Skip to main content

Geschäftsaufgabe

Nach 110 Jahren ist Schluss für den Pforzheimer Friseur Hölle

Der Pforzheimer Friseur Hölle gibt das Traditionsgeschäft in der Nordstadt auf. Seit vergangenem Monat ist das Geschäft nun geschlossen. Die Inhaber blicken zurück.

Ein Mann schneidet einem anderen die Haare.
Heimarbeit: Das Handwerkzeug holt René Hölle seit wenigen Tagen nur noch heraus, um seinem Vater Rolf Hölle die Haare zu schneiden. Foto: Susanne Roth

„Wir haben viele Stammkunden, größtenteils ältere Leute.“ René Hölle (58) grinst, als sein Vater Rolf Hölle (87) das im Freisitz seines Hauses in Büchenbronn sagt. Dass Rolf Hölle in der Gegenwartsform vom Friseursalon Hölle in der Nordstadt von Pforzheim redet, hängt sicher auch damit zusammen, dass der Senior vielleicht noch nicht ganz realisiert hat oder realisieren will, dass sein Sohn das Geschäft geschlossen hat. Für immer.

Nach 110 Jahren Friseur Hölle ist nun seit vergangenem Monat Schluss. Das Licht ist aus, die Schaufenster in der Hohenzollernstraße 68 verhangen und dunkel.

Ein guter Zeitpunkt zum Aufhören.
René Hölle, Friseurmeister

Vor ein paar Jahren schon habe er sich Gedanken darüber gemacht, erzählt der gehörlose Friseurmeister René Hölle, der den Salon in dritter Generation führte. Die Zeiten wurden, so schildert er es, nicht wegen Corona, sondern ohnehin angesichts vieler, wie aus dem Boden schießender Salon-Pilze, immer härter.

„Früher hat man noch den Meister machen müssen, wenn man einen Salon führen wollte“, ergänzt Vater Rolf Hölle die Beobachtung seines Sohnes, der immerhin 25 Jahre lang selbstständig war. „Ein guter Zeitpunkt zum Aufhören“, das war René Hölle klar. Zumal sein mittlerweile 24-jähriger Sohn Benjamin „schon mit zehn Jahren gesagt hat, dass er den Salon nicht übernehmen will“.

Damit geht eine Tradition zu Ende, die vor allem auch die ältere Kundschaft schätzte, die auf zuletzt vier Damen-Friseurstühlen und zwei Herren-Friseurstühlen Platz genommen hatte. Für René Hölle stand schon früh fest, dass der Beruf trotz Gehörlosigkeit eine Berufung war. Und letztlich nahm der Vater auch viel auf sich, um seinem Sohn dabei zu helfen. „Ich saß abends in der Abendschule dabei und habe für meinen Sohn das Wichtigste mitgeschrieben“, erzählt er. „Der Lehrer hat viel zu schnell geredet“, sagt sein Sohn, der nach Übernahme des Salons im Jahr 1996 fortan den Kunden die Wünsche im wahrsten Sinne des Wortes von den Lippen ablas.

Rolf Hölle dagegen erinnert sich noch gut daran, wie er als Junge zwischen den Friseurstühlen herumsprang. Der Salon, der 1910 von Franz Hölle an der Ecke Salierstraße/Ebersteinstraße gegründet wurde, einige Male umzog und letztlich dann beim Fliegerangriff am 23. Februar 1945 in Nachbarschaft des „Goldenen Bock“ vollkommen zerstört wurde, war sein Zuhause.

Neuanfang nach dem Krieg

Bereits in den 1920er-Jahren musste Salongründer Franz Hölle sich und seine Familie mit dem Arbeiten an Perücken etwa über Wasser halten, nach der Zerstörung Pforzheims im Zweiten Weltkrieg begann der Neuanfang im Haus des Großvaters Gustav Hölle unter schwierigen Umständen im dritten Stockwerk. Nur durch Beziehungen waren Stühle und Waschbecken zu bekommen; die Kundschaft musste Handtücher und Holz mitbringen, damit warmes Wasser zum Haarewaschen zur Verfügung stand.

Von 1948 bis 1989 lebte die Friseurfamilie Hölle recht gut von ihrem Geschäft in der Ebersteinstraße 12. 1967 bis 1996 führte Rolf Hölle mit seiner Frau Eva-Maria (83), die ebenfalls den Meistertitel erworben hatte, den Salon. Dieser zuletzt neben „Hirsch Früchte“ (der die Räume auch zu seinem Geschäft dazu pachten wird) in der Hohenzollernstraße 68 in eigenen Räumen betriebene Friseur-Salon war auf seine eigene Art zeitlos. Im Selbstverständnis der Verbundenheit mit Kunden, aber auch mit Lehrlingen, in der Saloneinrichtung.

Moderne Strömungen machte man höchstens in Bezug auf die Frisuren mit, moderne Einrichtung war angesichts der überwiegend älteren Stammkunden nach Meinung von René und Rolf Hölle weder angesagt noch gefragt. Sein Friseurköfferchen holt René Hölle nun höchstens noch hervor, wenn bei den Eltern oder der Verwandtschaft ein neuer Haarschnitt ansteht. „Die Männer wollen ja eher immer das Gleiche und es muss schnell gehen“, sagt Rolf Hölle und grinst.

nach oben Zurück zum Seitenanfang