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Pappkameraden garantieren Abstand

Pforzheimer Marionettenbühne setzt zum Saisonstart auf lustige Platzhalter

Am 3. Oktober lädt die Pforzheimer Marionettenbühne Mottenkäfig zum ersten Mal wieder zur Vorstellung. Um die Abstände zwischen den Besuchern zu garantieren, haben sich die Verantwortlichen etwas ganz besonderes ausgedacht.

Mehrere Stühle sind in Reihen aufgestellt, auf ihnen sitzt das Publikum: Zwischen mehreren Papp-Figuren sitzen drei echte Menschen, einige Stühle bleiben auch frei.
Stammgäste aus Papier: Zwischen den bunten Abstandshaltern fallen fallen die stellvertretende Vorsitzende Renate Plumbohm (vorne links), Beisitzerin Nicole Rosewe (Mitte) und Vorsitzender Matthias Hamann (dahinter, rechts) kaum auf. Foto: Susanne Roth

Wenn die Marionettenbühne Mottenkäfig am 3. Oktober zum ersten Mal wieder zur Vorstellung einlädt und der „Teufel mit den drei goldenen Haaren“ ab 15 Uhr sein Unwesen auf der Bühne in der Kirchenstraße 3 in Brötzingen treibt, dann werden auf jeden Fall 45 Personen erwartungsvoll im Zuschauerraum sitzen. Diese Stammgäste werden definitiv auch danach bei jeder Vorstellung dabei sein. Nur eines werden sie nicht: Applaus spenden. Diese 45 Gäste sind nämlich aus Pappe. Aber nicht von Pappe.

Sie repräsentieren sozusagen das bunte Völkchen der Einwohner Pforzheims. Einer schaut listig hinter einer Maske hervor, der nächste grinst den Betrachter an, daneben scheint ein älterer Mann fast in den Schlummer zu sinken und wieder ein paar Sitze weiter hat sich eine Dame ganz schick gemacht mit Perlenkette. Diese Gäste sind die humorvoll gestalteten Abstandshalter, zwischen denen bis zu 30 Applaus spendende Zuschauer sitzen dürfen.

Absperrbänder passten nicht zur Stimmung der Marionettenbühne

Lange war nicht klar, ob überhaupt Veranstaltungen wie diese stattfinden dürfen, so war es fast schon eine Nacht- und Nebelaktion, in der ein Dutzend Mitglieder um das Vorstandsteam den Umzugskartons neues Leben einhauchte. Im August, so schildert der Vorsitzende Matthias Hamann das Vorgehen, habe man erst mal mit Absperrbändern geprobt.

Doch schnell war klar, dass das die Stimmung nicht hob und auch nicht zum Anspruch der Marionettenbühne passt. Zumal es weder für die Akteure noch für die Gäste ein schöner Anblick ist, auf leere Stühle zu starren. Die Idee der Papp-Zuschauer in Fußballstadien hat dann wohl auf ein Mitglied gewirkt, das diese Idee in den Mottenkäfig brachte.

Eine Rundmail brachte nicht nur das Dutzend voll für die notwendigen Bastelarbeiten, auch wurden abgelegte Kleider gespendet, die nun von den papiernen Zuschauern getragen werden. Und dann ging das, so schildern auch die stellvertretende Vorsitzende Renate Plumbohm und Beisitzerin Nicole Rosewe das Vorgehen, ratzfatz. Eine Gruppe schnitt mit Schablone Personen aus, die nächste grundierte. „Und am zweiten Abend wurden die Gesichter gemalt“, so Hamann.

„Wir dachten erst, die sehen ja alle gleich aus“, sagt Renate Plumbohm, „aber dem war nicht so.“ Zumal manche Personen noch Haare aus Wolle etwa bekamen. Oder besagte Perlenkette. Zuvor hatte man auch mit plastischen Prototypen agiert, „aber wohin damit?“ Matthias Hamann kann zusammen mit den anderen Helfern die Papp-Stammgäste ganz einfach hintereinander in Kartons stapeln. „Die sitzen jedes Mal anders, weil ja auch unterschiedliche Gruppen kommen.“

„Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ statt „Rumpelstilzchen“

Und jetzt kann eben nur noch gehofft werden, dass die Unsicherheit nicht siegt. Für Belüftung ist auch bei geschlossenen Türen gesorgt. „Die Luft wird nach oben abgesaugt“, erklärt Matthias Hamann. Der im Übrigen eine frühe Buchung empfiehlt.

Nicht nur wegen des beschränkten Platzangebotes von knapp 30 Plätzen, sondern auch, weil die Vergabe der Plätze an Familien, Gruppen oder Einzelpersonen eine individuelle Planung notwendig macht. Wer sich erst kurz vor der Abendkasse entscheidet, kann unter Umständen nicht nebeneinander das Vergnügen Mottenkäfig genießen.

Dieses Vergnügen wird indessen ein anderes sein. Das Rumpelstilzchen wird noch ein Jahr lang hinter den Kulissen wüten müssen. Denn für dieses Stück können die Abstände der Marionetten-Puppenspieler hinter der Bühne nicht garantiert werden. Dort muss übrigens auch Maske getragen werden, die nur kurz zum Sprechen entfernt wird.

„Das, was uns auszeichnet hindert uns jetzt“, bedauert Matthias Hamann die große Anzahl an Spielern und Akteuren. Dann aber huscht ein Lächeln über sein Gesicht, als er davon spricht, dass „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ im Dezember seinen 40. Geburtstag feiert und daher eine besondere Erwachsenenvorstellung einstudiert wird.

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