Skip to main content

Neues aus dem Elternleben

Als die Papas noch babysitteten

Viele Menschen fragen sich, was man zu „euch Feministinnen“ heutzutage „überhaupt noch sagen darf“. Unsere Kinderkram-Autorin findet, dass es - wenn es um das Thema "Mütter" geht - darauf eine ziemlich klare Antwort gibt.

Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern.
Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern. Foto: Dolgachov/Fotolia

Ach, muss die Welt früher schön einfach und übersichtlich gewesen sein! Da gab es noch keine Handys und keine Fidget Spinner, dafür aber Jahreszeiten und eine klare Rollenverteilung daheim.

Wie diese aussah, das erlebte vor einiger Zeit die Erstklässler-Tochter einer Freundin hautnah, als ihre Lehrerin ihr ein Arbeitsblatt mit einem Buchstabengitter darauf gab. „Findest du 10 Arbeiten, die deine Mutter macht? Markiere diese Verben farbig!“ stand in Schreibschrift als Arbeitsanweisung darunter geschrieben. Die Wörter, die es zu finden galt? Das waren, unter anderem: bügeln, waschen, kochen und aufräumen.

Findest du 10 Arbeiten, die deine Mutter macht?

Nicht nur auf schulischen Arbeitsblättern ist die Rollenverteilung manchmal noch klar geregelt. Auch in einigen Köpfen ist das so. Bei einer Abendveranstaltung, der ich kürzlich beiwohnte, kam ein Bekannter auf mich zu. „Ach, hast du Ausgang?“, fragte er. Wenn man das Wort „Ausgang“ bei Wikipedia sucht, steht da „die Zeit zum Ausgehen von Strafgefangenen, Soldaten, Bediensteten, Internatsbewohnern usw., siehe Vollzugslockerung“. Da ich weder Soldatin noch Internatsbewohnerin bin und mich selten als Bedienstete und wirklich nur äußerst selten als Strafgefangene sehe, wunderte ich mich über die Wortwahl und schaute ihn fragend an, zumal die Antwort ja auf der Hand lag. „Und die Kinder sind bei der Oma?“, legte er nach. „Äh, nein“, antwortete ich. „Ach so, der Papa babysittet“, kombinierte er. „Ja. Aber, wenn der Papa auf seine Kinder aufpasst, heißt das nicht ,babysitten‘, sondern ,Papa sein‘“, entfuhr es mir.

Ach, hast du Ausgang?

Viele Menschen fragen sich, was man zu „euch Feministinnen“ heutzutage „überhaupt noch sagen darf“. Ich finde, die Antwort ist – jedenfalls in dieser Hinsicht – sehr einfach: Es gibt Mütter, die arbeiten. Es gibt Mütter, die daheim bleiben. Und es gibt Mütter, die, wie vor ein paar Wochen in den USA geschehen, mit Nerven aus Stahl havarierte Flugzeuge notlanden. Wer etwas sagen will, dem ein Weltbild zugrunde liegt, das diesen Facettenreichtum nicht zulässt, sollte es überdenken.

Die Geschichte mit dem altbackenen Arbeitsblatt hat übrigens auch ein Ende: „Du hast drei Wörter nicht gefunden“, schalt die Lehrerin die Tochter meiner Freundin, als sie das Blatt bei ihr abgab. „Ich habe sie gesehen“, antwortete das Kind, „aber die Verben nicht angestrichen, weil meine Mama diese Dinge nicht macht. Abstauben, putzen und nähen – dafür ist bei uns der Papa zuständig.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang