Hier steht es perfekt, das Bertha-Benz-Denkmal. Am Waisenhausplatz, zwischen Stadttheater und Congresscentrum. Und unweit einer viel befahrenen Straße und einer Bushaltestelle - also mitten drin im Stadtleben. Eine Schulklasse tummelt sich rund um die vier Meter lange Stahlskulptur, manche Schüler fassen die Figur an, unschlüssig, was sie davon halten sollen, während andere auf einer Tafel lesen, was die Skulptur darstellt.
Die abstrahierte Figur ist Bertha Benz auf ihrem Gefährt, die spiralförmig geschwungenen Räder scheinen die Edelstahlskulptur in Bewegung zu setzen. Der Platz am Waisenhausplatz ist bewusst gewählt, es ist der Start der historischen Route und erinnert an die Strecke, die Bertha Benz 1888 für die erste automobile Fernfahrt wählte.
Bildhauer René Dantes ging es bei der Skulptur, die der Pforzheimer Verkehrsverein 2008 gestiftet hat, darum, eine der berühmtesten Pforzheimerinnen zu würdigen. Und eine Brücke zu schlagen von der Vergangenheit in die Gegenwart. Der Sockel der Skulptur besteht aus Pflastersteinen, die aus der Zeit von Bertha Benz stammen. Die moderne Form des Denkmals verweist auf die erste Autofahrt von Mannheim nach Pforzheim und passe in die Stadt, in der Transportation Design an der Hochschule unterrichtet werde, findet Dantes.
Pforzheim hat großes Potenzial und muss sich nicht verstecken.René Dantes, Bildhauer
Wenn es nach René Dantes ginge, würde noch viel mehr Kunst im Stadtbereich stehen: „Da kann man gar nicht genug haben. Pforzheim hat großes Potenzial und muss sich nicht verstecken“, sagt er. Einige seiner Skulpturen stehen in der Pforzheimer Innenstadt. Fest ins Stadtbild eingefügt haben sich seine fünf Werke aus der Reihe „Urban Nature“ (Natur in der Stadt) in der Kaiser-Friedrich-Straße. Sie sind Teil der 2015 eingeweihten „Skulpturenmeile KF“.
Internationaler Preis für die Skulpturenmeile in Pforzheim
Die sieben Meter hohe „Cypresse“ aus geschliffenem Edelstahl an der Ecke des Turnplatzes soll daran erinnern, dass die bei der Umgestaltung der Straße gepflanzten Bäume das belebende Element im Stadtbild sind, erklärt Dantes.
Die Skulpturenmeile habe einen europäischen Preis für Stadtteilgestaltung gewonnen und Vorbildfunktion für andere Stadtteile, so Dantes. Außerdem habe die Meile bewirkt, dass sich die Bewohner mit der Straße identifizieren und viele sogar ihre eigene Lieblingsskulptur haben. Aus einem ehemaligen Brennpunktgebiet ein Quartier mit Kunst zu machen - „es gibt bei der Stadtteilentwicklung europaweit wenig vergleichbares“, ist der Bildhauer überzeugt. Mit Vandalismus habe es bisher keine Probleme gegeben, vielleicht weil die großen Stahlarbeiten mächtig und nicht angreifbar wirken.
Die Proportionen, die Formsprache - „ich würde sie wieder genau so machen“, sagt Dantes mit Blick auf die große Stahl-Zypresse am Turnplatz. Der 58-jährige Pforzheimer ist bekannt für seine markanten organischen und pflanzenähnlich geformten Werke. Er hat sein Atelier und Showroom nach zweijährigem Umbau 2012 im ehemaligen Dampfkesselhaus in der „KF“ untergebracht und hat sich bei der Umgestaltung der Straße im Quartiersrat eingebracht.
Nur ein paar Meter von seinem Domizil entfernt, beim Kreisverkehr an der Ecke Benckiserstraße, steht die kleine Zypressen-Schwester. Sie wirkt wie die anderen vier Plastiken lebendig und organisch und versprüht durch die Lichtbrechungen auf dem Edelstahl eine Vitalität, die den Zustand des Quartiers nach der Umgestaltung widerspiegeln soll.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, nahe der Benckiserbrücke, greifen die vier Edelstahlstreben der Skulptur „Natura“ die fließenden Bewegung der Enz auf. Die beiden Plastiken „Calla“ am Quartiersplatz und „Cascade“ in der Hans-Sachs-Straße komplettieren das Kunst-Quintett der Skulpturenmeile.