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Euphorie im Rathaus

Karlsruhe nimmt Millionen in die Hand und bewirbt sich auf die World Games

Der Zuschlag scheint gewiss für eine der größten Sportveranstaltungen der Welt in Karlsruhe. Jetzt müssen zehn Millionen Euro für die World Games her.

Ein Paar neongelbe Laufschuhe aus großer Nähe an einem sonnigen Tag fotografiert, im Hintergrund ist das Karlsruher Rathaus zu sehen.
Mit großen Schritten nähert sich Karlsruhe den World Games 2029 – der Gemeinderat machte mit seinem Votum den Weg frei für die Bewerbung der Stadt als Austragungsort der nicht olympischen Spiele. Foto: Rake Hora

1989 waren die World Games in Karlsruhe eines der sportlichen und gesellschaftlichen Ereignisse überhaupt – das Märchen von damals kann 40 Jahre später eine Neuauflage erleben. Der Gemeinderat der Stadt stimmte in seiner Sitzung am Dienstag für die Bewerbung ab. Karlsruhe wird im Fall des Zuschlags durch die Internationale World Games Association (IWGA) die erste Stadt in der Geschichte der World Games sein, die zum zweiten Mal Austragungsort ist.

Vorsichtige Euphorie, geht das? Im Gemeinderat Karlsruhe demonstrierten Stadträtinnen und Stadträte, dass das durchaus möglich ist. Ja, die Aussicht, im Jahr 2029 zum zweiten Mal die World Games in Karlsruhe zu Gast zu haben, lässt die einen frohlocken über die Aussichten, die anderen schwelgen in Erinnerungen an Spiele aus dem Jahr 1989.

Zehn Millionen Euro Kosten werden voraussichtlich für die Stadtkasse bis in das Jahr 2029 anfallen, um Karlsruhe fit für die World Games zu machen. Angesichts zäher Verhandlungen zur Haushaltskonsoldierung im vergangenen Jahr und das Ringen um zehntausende Euro fiel vielen die Zustimmung über millionenschwere Einsätze schwer.

Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) spricht mit Verve über die Gelegenheit, die sich Karlsruhe mit den World Games 2029 bietet: „Damals gab es ein Defizit nach der Veranstaltung, aber was bei den Menschen hängen geblieben ist, das sind die Erinnerungen an ein großartiges Erlebnis.“

World Games: Karlsruher Oberbürgermeister hofft auf Rendite auf Umwegen

„Nun bietet sich die große Chance, das alles zu wiederholen“, freut sich Mentrup. Der Oberbürgermeister stellt in Aussicht, dass sich für jeden ausgegebenen Euro sieben oder acht Euro einholen lassen. Handel und Tourismus würden von zusätzlichen Einnahmen getragen werden. „Es ist unbestritten, dass die Umwegrentabilität einen Profit bringt“, sagt Mentrup.

Dass die Veranstaltung dem Handel und dem Tourismus großen Umsatz beschweren können, ist plausibel. 1989 kamen neben 6.000 Sportlerinnen und Sportlern auch geschätzt 200.000 Menschen zu Besuch der Spiele.

Martin Lenz (SPD), Sportbürgermeister in der Stadt, spricht vom Geld als Treibstoff, der nun auf dem Weg in Richtung 2029 aufgebraucht werden muss. „Lassen Sie mich diese zehn Millionen Euro einordnen“, sagt Lenz. Es ist, wie er sagt, eine Summe vor dem Hintergrund von Sportstätten, in die in den vergangenen Jahren 400 Millionen Euro geflossen seien.

„Nur deswegen können wir die drittgrößte Multisport-Veranstaltung der Welt in Karlsruhe abhalten“, sagt Lenz. „Die Bevölkerung ist enthusiastisch, die Vereine und Verbände sind es auch.“ Für die Stadt sei es eine riesige Ehre, die Spiele abhalten zu können.

Neben der finanziellen Unwägbarkeiten, denen sich die Stadt gegenübersieht, betont Aljoscha Löffler, Fraktionsvorsitzender der Grünen, die Bedeutung der World Games als Schaufenster nicht nur für den Sport, sondern auch für Umweltschutz.

„Da haben wir uns mehr erhofft“, kritisiert Löffler. Zu einem einheitlichen Ergebnis sei man innerhalb der Fraktion über das Für und Wider der World Games nicht gekommen. „Ich kann verstehen, wenn nicht alle in der Fraktion der Bewerbung zustimmen können.“

„Wir können den Menschen der Stadt jetzt mit der Entscheidung ein Geschenk machen“, erklärt Detlef Hofmann, Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion im Gemeinderat. Hofmann, selbst Wassersportler, freut sich auf die Aussichten. Und er berichtet von einer ähnlichen Stimmungslage bei seinen Mitmenschen: „Egal, wo ich hingekommen bin, die Begeisterung habe ich gespürt.“

„Ich war schon 1989 Helferin bei den World Games“, erinnert sich Irene Moser (SPD). Die Stadträtin plädiert: „Mit der Unterstützung von Bund und Land lassen sich Kosten stemmen. Seien wir mutig. Die Veranstaltungen, die wir jetzt schon jährlich ausrichten, geben uns die Erfahrungen für so eine Veranstaltung.“

Europahalle
Die Europahalle wird voraussichtlich einer der Angelpunkte der World Games in 2029 sein. Die Sport-Infrastruktur der Stadt ist eine der Voraussetzungen für die Austragung der Spiele. Foto: Peter Sandbiller

„Wenn es politisch gewollt ist, dann ist eine Finanzierung trotz aller Sparzwänge möglich“, kritisiert Lüppo Cramer (KAL). Der Tadel bleibt aber kurz. Auch Cramer blickt zurück ins Jahr 1989. Korbball, Tauziehen und Bodybuilding: „Ich würde mich sonst nicht dafür interessieren, aber das schaut man sich doch an. Grandios.“

Karl-Heinz Jooß (FDP) sieht die Kosten für die World Games als ein Übel, das angesichts der zu erwartenden Einnahmen für die hiesige Wirtschaft zu verschmerzen ist. „Für mich persönlich, nach 25 Jahren im Sportausschuss, ist es ein besonderes Geschenk.“

Lukas Arslan (Linke) sieht die Chance für die Stadt in einer Veranstaltung, die ohne olympischen Gigantismus auskomme. Auf eine Stärkung der Stadtgesellschaft hofft Friedemann Kalmbach (FW|FÜR).

Und Paul Schmidt (AfD) sieht die World Games als eine Sportveranstaltung nahe an den Menschen, als Mittel zur Völkerverständigung. Ellen Fenrich (parteilos) dämpft die Euphorie ein wenig: „Wir geben Geld aus, das wir nicht haben.“

Die zehn Millionen Euro sollen laut Stadtverwaltung in Tranchen von je 2,5 Millionen Euro zwischen 2026 und 2029 gestemmt werden. Ein mögliches Defizit von bis zu 8,83 Millionen Euro könne 2029 und 2030 anfallen. Zusätzliche Einnahmen sollen das verhindern.

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