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Verrückte Ideen werden ausgetüftelt

„Girls‘ Digital Camp“ in Pforzheim fördert technische Begeisterung bei jungen Schülerinnen

Die Buchstütze blättert automatisch um, ein Automat lackiert die Fingernägel: Auf solche Ideen muss man erst einmal kommen. Schülerinnen des Pforzheimer Kepler-Gymnasiums tun das - und bauen auch gleich die entsprechenden Apparate.

Personen auf den Bildern: Rebecca Stralendorff (Schulleiterin Grundschule Huchfeld); Heike Reifurth (Schulleiterin Kepler-Gymnasium); Oberbürgermeister Peter Boch (Stadt Pforzheim); Christian Wolf (Kepler-Gymnasium/Jungendforschungszentrum); Anna Kronenwett (AG-Leiterin Kepler Gymnasium); Kerstin Weipert, Lars Schäfer (beide WFG Nordschwarzwald); Inge Reim (ADMEDES GmbH)
Ob Nagellack-Lackierer, Schulranzen-Transporter oder Buchständer mit automatischer Umblätterfunktion, vor nichts machen die Ideen der Schülerinnen halt. Die Schule und Sponsoren geben sich begeistert. Foto: Vincenzo Termini

„Die Mädchen sind mit Feuer und Eifer dabei“, schwärmt Anna Kronenwett über ihre Schülerinnen. Sie leitet die AG an ihrer Schule und beobachtet aus erster Reihe die Euphorie und Begeisterung der jungen Mädchen im Thema Technik und Digitalisierung.

Mithilfe von Fischertechnik-Baukästen führt diese Begeisterung und zusammen mit einer guten Portion Kreativität zu vielen kleinen oder großen Projekten.

Sei es ein Apparat, der den Mädchen die Fingernägel lackiert oder ein Schultaschen-Transporter mit vielerlei Funktionen. Die Aufgaben erschaffen die Schülerinnen selbst, ebenso wie die Lösungen.

Der Roboter blättert die Buchseiten um

Ein Problem, welches es zu lösen galt, war für Alessia aus der 8c und Johanna aus der 7a klar: Als eifrige Leserinnen musste unbedingt ein Buchständer her, der bestenfalls noch die Seiten für einen Umblättert.

„Wir haben überlegt, was für Probleme wir im Alltag haben, die man durch den Roboter verbessern könnte“, sagt Johanna.

Es gibt keine Lösung und man kann nicht schnell in ein  Lösungsheft schauen.
Anna Kronenwett, Lehrerin

In der Umsetzung wird von Denkprozess zu Denkprozess immer wieder verfeinert und ihr eigenes Projekt weiterentwickelt. Bei ihrem Prototyp war die Idee, die Seiten hin und her zu schieben.

Da dies zu unerwünschten Eselsohren führte, war sich die Gruppe einig, dass nun Greifarme her mussten. Darüber hinaus, entwickelt die Gruppe ein Gespür für eine gute Aufgabenverteilung.

Das nicht immer alles glatt läuft, schildert Kronenwett: „Es gibt keine Lösung und man kann nicht schnell in ein Lösungsheft schauen. Diese muss man dann selber finden, wenn etwas nicht mehr weitergeht. Frustration gehört dazu“.

Jedoch wissen sich die Mädchen da schnell zu helfen und motivieren sich gegenseitig. Gerade das freie Bauen, abseits jeglicher Anleitung, begeistert die meisten: „Und wenn ich eine verrückte Idee habe, ich will dort hinkommen“, so Kronenwetts Eindruck.

Männliche Dominanz bei Technik hat nichts mit Können zu tun

Auch Lars Schäfer, von der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald (WFG), ist überzeugt von dem Projekt. Die WFG brachte, gemeinsam mit dem CyberForum, die Girls‘ Digital Camps an sieben Schulen der Region. Er sieht den Vorteil vor allem an der einmaligen Investition, von der man jedes Jahr Gebrauch machen kann.

Gerade an den Hochschulen zeige sich, dass Frauen in MINT-Studiengängen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) weniger Repräsentant sind als Männer: „Das liegt nicht daran, weil sie es nicht können, sondern weil sie sich nicht trauen“, so Schäfer.

Gerade deshalb sei eine frühe Einführung und Förderung in dieses Thema entscheidend. Für ihn ist das Entscheidende bei der Förderung der Mädchen klar: „Die Mädchen brauchen einen geschützten Rahmen.“ So würde es ihnen leichter fallen, ihre Begeisterung für Technik und Digitalisierung auszuleben.

Fortsetzung folgt?

Ebenfalls davon überzeugt ist Christian Wolf vom Jugendforschungszentrum. Das unterstützt das Projekt mit einer Stunde für die Lehrerin und ermöglichen so die Zeit für diese AG. „Mädchen sind absolut talentiert in MINT-Fächern und das muss man fördern“, so Wolf.

„Ich bin fest davon überzeugt, wenn das gezielt gefördert wird, bekommen die Mädchen den Mut zu sagen ‚Ja es ist meins‘“, ist er sicher. Die Begeisterung der Mädchen findet er geradezu ansteckend. Deshalb ist Christian Wolf auch fest überzeugt, dass die Girls‘ Digital Camps „die nächsten Jahre wahrscheinlich größer werden wird“.

Das wäre ebenfalls im Interesse von Oberbürgermeister Peter Boch. Er selbst, würde sich dieses Projekt an möglichst vielen, wenn nicht sogar an allen, Schulen wünschen. „Es ist einfach schön zu sehen, wenn man das Thema Technik und Digitalisierung bereits in Klasse Sieben oder Acht begeistern kann und dann am besten noch spielerisch“, gibt er sich begeistert. „Ein Projekt nur für Frauen hat nochmal eine gewisse Qualität und ist etwas ganz Besonderes“, so Boch.

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