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Stadtspaziergang

Als Karlsruher Entengasse zur Rue de la Quak Quak wird

Das einstige „Dörfle“ in der Altstadt galt als Sündenpfuhl und Arme-Leute-Viertel. Auch einige bekannte Persönlichkeiten stammen aus dem Karlsruher Stadtteil.

Teilnehmer lassen sich etwas erklären
Das alte „Dörfle“ war Thema des informativen Stadtspaziergangs von Kunsthistorikerin Susanne Stephan-Kabierske, welches sie mit etlichen Karten und Fotos wie hier am Lidellplatz veranschaulichte. Foto: Volker Knopf

Unter dem Slogan „Handwerker & Huren, Künstler & Studenten“ entführte Stadtführerin Susanne Stephan-Kabierske am Wochenende zwei Dutzend Interessierte in das einst berüchtigte Arme-Leute-Viertel der Karlsruher Altstadt, auch „Dörfle“ genannt.

„Hier lebten Almosenempfänger, Tagelöhner, ledige Frauen oder Soldaten in primitiven Unterkünften auf engem Raum. Ungewollte Schwangerschaften waren eher Regel als Ausnahme. Prostitution war weitverbreitet“, so die Kunsthistorikerin. Im Westen grenzte das Areal an den heutigen Lidell-Platz, im Norden an die Kaiserstraße, im Osten an das Durlacher Tor, im Süden an die heutige Kapellenstraße (Landgraben).

Damals betrug der Armenanteil in Karlsruhe rund 25 Prozent. Davon lebten 97 Prozent im Dörfle
Susanne Stephan-Kabierske
Stadtführerin

1795 erhielt Klein-Karlsruhe den Status als Dorfgemeinde, 1812 erfolgte die Eingemeindung. „Damals betrug der Armenanteil in Karlsruhe rund 25 Prozent. Davon lebten 97 Prozent im Dörfle“, so die Durlacherin. Dennoch kamen aus dem Elendsquartier bekannte Persönlichkeiten.

Schriftsteller Viktor von Scheffel ist in der Steinstraße aufgewachsen, Jugendstil-Architekt Hermann Billing in der Waldhornstraße, Fahrrad-Pionier Karl Drais lebte seine letzten Jahre verarmt in der Zähringerstraße. Als Grenze zum „bürgerlichen Quartier“ galt der Lidellplatz, dem Startpunkt des informativen Spaziergangs von „stattreisen“.

In der Markgrafenstraße gab es 16 Bordelle

Ein großer Fortschritt im Laufe des 19. Jahrhunderts sei die „Verdolung“ des Landgrabens gewesen, des Abwasserkanals, der einst offen durch „das Dörfle“ floss und nun unter Kapellenstraße und Steinstraße strömt. 1897 versuchten die Behörden die Prostitution auf die Spitalstraße (heute Markgrafenstraße) zu konzentrieren. Sie wurde zur Bordellgasse mit sechzehn Etablissements. Die angrenzende kleine Spitalstraße wurde 1930 zur Entengasse und im Volksmund „Rue de la Quak Quak“ genannt.

„Später, als US-Soldaten in Karlsruhe stationiert waren, gab es ein Graffiti an der Hans-Thoma-Schule auf dem stand this area is off limits, also Sperrgebiet. Ob sie sich daranhielten, steht auf einem anderen Blatt.“

Maler Schlichter zeichnet Prostituierte und Zuhälter

An der Ecke Waldhorn- und Zähringerstraße zitierte Stephan-Kabierske den Künstler Rudolf Schlichter, der zur Künstlergruppe Rih zählte. Er studierte von 1910 bis 1916 an der Kunstakademie und verkehrte mit seinen Freunden der Bohème oft im Dörfle, mutmaßlich auch in der anrüchigen Bar Korallen-Grotte.

„Wo man schaut, Gruppen von schludrigen Frauen, Eckenstehern und Hausieren“, las sie aus Erinnerungen Schlichters, der auch für seine drastischen erotischen Zeichnungen bekannt war. In seinen Bildern porträtierte er oft Prostituierte, Zuhälter und andere Randgruppen. „Da war Karlsruhe noch spannender“, merkte eine Zuhörerin launig an.

Quartier wurde in den 1960er Jahren saniert

Selbstredend war bei der zweieinhalbstündigen Tour auch die oft als bauliche Sünde bezeichnete Sanierung des Quartiers in den 1960er Jahren Thema, ebenso architektonische Aspekte oder der Bürgerentscheid zum Kronenplatz. Durch das Rotlichtviertel Brunnenstraße ging es abschließend zum Seilerhäuschen, dem ältesten erhaltenen Modellhaus der Stadt von 1723. 

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