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Heilend oder lebensbedrohlich?

Naturheilkunde in Malsch: Dagegen ist ein Kraut gewachsen

Seit einigen Jahren schon zeichnet sich dieser Trend ab: Viele Menschen interessieren sich für die gesundheitsfördernde Wirkung von Pflanzen und Kräutern. In Völkersbach gibt es eigens eine Heilpflanzenschule.

Nicole Windus im Garten der Hailpflanzenschule.
Giftig, essbar oder heilend? Heilpflanzenexpertin Nicole Windus zeigt im Garten, worauf man genau achten sollte, bevor man Blätter erntet. Foto: Anne Herder

Rahel Selg hält die beiden Äste in die Sonne. Die Nadeln der zwei Gewächse, Eibe und Tanne, sind auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden. Man muss schon sehr genau hinschauen, bevor man das eine zu Tee oder Sirup weiter verarbeitet.

Falsche Entscheidung kann Leben bedrohen

Eine falsche Entscheidung und es erwarten einen – statt Milderung von Erkältungsbeschwerden – Übelkeit, Schwindel oder sogar ein lebensbedrohlicher Atemstillstand. Wer versehentlich von einer Eibe gekostet hat, sollte umgehend die Nummer der Giftnotrufzentrale wählen.

Die Tanne dagegen ist unbedenklich. Deren ätherische Öle gelten als wohltuend, werden bei Erkältungssymptomen, Durchblutungsstörungen und vielem mehr eingesetzt. Sie gilt schon seit Jahrhunderten als Heilpflanze – und auch die moderne Wissenschaft bestätigt ihre gesundheitsfördernde Wirkung.

Expertin Rahel Selg im Garten der Heilpflanzenschule in Völkersbach.
Expertin Rahel Selg im Garten der Heilpflanzenschule in Völkersbach. Foto: Anne Herder

Pflanzen als Heilmittel zu nutzen, das liegt im Trend. Seit Jahren nimmt das Interesse an naturheilkundlichen Themen zu – fachsprachlich Phytotherapie genannt. Das merken auch die beiden Heilkräuterexpertinnen Nicole Windus und Rahel Selk in Völkersbach, wo sie gemeinsam die Heilpflanzenschule Nordschwarzwald leiten. Ihre Kurse sind gefragt. „Inzwischen kommen auch immer mehr junge Männer zu uns. Das war noch vor wenigen Jahren ganz anders. Naturheilkunde war ein Frauenthema“, berichtet Nicole Windus.

In Völkersbach die Welt der Pflanzen kennenlernen

Sie führt das auf einen gesellschaftlichen Wandel zurück: Männer hätten mehr Pflegeverantwortung und interessieren sich so ganz automatisch auch mehr für Themen rund um Gesundheit und Gesundheitsvorsorge. Und die Welt der Pflanzen biete da eben viele – natürliche – Möglichkeiten.

Laut Windus seien Pflanzen oft sanfter und harmloser als synthetisch hergestellte Arzneimittel, da sie weniger Nebenwirkungen verursachen. Wissenschaftliche Studien bestätigen das nicht unbedingt. Ein Beispiel: Während in chemisch-synthetischen Medikamenten die Zusammensetzung exakt geregelt ist, variieren die Verbindungen und Mengen der Wirkstoffe in Pflanzen häufig und können so bei der Einnahme schwerer kalkuliert werden.

Wissensvermittlung im Nordschwarzwald

Umso wichtiger ist eine fundierte Wissensvermittlung in diesem Bereich. Schulen wie die von Windus und Selg bieten ein Spektrum an Bildungsmöglichkeiten: von eintägigen Wildkräuterexkursionen bis hin zur Ausbildung zum Heilkräuterexperten, die mehrere Präsenzwochenenden umfasst, medizinische und ernährungswissenschaftliche Inhalte vermittelt und mit einer Abschlussprüfung endet.

Der Garten der Heilpflanzenschule
Der Garten der Heilpflanzenschule bietet Mitte April schon viel zum Erkunden. Foto: Anne Herder

Die Expertinnen der Heilpflanzenschule betonen: „Als Heilpflanzenexpertinnen dürfen wir keine Anamnese erstellen und keine Behandlung empfehlen. Wir geben unsere Erfahrungen weiter und klären detailliert über die Wirkweisen auf.“ Die Schulmedizin sei bei Krankheitsbehandlungen immer mitzudenken. „Die Kombination von verschiedenen Ansätzen ist wichtig“, erläutert Nicole Windus, die vor ihrer Ausbildung zur Heilpraktikerin und zur Heilpflanzenexpertin auch eine Ausbildung als Kinderkrankenschwester absolviert hat.

Natur und Wissenschaft: Keine Gegensätze

Die Wissenschaft zeigt auch, dass Naturheilkunde und Schulmedizin keine Gegensätze sind, vielmehr gilt: Rationale Phytotherapie nutzt die Wirkstoffe aus Pflanzen, wenn eine wissenschaftlich eine Wirkung nachgewiesen werden kann und ist somit Teil der Medizin – anders als die Homöopathie, bei der die pflanzlichen Substanzen so stark verdünnt werden, dass eine Wirkung dieser wissenschaftlich nicht mehr nachgewiesen werden kann.

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