So ein bisschen kommt sich Martin Schwalb in diesen Tagen vor wie ein erfahrener Pädagoge nach den großen Ferien. „Alle sind noch ein bisschen aufgeregt. Es ist so, wie wenn wieder die Schule anfängt. Das ist schön zu sehen, das macht Freude”, erzählt der 57 Jahre alte Handballlehrer, der aber keine Pennäler anleitet, sondern die Profis der Rhein-Neckar Löwen.
Belastung soll langsam gesteigert werden
Seit Montag sind die Berufssportler wieder im Mannschaftstraining, um sich nach monatelanger Corona-Zwangspause für die im Herbst beginnende Saison in Form zu bringen. Sie arbeiten immer noch kurz, was aber nicht der primäre Grund dafür ist, dass sich Schwalbs 17. Saisonvorbereitung als Cheftrainer ganz anders darstellt als all die Jahre zuvor.
Es gehe darum, die Spieler langsam wieder an die Belastung zu gewöhnen, statt sie wie sonst gleich mit Volldampf zu trimmen. „Für mich ist das ein Riesenproblem, ich will eigentlich immer mehr machen lassen. Aber die diesmal lange Vorbereitung mit vielen wichtigen Regenerationsphasen sollte dazu führen, dass wir dann mit einer sehr fitten Mannschaft starten”, sagt Schwalb nach der offiziellen Saison-Auftaktpressekonferenz der Löwen am Freitag im Kronauer Trainingszentrum.
Tempospiel und Überraschungseffekte als Markenzeichen
Denn eine gute Kondition und Konstellation sind nötig für eine überaus intensive Saison, die der Bundesliga-Fünfte auf einem besseren Platz zu beenden hofft als die im vergangenen März abgebrochene Spielzeit. „Wir sind nicht so vermessen zu sagen, dass wir Meister werden wollen - wenn man sieht, dass wir die vergangenen beiden Jahre ein gutes Stück hinter der Spitze waren.
Unser Ziel ist es, ein paar Mannschaften hinter uns zu lassen, die zuletzt vor uns lagen”, erklärt Schwalb. Auch Uwe Gensheimer will sich nicht festlegen, nur so viel: „Wir wollen besser abschneiden als letztes Jahr.” Andy Schmid meint ganz allgemein: „Ich denke, dass wir eine gute Truppe haben, die hungrig ist, erfolgreichen Handball zu spielen.”
Schwalbs übergeordnetes Anliegen ist, „eine Philosophie, die uns stolz macht und andere erschreckt.” Tempospiel und Überraschungseffekte „sollen unser Markenzeichen werden.”
Erstes Pflichtspiel am 22. September
Das Pflichtprogramm für die Löwen beginnt am 22. September mit dem Hinspiel der zweiten Qualifikationsrunde in der neuen European League. Das Rückspiel ist für eine Woche später terminiert und damit noch vor dem Bundesliga-Auftakt am 1. Oktober.
Das Ziel ist, dann auch vor Zuschauern spielen zu dürfen, wie Geschäftsführerin Jennifer Kettemann betont. Derzeit arbeiteten die Löwen zusammen mit der SAP-Arena und der Bundesliga an einem Hygienekonzept, mit dem die Landesregierung überzeugt werden soll, dass sie möglichst schon Anfang Oktober auch Spiele mit mehr als 500 Besuchern erlaubt.
Zumindest für die 2.000 Dauerkartenbesitzer erhofft sich Kettemann grünes Licht, die Zulassung von 4.000 Fans streben die Löwen an.
Um Erfahrung mit Besuchern und Spielpraxis zu sammeln vor dem Punktspielstart, nehmen die Löwen ab Ende August bis Mitte September an einem Turnier mit sechs baden-württembergischen Erst- und Zweitligisten teil.
Neben den Löwen testen auch Frisch Auf Göppingen, der TVB Stuttgart, HBW Balingen-Weilstetten, die HSG Konstanz und die SG BBM Bietigheim den Ablauf von Spielen und die eigene Form.
Wieder Trainingslager in Ischgl
Wie schon in den vergangenen Jahren planen die Löwen auch in diesem Sommer wieder ein Trainingslager in Ischgl. Vom 1. bis 4. August schlägt das Team das Camp in dem Tiroler Skiort auf, der als Hotspot für die Verbreitung des Coronavirus in ganz Europa gilt.
Um die Gefahr einer Infektion zu minimieren, bezieht die Mannschaft ein Hotel, in dem sich keine anderen Gäste aufhalten. Im März waren mehrere Spieler und Trainer der Löwen selbst an Covid-19 erkrankt.