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Sterbender Wald

Düstere Prognosen an neuer Eichen-Versuchsfläche in Malsch

Forstexperten rechnen mit Klima in der Region Karlsruhe wie in Südfrankreich. Die Erderwärmung schlägt durch – kommt da eine Eichenversuchsfläche zu spät?

Düstere Prognosen: Der Leiter der Forstbehörde im Landratsamt, Martin Moosmayer, und Expertin Elke Lenk von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt blickten an der Malscher Eichen-Versuchsfläche voraus.
Der Leiter der Forstbehörde im Landratsamt, Martin Moosmayer, und Expertin Elke Lenk von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt blickten an der Malscher Versuchsfläche mit jungen, hitzebeständigeren Eichenarten voraus, die jeweils einen Bambusstab als Stütze haben. Foto: Rainer Obert

Es kann einem angst und bange werden. Was anlässlich der Vorstellung einer Versuchsfläche für hitzeresistentere Baumarten in Sachen Klimawandel skizziert wurde, ist mehr als bedrohlich.

„Das Baumsterben hat eine Geschwindigkeit aufgenommen, wie wir es uns nicht vorstellen konnten“, betonte zu Beginn Martin Moosmayer, Leiter des Forstamts im Landratsamt Karlsruhe.

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) in Freiburg hat die Eichen-Versuchsfläche zusammen mit der Gemeinde Malsch angelegt. Auf dem Areal setzten Stürme und Trockenheit den Bäumen zu.

Die Region braucht neue Baumarten

Auf dem einen Hektar großen, eingezäunten Versuchsfeld im Hardtwald bei Neumalsch schauen rund 3.000 noch blutjunge, erst im Februar gepflanzte Eichen aus dem Boden.

Hoffnung für die Zukunft wird hier nicht in die heimische deutsche Eiche gesetzt, sondern in die Forschungsergebnisse zu den hier (hoffentlich) heranwachsenden Flaum- und Traubeneichen aus Spanien und dem Kaukasus, den in Südeuropa und Kleinasien heimischen Zerreichen sowie der Ungarischen Eiche.

Wir haben ein Riesenproblem im Hardtwald.
Martin Moosmayer, Amtsleiter Kreis-Forstamt

Man rechnet damit, dass bis 2050 viele Bereiche im Land etwa für die in der Vergangenheit stark vertretene heimische Buche klimatisch ungeeignet sein werden.

„Wir haben ein Riesenproblem im Hardtwald“, betont Moosmayer. Die Buche hat bereits stark gelitten, einige abgestorbene Exemplare, die dem Trockenstress zum Opfer fielen, sind noch auf und am Rande der Versuchsfläche zu sehen. Die einst dominierenden Kiefernbestände hätten sich um mehr als die Hälfte reduziert.

Dazu kamen massive Sturmschäden, etwa der lokale Tornado 2019, warf Malschs Forstamtsleiter David Wipfler ein. „Sandig, trocken, nicht so dynamisch“, das präge den Hardtwald. Eichen, die mit wenig zurechtkommen, seien hier gefragt.

Der Holzzaun um die Versuchsfläche sei wegen des drohenden Verbisses durch Rehwild an den durchnummerierten jungen Eichenbäumchen gesetzt worden.

Durch einen Zaun geschützt: Das Malscher Eichen-Versuchsfeld soll für Rehwild unzugänglich bleiben, um dem Verbiss an den kleinen Bäumchen vorzubeugen. Martin Moosmayer von der Kreis-Forstbehörde sprach zum Klimawandel.
Das Malscher Eichen-Versuchsfeld soll für Rehwild unzugänglich bleiben, um dem Verbiss an den kleinen Bäumchen vorzubeugen Foto: Rainer Obert

Ein mehrere Meter langes Zaunstück ist aber bereits umgedrückt, liegt teils am Boden. Ein Sturm sei ausgeschlossen, meint Wipfler. Er geht von mutwilligem Handeln aus, warum auch immer. Kopfschütteln in der Runde, bestehend aus Vertretern des Malscher Forsts, der FVA und Bürgermeister Markus Bechler (Freie Wähler).

Den Forschern läuft die Zeit davon

Die Zeit läuft den Forschern praktisch davon, das wurde beim Ortstermin überdeutlich. Frühestens in fünf Jahren sei damit zu rechnen, dass man erste Schlüsse zum Anwachsen auf dem Versuchsfeld ziehen kann, so Elke Lenk, Expertin für Waldwachstum bei der FVA. „Es geht zu langsam“, verdeutlicht Lenk.

Die Eichen-Entwicklung auf sandigen Böden soll hier erforscht und dokumentiert werden. Wissenschaftlich begleitet wird die Fläche voraussichtlich über Jahrzehnte.

Ein düsteres Bild zeichnete Waldexperte Moosmayer mit Blick auf das Jahr 2100. Das klimapolitische Ziel, die Erderwärmung bis dahin auf 1,5 bis zwei Grad Celsius begrenzen zu können, sei das „milde Szenario“.

Kleines Pflänzchen Hoffnung: Die jungen Eichen-Sprößlinge aus dem Süden sollen möglichst den Waldbestand in Deutschland bereichern.
Kleines Pflänzchen Hoffnung: Die jungen Eichen-Sprößlinge aus dem Süden sollen möglichst den Waldbestand in Deutschland bereichern. Foto: Rainer Obert

Doch auch dann werde man voraussichtlich hier im Land ein Klima wie heute in Südfrankreich haben. Allerdings fehle im Gegensatz dazu in Baden-Württemberg der klimatische Einfluss des Meeres. „Nur“ 1,5 bis zwei Grad? „Ich glaube nicht mehr dran“, so Moosmayer.

Viele Trockenjahre in Folge

Die Zahl der Trockenjahre steigt rasant. 2015, 2017, 2018, 2021, zählt Elke Lenk auf. Fatal seien die Trocken-Frühjahre, wenn die Bäume Wasser ziehen wollen. 14 Baumversuchsflächen ähnlich der in Malsch seien im Land inzwischen eingerichtet.

Im Landkreis Karlsruhe für Tannenarten in Östringen, bei Ettlingen befindet sich eine Zedernfläche. Der Forst werde auf Dauer viel laubbaumgeprägter, so Lenk. Man müsse sich „ein Stück weit von Nadelhölzern verabschieden“.

In Malsch seien ins Versuchsfeld etwa 30.000 Euro investiert worden, einen Großteil trage die Gemeinde. Zweimal im Jahr sollen Forscher aus Freiburg den Zustand erfassen, Messungen vornehmen. Der Malscher Forst muss notfalls wucherndes Grün wegschneiden, um Wasserkonkurrenz zu nehmen. Ein Bewässern könne im Notfall nötig sein, um zu frühe „Verluste“ zu verhindern.

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