Skip to main content

Kirchen der Zukunft

Braucht jeder Ort eine eigene Kirche?

Dekan Hubert Streckert diskutiert in Malsch mit jungen Katholiken über die Zukunft der Gotteshäuser..

Offen für neue Konzepte: In der Kirche St. Ignatius in Malsch-Sulzbach haben junge Katholiken „Abenteuerland“-Gottesdienste veranstaltet. Die Resonanz war gut.
Offen für neue Konzepte: In der Kirche St. Ignatius in Malsch-Sulzbach haben junge Katholiken „Abenteuerland“-Gottesdienste veranstaltet. Die Resonanz war gut. Foto: Werner Bentz

Ein Völkersbacher brachte es zum Einstieg auf den Punkt: „Ich befürchte, wenn es im Dorf keine Ortskirche mehr gibt, dann nimmt der Gottesdienstbesuch noch mehr ab.“ Für die Mehrheit, ob jung oder alt, ist der Verkauf eines Kirchengebäudes die letzte von vielen Optionen, um auf Kirchenmitgliederschwund und Rückgang von Kirchensteuereinnahmen zu reagieren.

Das Lichtwerk – die junge Kirche in Malsch, veranstaltete am Mittwochabend in der Kirche St. Ignatius Sulzbach ein Gespräch zum Thema „Wie werden Kirchengebäude zukunftsfähig?“.

Eine bunte Gruppe aktiver Katholiken war gekommen, um mit Dekan Hubert Streckert aus Karlsruhe, Franz Zuber, Leiter der kirchlichen Verrechnungsstelle Durmersheim, und Lukas Reichert, junger Architekt aus Malsch, darüber ein Gespräch zu führen.

Fragespiel zur Einstimmung

Zur Einstimmung der Gäste, die in dem Beton-Kirchengebäude aus den 1970er Jahren Platz nahmen, hatten die beiden Moderatoren – Pastoralreferent Daniel Meicher und Sebastian Weiner, Pfarrgemeinderat und Vertreter der Jugendkirche Lichtwerk – ein Fragespiel initiiert. Schon die erste Frage hatte es in sich: „Muss in jedem Ortsteil ein Kirchengebäude stehen?“ Die vier Antwortmöglichkeiten lauteten „Ja“, „Nein“, „Mir doch egal“ und „ein öffentlicher Versammlungsraum ist ausreichend für das Leben in der christlichen Gemeinschaft“.

Zu „Ja“ rang sich nur eine Minderheit durch. Bei der Beantwortung der zweiten Frage –„Mein Kirchengebäude der Zukunft ist….a) digital, b) so wie jetzt, c) ein Ort nur für den Gottesdienst und d) ein multifunktionaler Ort – entschied sich die große Masse der Zuhörer mitsamt Dekan für die Antwort d).

Das Lichtwerk habe in einem Kirchengebäude wie St. Ignatius mit sogenannten „Abenteuerland“-Gottesdiensten begonnen, hatte zuvor Daniel Meicher erläutert. Bei dem Experiment komme man ohne Kirchenbänke aus, die Kinder können sich frei bewegen. Die Resonanz sei gut.

„Es würde mich wahnsinnig freuen, wenn beispielsweise Völkersbach, Eggenstein oder Neuburgweier auch in Zukunft ihre Kirchengebäude haben“, meinte Hubert Streckert. Er befürchte aber, dass die Bereitschaft der Menschen vor Ort, sich für den Erhalt dieser „Heiligen Orte“ einzusetzen, nicht mehr so stark sei.

Ich bin zuversichtlich, dass wir die meisten Kirchen halten können.
Franz Zuber, Leiter der Verrechnungsstelle Durmersheim

„Ich bin zuversichtlich, dass wir die meisten Kirchen halten können, wenn wir andere, profane Gebäude der Kirche veräußern“, meinte Franz Zuber. Die Professionalisierung in der Kirche beim Personal habe auch seine Schattenseiten, das gehe ins Geld, erläuterte er. Natürlich wünsche er in den Gemeinden, mehr Menschen, die sich ehrenamtlich für die Kirche und ihre Gebäude einsetzten.

Lukas Reichert merkte kritisch an, dass es angesichts der geringen Zahl an Geistlichen und der rückläufigen Kirchenbesucherzahlen nicht leicht sei, so viele Kirchen zu bespielen. Wahrscheinlich sei es sinnvoller, die Gläubigen zu Gottesdiensten in Nachbarorte zu bringen.

Karin Gräßer, ehemalige Pfarrgemeinderätin in Malsch, stellte die Frage, ob es angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen so große Kirchengebäude noch brauche. Die Dorfkirche sei für die ältere Generation noch Heimat, aber für die Enkelgeneration längst nicht mehr.

Kirche will bis 2030 klimaneutral sein

Stiftungsratsmitglied Giorgio Bassis warf die Frage auf, woher das Geld für die Kirchenräume kommen soll – auch vor dem Hintergrund, dass laut Erzbischof Stephan Burger die Kirche bis 2030 klimaneutral sein wolle. Dem hielt Hubert Streckert entgegen, dass es nicht so ganz aussichtslos mit der finanziellen Unterstützung „Heiliger Orte“ sei: Opferkerzen seien durchaus eine beachtliche Einnahmequelle.

Ein anderer aus der Runde meinte, dass man durch das „Kirche in der Kirche“-Konzept des Lichtwerks oder durch eine Winterkirche, in der nur ein kleiner Raum beheizt werde, nicht nur Energiekosten sparen, sondern auch das Gemeindeleben stärken könnte. Um die christliche Botschaft weiterzutragen, brauche niemand mehr solche großen Gebäude, sagte ein weiterer Teilnehmer der Diskussionsrunde.

Einen Weg aus dem Dilemma sieht der Dekan in einer Öffnung der Kirchenräume für andere gesellschaftliche Gruppen. In einem Gotteshaus wie in Sulzbach biete sich dies geradezu an. Das Thema „Verkauf von Kirchen“ stelle sich in den kommenden Jahren eher nicht, sagte Franz Zuber. Der Widerstand der Menschen sei viel zu groß.

Es gebe schon riesige Diskussionen, wenn man Profangebäude auf den Markt bringen wolle. Wobei Zuber nicht verschwieg, dass manche Kirchengemeinden wegen der durch den Ukraine-Krieg im Schnitt um 30.000 bis 40.000 Euro gestiegenen Energiekosten finanziell kräftig ins Schwimmen kommen könnte.

nach oben Zurück zum Seitenanfang