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Spezialität aus dem Trentino

Aufgegabelt: Carne salada - das etwas andere Carpaccio

Gardasee-Urlauber und Besucher des Trentino kennen Carne salada vielleicht, dieses würzige, marinierte Rindfleisch, das wie ein Carpaccio aufgeschnitten wird. Bei uns ist diese Spezialität kaum erhältlich, man kann sie jedoch mühelos selbst herstellen. Wie, lesen Sie in "Aufgegabelt!".

Carne salada
Ein Traum für Fleisch- wie Salatfans: Carne salada mit Wildkräutersalat, Aceto balsamico tradizionale und Parmsanspänen. Foto: Michael Ludwig

Man könnte mutmaßen, Heinz Strunk, der Erfolgsautor des Buches „Fleisch ist mein Gemüse“, habe den Namen Carne salada erfunden. Dann wäre der Begriff ziemlich neu. Ist er aber nicht, denn erstmals wurde er schon im 15. Jahrhundert erwähnt. Und um ein Fleischgericht mit salathaltigem Tarnmäntelchen handelt es sich erst recht nicht. Carne salada hat zunächst mal mit Gemüse so wenig an der Hüfte, wie ein schwindsüchtiges Topmodel Fett. „Salada“ (das Dialektwort für „salata“) heißt ins Deutsche übersetzt lediglich „gesalzen“ und ergibt im Gespann mit „carne“, Fleisch, also schlicht und ergreifend das Wort „Salzfleisch“. Nicht mehr und nicht weniger.

Würze und Geduld

Fleisch plus Salz, das klingt simpel. Und das wäre wahrscheinlich in Gourmetkreisen auch nicht weiter aufgefallen, wenn nicht noch etliche andere Zutaten dem Fleisch ein ganz spezielles Aroma verleihen würden. Thymian, Salbei, Wacholderbeeren, Pfeffer, Knoblauch und – je nach Herkunft des Rezepts – noch einige andere mehr, machen aus einem abgehangenen Batzen Muskelmasse (Hüfte oder Filet vom Rind) einen echten Aromaprotz. Die wichtigste Zutat jedoch ist: Geduld. Mindestens neun bis zehn, ja bis zu 20 Tage, muss seine Fleischeslust unter der Decke halten, wer so ein wunderbar mürbes und aromatisches Salzfleisch herstellen und zwischen die Beißerchen bekommen will, wie es im Trentino am Gardasee serviert wird.

Die Wirkung von Salz

Während dieser Zeit nämlich verrichten – unter Luftabschluss und ggf. mit einem Gewicht beschwert – Salz und würzende Zutaten ihr fantastisches Werk. Das Salz – am besten ein unbehandeltes, grobkörniges – macht das gute Stück nicht nur haltbar, sondern durch seine Flüssigkeit bindende Eigenschaft auch fest und mürbe. Etwas zugesetzter Zucker rundet den Geschmack wohltuend ab.

Erlaubt ist, was schmeckt

In manchen Rezepten – wie so oft hat jede Familie ihr eigenes „Geheimrezept“ – wird der Knoblauchhammer geschwungen, in anderen wiederum umweht nur ein schwacher Knofelduft die Nase. In manchen Zubereitungen bringen die feinen, aber ausdrucksstarken Thymianblättchen ihr unverkennbares Aroma ein, in anderen wiederum sind es Rosmarinnadeln mit ihrem betörend mediterranen Duft. Das echte Rezept für Carne salada gibt es wahrscheinlich nicht, insofern gilt die Devise: erlaubt ist, was schmeckt. Meine persönliche Lieblingsvariante finden Sie weiter hinten im Kapitel „Aufgetischt“.

Des Fürstbischofs Erlass und seine Folgen

Seinen Ursprung hat „carne salada“ im nordwestlichen Hinterland des Gardasees in der Gegend von Arco, Varone und Tenno. Wie man sich vielleicht denken kann, lag der Grund für den Marinierprozess zunächst nicht etwa in der Veredelung von Fleisch (neben Rind wurde und wird auch Kalb- und Pferdefleisch verwendet), sondern in dessen Haltbarmachung. Salzfleisch nach Trentiner Art erlebte seinen Boom bereits im 16. Jahrhundert. Dahinter steckte ein gewisser Bernhard von Cles, seines Zeichens Fürstbischof und Herr über den Warenverkehr im Trentino. Der clevere Kirchenmann erließ so manche Bestimmung, die einem Donald Trump bestimmt gut gefallen hätte, so nach Art „Trentino first“, darunter auch jene, dass ein Fünftel des über die Handelsroute durchs Etschtal transportierten Viehs auch dort geschlachtet werden musste. Das kam natürlich der Speisekammer von Herrn Bischofs Schäfchen höchst gelegen.

Das Haltbarmachen

Nur, was macht man mit so viel Fleisch auf einmal? Aufessen kann man es ja unmöglich in zwei, drei Tagen, so ganz ohne Aufbewahrung in Kühlschrank oder gar Gefriertruhe. Das Mittel der Wahl: Salz. Der Rest ist Geschichte. Und gottlob hat sich dieser Leckerbissen über die Jahrhunderte trotz moderner Stromkühlung gehalten und ringt noch heute sogar gestandenen Fleischfans ein lautes Zungenschnalzen ab.

Carne salada
EINFACHER GEHT S KAUM: dünne Salzfleischscheiben nach Carpaccio-Art mit Olivenöl, Pfeffer und Parmesan. Foto: None

Aufgetischt: Carne salada selbst gemacht

Da Sie Carne salada bei uns kaum käuflich erwerben können, machen Sie es doch einfach selbst. Sie brauchen:

1 kg Rinderhüfte (pariert)5 frische Lorbeerblätter10-12 Salbeiblätter2 Stängel Bohnenkraut10 ThymianzweigeSchale von ½ Zitrone in Streifen2 kleine, junge Knoblauchzehen2 TL Pfefferkörner12 Wacholderbeeren½ TL Fenchelsamen50 g grobes Meersalz (Guérande)15 g Zucker

Frische Kräuter und Knoblauch fein hacken, Gewürze mit Salz und Zucker im Mörser zerstoßen. Alles miteinander vermischen und das Fleisch damit einmassieren. Stramm in Frischhaltefolie wickeln und mit einem Brett plus Gewicht beschwert oder einfach nur vakuumiert im Kühlschrank oder an einem dunklen, kühlen Ort 9-10 Tage marinieren. Salz-Kräuterschicht vor dem Anschneiden entfernen, Fleisch kurz abspülen und sofort trockenreiben. Dünn aufschneiden, ggf. zwischen Folie etwas flach klopfen.

Traditionell mit weißen Bohnen

Im Trentino wird Carne salada traditionell mit weißen Bohnen gegessen, das Fleisch gelegentlich auch kurz von beiden Seiten angebraten (was nicht aller Sache ist). Wie auf unseren Bildern dargestellt, kann man diese Spezialität einfach nur mit etwas Olivenöl und gehobeltem Parmesan servieren, vielleicht getunt mit etwas knackigem Rucola. Ein Gaumenschmaus ist Salzfleisch mit einem Wildkräutersalat und Aceto balsamico tradizionale sowie Parmesanspänen.

Aufgespießt: Carne salada mit Siegel

Carne salada aus dem nördlichen Gardasee und Ledrotal

Carne salada
Qualitätssiegel auf kommunaler Ebene Foto: None

darf sich zwar (noch) nicht mit einem EU-Siegel schmücken, dafür aber seit neuestem mit dem Qualitätssiegel De.C.O. (kommunale Ursprungsbezeichnung)

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