Skandal in Hagsfeld? Vielleicht sind dafür nicht unschuldige Hühner verantwortlich, sondern ausgerechnet die Lebensmittelüberwacher der Stadt beziehungsweise des Landes. Auf der Basis eines astronomischen Messergebnisses bei der Beprobung von zwölf Eiern hat das Ordnungsamt im Sinne des Verbraucherschutzes, ohne umgehend eine die Situation objektivierende Nachprobe zu veranlassen, den Eierverkauf im Hofladen Beideck gestoppt. Deshalb musste der Hagsfelder Laden schließen.
Nachprobe erst nach Wochen
Erst nach Wochen kam es zur amtlichen Nachprobe auf Betreiben des Hühnerbauern – und da liegt nun die Belastung der Eier deutlich unter dem Grenzwert. Folglich hat das städtische Veterinäramt einen neuen Bescheid angekündigt, aber noch nicht schriftlich zugestellt. Demnach dürfen nun doch wieder Eier von Freilufthühnern, die auf der Hagsfelder Dorfwiese direkt hinter der grauen Wand der riesigen Lagerhallen picken, verkauft werden. Dies bestätigt Ordnungsamtsleiter Björn Weiße.
Da aber 650 neue Hühner erst im September in Hagsfeld legefähig sind, können Beidecks ihren Hofladen voraussichtlich erst am 11. September wieder öffnen. „Dann war er drei Monate geschlossen.“ Inhaberin Anja Beideck schüttelt empört und traurig über diese aus ihrer Sicht vom Amt fahrlässig verschuldete Betriebspause den Kopf. „Das ist ein Skandal“, ärgert sich Harald Beideck.
Halter spricht von "Rufmord"
Der Nebenerwerbslandwirt spricht auch von „Rufmord“ und schimpft, „die treiben mich in den Ruin“. Der Spross der bekannten Hagsfelder Familie lässt sich nun anwaltlich beraten, um dann entsprechende Schadensersatzforderungen an die Stadt zu stellen. Dagegen weist Weiße diese Vorwürfe entschieden zurück. Völlig rechtmäßig und in der Sache angemessen sei die Stadt vorgegangen, unterstreicht Weiße seine Position.
Doch nun der Reihe nach, wie sich dieser Hagsfelder Fall nach den sehr unterschiedlichen Schilderungen des Ehepaars Beideck beziehungsweise der Stadt und ihres Ordnungs- und Veterinäramts darstellt: 750 Hühner leben auf dem Hof zwischen früherem Pfizer-Gelände und Hagsfelder Friedhof. Davon 100 Stück Federvieh auf einer etwas separaten Wiese mit mobilem Hühnerstall. Bei ihnen wurde bei der fragwürdigen Messung Ende Mai kein belastetes Ei festgestellt.
Belastung neunfach über dem Grenzwert
Ihre Eier können also weiter von Vater Herbert Beideck nachmittags im Eierhaus des Hofes verkauft werden und finden laut Anja Beideck bei den Hagsfeldern unverändert große Nachfrage.
Doch die anderen 650 Hennen haben den Hof im Juni verlassen. Ihre Eier hatten nach der ersten amtlichen Messung eine Belastung von 354 Nanogramm PCB pro Gramm Fett aufgewiesen: Das ist fast das Neunfache des zulässigen Grenzwerts. Die Verbraucherschützer verboten Ende Mai den Eierverkauf wegen der „festgestellten Höchstmengenüberschreitungen an Dioxinen und dioxinähnlichen polychlorierten Biphenylen“ – und Beidecks entschlossen sich, die Tiere an Naturschützer abzugeben.
Zweite Probe unauffällig
Durch die Aktion „Rettet das Huhn“ bekommen sie jetzt das Gnadenpick. „Wir wollten die Hühner nicht keulen lassen, das wäre auch zu teuer geworden“, erklärt Harald Beideck.
Die Beidecks haben selbst zwei Proben durch Labors vornehmen lassen. Dabei stellten sich Belastungswerte von 3,4 beziehungsweise sieben Nanogramm PCB ein. Die Nachprobe des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Freiburg ergab den Wert von 31 Nanogramm. Der Grenzwert beträgt 40 Nanogramm. Die entsprechenden Schreiben der Ämter liegen den BNN vor.
Kunden informiert
„Ohne Eier können wir den Hofladen nicht betreiben“, sagt Harald Beideck. „Die Leute wollen unsere Eier, 500 jeden Tag.“ Anja Beideck betont: „Wir haben die Problematik sofort der Kundschaft mitgeteilt.“
„Die Leute wollen unsere Eier, 500 jeden Tag.“
Die Gefahrenwarnung durch ein nach ihrer Auffassung unerfindliches Messergebnis sei inzwischen durch die neue Messung überholt. Folglich habe man es mit „übler Nachrede“ durch das Amt zu tun. Es habe auch bislang keine Entschuldigung seitens der Stadt gegeben, prangern Beidecks an.
Stadt: Kein Ermessensspielraum
Erhöhter PBC-Wert auch bei Rindern
Ursache der Belastung unklar
Bei der ersten Eierprobe muss laut Weiße beachtet werden, „dass es zwei Probeläufe gab“. Alle zwölf Eier wurden also zweimal beprobt. Als nach einem Monat Ende Mai das Ergebnis vorlag, habe es keinen Zweifel am nötigen Einschreiten gegeben, unterstreicht er: „Es gab keinen Grund, das Messergebnis der Freiburger Fachleute in Frage zu stellen. Wir waren zu Maßnahmen verpflichtet.“
Außerdem habe man andere Behörden wie das Umweltamt informiert, damit die Ursache für die Belastung der Eier erforscht werde. „Aber wir konnten nichts ermitteln“, räumt Weiße ein. „Wir wissen nicht, wo es her kam“, sagt er zu dem Hagsfelder Eierrätsel.