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App im Probelauf

Der KVV testet erstmals die Home Zone mit 300 Personen

Für viele ÖPNV-Nutzer spiegelt das derzeitige Tarifsystem des Karlsruher Verkehrsverbundes nicht ihre Fahrgewohnheiten wider. Die Home Zone soll individuelle Gebiete schaffen.

Neuer Tarif: Mit der App „regiomove“ ist auch der neue Tarif „homezone“ buchbar, der die Strecke unabhängig vom bisherigen Waben-Modell berechnet.
Neuer Tarif: Mit der App „regiomove“ ist auch der neue Tarif „homezone“ buchbar, der die Strecke unabhängig vom bisherigen Waben-Modell berechnet. Foto: Tanja Starck

Fünf Tage die Woche geht die Fahrt von Zuhause bis zur Arbeitsstelle und am Abend wieder zurück. Abweichungen von der gewohnten Strecke gibt es höchstens am Wochenende. Das derzeitige Tarifsystem des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV) mit seinen Waben spiegelt die Realität vieler Berufspendler mit Bus und Bahn nicht wider.

Um den ÖPNV besser an die Gewohnheiten der Nutzer anzupassen, will der KVV ihnen künftig eine individuelle Home Zone ermöglichen: flexibel per App. Berechnet werden soll dann nur noch die Entfernung, die eine Person auch tatsächlich zurücklegt. Einen ersten Testlauf des Modells macht der KVV diesen Oktober. Unser Redaktionsmitglied Janina Keller beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.

Die Zukunft bringt individuelle Fahrkarten: Mit der Home Zone will der KVV sein Tarifsystem erneuern und an die Bedürfnisse der Nutzer anpassen. Gezahlt wird nur der regelmäßig befahrene Radius.
Die Zukunft bringt individuelle Fahrkarten: Mit der Home Zone will der KVV sein Tarifsystem erneuern und an die Bedürfnisse der Nutzer anpassen. Gezahlt wird nur der regelmäßig befahrene Radius. Foto: Tanja Starck

Was wird derzeit getestet?

300 Freiwillige haben sich Anfang Oktober in der App registriert, um das Zukunftsmodell einen Monat lang einem Alltagstest zu unterziehen. Die Personenanzahl sei für eine erste Datenerhebung ausreichend, meint KVV-Sprecher Nicolas Lutterbach.

In dem Testzeitraum von vier Wochen legen die Nutzer sich erstmals ihre eigene Home Zome an. Bus und Bahn können sie währenddessen kostenlos nutzen. Einschränkungen aufgrund der durch die Corona-Pandemie gesunkenen Fahrgastzahlen gebe es für das Projekt nicht, ergänzt Lutterbach. „Wir benötigen für den Test der Beta-Version ja nur eine gewisse Zahl an Kunden, die die Anwendung auf Herz und Nieren prüfen.“

Was genau ist die Home Zone?

Mit der Home Zone erhalten Fahrgäste die Möglichkeit, neben den bestehenden Tarif-Optionen, eine zusätzliche zu nutzen. Hierbei können sie sich ihren individuellen Mobilitätsradius zusammenstellen. Bezahlt werden müssen letztlich nur die Strecken, die die Kunden auch zurücklegen. Nach Angaben des KVV handle es sich hierbei um ein deutschlandweit einzigartiges Projekt. Ähnliche Varianten, wie einen Tarif, der auf Lutflinie basiert, gibt es etwa bereits in Mannheim. Eine konkrete Preisgestaltung liege bislang noch nicht vor, so Lutterbach.

Wie funktioniert die App?

Auf der digitalen Landkarte in der Smartphone-App zieht der Fahrgast einen Kreis um seine wichtigsten Anhaltspunkte: den Arbeitsplatz, das Zuhause oder weitere häufig frequentierte Orte. Dieser bildet schließlich den Radius für die personalisierte Home Zone. Wie bei den bisherigen Monatskarten auch, können KVV-Nutzer 30 Tage lang beliebig oft in diesem Gebiet Bus und Bahn fahren.

Anhand der Größe des Radius errechnet die App einen Preis: Wer doch mal seine Home Zone verlässt, bezahlt zusätzlich einen Entfernungstarif, bis er wieder in diese zurückkehrt. Hierfür gibt es einen Check-in und einen Check-out. Von diesem sollen auch Gelegenheitsnutzer profitieren, die auf eine Art Luftlinien-Tarif zugreifen können.

Was verspricht sich der KVV davon?

„Manche Pendler fahren zwar über eine Wabengrenze, aber immer nur auf einer Strecke“, erklärt Lutterbach. Das gesamte Gebiet, welches ihre Fahrkarte eigentlich umfasst, bereisen sie nie. Die Home Zome mache das System demnach flexibler, so Lutterbach. Der Tarif wird anteilig für die Entfernung berechnet, die die Person auch zurücklegt. „Für manche könnte das günstiger werden als etwa die Monatskarte per Waben“, sagt Lutterbach.

Zudem müsse der Fahrgast sich dann auch nicht mehr mit den Wabengrenzen und dem Tarifsystem auskennen, bevor er sich ein Ticket bucht. Er könne seine ÖPNV-Nutzung nach dem Alltagsgebrauch planen. „Man schafft sich seine eigenen Gebietsgrenzen auf dem Smartphone“, so der KVV-Sprecher.

Wie steht der Landkreis zum Zukunftsmodell?

Die Home Zone stelle ein gerechteres und zeitgemäßes Tarifsystem dar, betonte Landrat Christoph Schnaudigel wiederholt bei Gesprächen über die anstehende Veränderung im ÖPNV. Bereits im Januar 2020 kündigte der Landkreis Karlsruhe an, mit der ersten Testphase des Modells noch in diesem Jahr begingen zu wollen – und hält das Versprechen mit dem KVV ein.

Im Zuge des neuen Tarifsystems diskutierte der Kreistag auch den Antrag der SPD-Fraktion auf ein 365-Euro-Ticket: Diese Alternative, so entschied man sich Anfang 2020 überwiegend im Gremium, wolle man aber nicht weiterverfolgen. Dem Kreis würden mit dem Ticket Einnahmen von rund sechs Millionen Euro verloren gehen. Angaben, welche finanziellen Auswirkungen mit der Home Zone zu erwarten wären, stehen mit den Testergebnissen noch aus.

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