag starten, dann sind die Insekten noch träge“. Sie hat festgestellt, dass es im Naturschutzgesetz, das die Wespen schützt, einen Passus gibt, der diesen Schutz aufhebt, wenn ein „bedeutender Grund vorhanden ist“. Eine Bedrohung der Ernte wäre ein solcher Grund. Aber dann müsse es eine Allgemeinverfügung geben, wie zum Beispiel in Unterfranken.

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