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Das Craftbier kommt nach Hause

Genusspakete und geschlossene Türen: So reagieren Restaurants in Karlsruhe aufs Coronavirus

Seit Samstag sind die Karlsruher Gaststätten laut einer Landesverordnung geschlossen. Einige Gastronomen trotzen der Krise nun mit Lieferangeboten und Abholservice, andere hoffen auf ein baldiges Ende der Ausnahmeregelung. Klar ist wohl: Dauerhaft überleben kann im aktuellen Modus kein Gastronomiebetrieb.

Marcello Gallotti bietet im Sternerestaurant Erasmus einen Abholservice
Marcello Gallotti bietet im Sternerestaurant Erasmus einen Abholservice Foto: jodo

Als der Gastronomieführer Guide Michelin das Restaurant „Erasmus“ vor zwei Wochen mit einem Nachhaltigkeitsstern dekorierte , herrschte bei den Betreibern Marcello und Andrea Gallotti noch Jubelstimmung.

Doch mittlerweile hat die Corona-Krise auch die Spitzengastronomie erreicht, und wegen der rigorosen Vorgaben der Verwaltung ist ein normaler Betrieb im Bio-Restaurant im Dammerstock nicht einmal mehr ansatzweise möglich.

Seit diesem Samstag müssen Restaurants laut einer neuen Verordung der Landesregierung zum Schutz der Bevölkerung geschlossen bleiben.

Bio-Antipasti in ökologisch abbaubarer Verpackung

Den Kopf in den Sand stecken kommt für das experimentierfreudige Ehepaar allerdings trotzdem nicht in Frage. „Wir wollen die Krise nicht einfach über uns ergehen lassen, sondern möglichst viele kreative Ideen ausprobieren“, sagt Andrea Gallotti.

Weil Auslieferung und das Abholen von Essen weiterhin erlaubt sind, haben die Gallottis ein Krisenpaket mit Straßenverkauf und Lieferservice von „Genusspaketen nach Erasmus’ Art“ geschnürt. Kunden können auf diese Weise Antipasti, selbst gemachte Pasta oder die Klassiker der italienischen Dessertküche inklusive der dazu passenden Flaschenweine im Familienkreis zuhause genießen.

Sämtliche Speisen werden aus zertifizierten Bio-Zutaten zubereitet und in ökologisch abbaubaren Gefäßen verpackt. „Der Nachhaltigkeitsstern ist für uns eine Verpflichtung. Das werden wir auch in der Krise zeigen“, sagt Andrea Gallotti.

In Zeiten des Coronavirus kommt das Bier jetzt halt vorbei

Auch andere Restaurants in Karlsruhe machen aus der Not eine Tugend und werben mit einem Lieferservice oder Abhol-Möglichkeiten um Kundschaft. Das Restaurant Holzhacker liefert gutbürgerliche Speisen wie badische Maultaschen, hausgemachte Käsespätzle oder das Försterschnitzel nach Hause.

Das Restaurant Schwanen in Wolfartsweier hat ebenfalls einen Abolservice für badische Gerichte und Schnitzel-Spezialitäten eingerichtet. Hamburger telefonisch vorbestellen und abholen ist bei Deli Burger möglich.

Wer es exotischer mag, kann seine Lieblingsgerichte beim thailändischen Restaurant Rim Wang in Grünwinkel abholen. Die Craftbierbar Phono beliefert ihre Kunden sogar mit Gerstensaftkreationen von kleinen Hausbrauereien.

Das Vogelbräu macht zu und wartet ab

Doch nicht alle Restaurant sagen der Krise mit neuen Liefer- und Abhol-Angeboten den Kampf an. Das portugiesische Lokal Casa do José gab auf der Internet-Seite ebenso bereits vor der neuen Landesverordung die vorübergehende Schließung bekannt wie das Wirtshaus Wolfbräu am Werderplatz über einen Aushang an der Eingangstür.

Und auch Rudi Vogel hat seine Hausbrauereien nach einem Tag Abholservice zugemacht. "Nun müssen wir einfach abwarten, wie es weitergeht", sagt Vogel. Mit wenigen Mittagessen auf Abholbasis könne er seinen Betrieb aber nicht am Laufen halten.

Für Waldemar Fretz ist die neue Verordung sogar der richtige Schritt. „Eine komplette Schließung aller Gastronomiebetriebe ist der beste Schutz für die Betreiber. Dann können die Ausfälle später viel besser geltend gemacht werden“, sagt der Vorsitzende der Karlsruher Dehoga.

Immer aktuell:

Mit der Auslieferung kommt nicht viel Geld rein

Ein Lieferservice sei für mittelständische Gastronomiebetriebe während der Krise allenfalls ein Anker, um die Umsatzeinbußen ein Stück weit zu kaschieren. „Dann haben die Mitarbeiter zumindest etwas zu tun. Mit der Auslieferung von zehn Sauerbraten kann aber niemand Geld verdienen, und ohne den Abendservice kann man in der gehobenen Gastronomie eigentlich nicht wirtschaftlich arbeiten“, sagt Fretz.

Fernsehkoch Sören Anders und seine Kollegen von den ehemaligen und aktuellen Sterne-Restaurants „Anders auf dem Turmberg“, „Kesselhaus“, „Oberländer Weinstube“ und „Sein“ hatten in einem offenen Brief an die Stadtverwaltung ebenfalls bereits vor der neuen Landesverordnung rechtliche Klarheit beim behördlichen Umgang mit Gastronomiebetrieben während der Corona-Krise gefordert.

Werden Restaurants als systemrelevant eingestuft, könnten die Gastronomen einen Lieferdienst für Risikogruppen hochziehen, die Menschen in den Vierteln mit einfachen To-Go-Mahlzeiten versorgen und den Betrieb zur Sicherung der Grundversorgung sicherstellen, argumentieren die Spitzenköche.

Küchenchef bringt Schließung aller Betriebe ins Spiel

Ansonsten sollte besser die komplette Schließung aller gastronomischen Betriebe angeordnet werden. Mit extrem eingeschränkten Öffnungszeiten könne kein Betrieb wirtschaftlich geführt werden, betonte Küchenchef Thorsten Bender vom Sternerestaurant „Sein“ diesen Schritt in dem Schreiben.

Trotz solcher Bedenken sind bedarfsgerechte Angebote wie Genusspakete für Andrea Gallotti gleich aus zwei Gründen ein wirkungsvolles Instrument zur Bewältigung der Corona-Krise. „Wir wollen zu positivem Denken anregen, und mit gutem Essen macht die soziale Isolation sicherlich am meisten Spaß“, sagt die Köchin. „Außerdem stärkt gesundes Essen das Immunsystem und auch dafür können wir einen Beitrag leisten.“

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