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Gedenken an Nazi-Gräuel

Ettlinger OB Arnold prangert bei Gedenken zu Pogromnacht AfD-Stadtrat an

Der Ettlinger Oberbürgermeister Johannes Arnold hält beim Gedenken für die Pogromnacht ein flammendes Plädoyer für die Demokratie. Dabei prangert er auch einen AfD-Stadtrat öffentlich an.

Ettlingens OB Andreas Arnold rief beim Gedenken zur Pogromnacht dazu auf, gemeinsam gegen undemokratische Kräfte in Deutschland und auch Ettlingen aufzustehen.
Ettlingens OB Johannes Arnold ruft beim Gedenken zur Pogromnacht dazu auf, gemeinsam gegen undemokratische Kräfte in Deutschland und auch Ettlingen aufzustehen. Foto: Florian Krekel

Ettlingens Oberbürgermeister Johannes Arnold (Freie Wähler) ist merklich angefasst bei seiner Rede auf der Gedenkfeier zur Pogromnacht am Donnerstagabend. Hörbar wird seine Stimme brüchig, als er betont, wie wichtig Auflehnung gegen undemokratische Werte ist, wie wichtig die Worte „nie wieder“ mit Blick auf das Dritte Reich, die Pogrome und die undemokratischen, unmenschlichen Werte von damals auch heute noch sind.

Ich bekomme Angst, wenn ein AfD-Stadtrat unter Zeugen zu mir sagt, dass er die demokratischen Regeln akzeptiere, aber wer wisse, wie lange noch.
Johannes Arnold
Ettlinger Oberbürgermeister

Arnold greift in diesem Zuge auch den Ettlinger AfD-Stadtrat Walter Armbruster an. Wörtlich sagt Arnold vor mehr als 100 Zuhörern in seiner Rede: „Ich bekomme Angst, wenn ein AfD-Stadtrat unter Zeugen zu mir sagt, dass er die demokratischen Regeln akzeptiere, aber wer wisse, wie lange noch.“ Armbruster ist der einzige AfD-Rat im Ettlinger Gemeinderat. Es ist daher klar, dass Arnolds Äußerungen auf ihn abzielen.

Ich habe niemals etwas gegen die Demokratie gesagt, sondern gesagt, dass sich die Meinung der Menschen in einer Demokratie auch ändern könne
Walter Armbruster
AfD-Stadtrat

Armbruster selbst wehrt sich am Donnerstagabend in einem Telefonat mit unserer Redaktion entschieden gegen die Vorwürfe des OB. Die Aussage sei völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Es sei bei dem fraglichen Gespräch um die Energiewende gegangen, so Armbruster.

Er sei dabei nicht Arnolds Meinung gewesen und habe betont, dass sich die von Arnold betonte Zustimmung der Menschen zur Energiewende auch wieder ändern könne – auch in einer Demokratie. „Ich habe niemals etwas gegen die Demokratie gesagt, sondern gesagt, dass sich die Meinung der Menschen in einer Demokratie auch ändern könne“, sagt Armbruster. Arnold habe das offenbar falsch verstanden.

OB Arnold ist sich der Sprengkraft der Aussagen bewusst

Arnold selbst ist sich der Sprengkraft seiner Aussagen durchaus bewusst. Er wird nach der Gedenkfeier von mehreren Menschen darauf angesprochen und betont dabei – wie auch schon in seiner Rede – er sei sich bewusst, dass das Gegenwind erzeugen könne, aber er so etwas nicht akzeptieren könne.

Antisemitische Straftaten in Ettlingen

Gleiches gelte für zwei Straftaten in den vergangenen zwei Tagen, die Arnold in seiner Rede erwähnt. So seien israelfeindliche Parolen auf die Fassade des Ettlinger Müllergebäudes gepinselt worden und das Büro einer Landtagsabgeordneten in der Fußgängerzone sei mit Hassparolen beschmiert worden. „So etwas nicht ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, wäre für mich vergleichbar mit dem damaligen Schweigen“, unterstreicht Arnold, den Bogen zur Pogromnacht zurückschlagend.

Es brauche jetzt erhöhte Aufmerksamkeit für ein „nie wieder“, unterstreicht der OB, der zu Beginn seiner Rede die Vorkommnisse in der Pogromnacht in Ettlingen wiedergibt. „Wir Demokraten sind dafür verantwortlich, unsere freiheitlich demokratische Grundordnung zu verteidigen.“

Der Rathauschef kritisiert in diesem Zusammenhang auch sichtlich bewegt eine Diskussion auf dem sozialen Netzwerk Facebook, in der Mitglieder ihre Missbilligung darüber zum Ausdruck bringen, dass in Ettlingen am Rathaus als Zeichen der Solidarität zu Israel die israelische Flagge gehisst worden ist.

Aufruf zum Zusammenhalt

Spontan ruft der OB am Ende der Veranstaltung zum Zusammenhalt gegen die Demokratiegefährdung auf: „Zusammen haben wir Kraft.“ In seiner Rede zuvor sagt er: „Nie wieder ist jetzt.“

Auch Pfarrer Roija Weidhas prangert nach dem Gedenken an die Vergangenheit die undemokratischen Kräfte an, die mit „vereinfachten und falschen Darstellungen unvorsichtige und wenig reflektierte Menschen“ dazu bringen würden, ihnen das Vertrauen zu schenken. Man dürfe daher die Kräfte nicht im Gegeneinander verschwenden, müsse auch Verständnis für kulturelle Trennlinien haben. Das erfordere Zivilcourage. „Das Gemeinsame muss wichtiger sein als die Trennlinien.“

Schüler des Eichendorff-Gymnasiums verlasen anlässlich der Veranstaltung rund 50 Namen von Ettlinger Juden, die deportiert und/oder getötet wurden. Die musikalische Umrahmung übernahm Götz Treptau, Ettlinger Musikschullehrer, mit der Trompete.

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