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Gefährliches Glücksspiel

Warum sich Sucht-Experten und KSC-Fans gegen Sportwetten verbünden

Kommerzielle Sportwetten stehen wegen der Suchtgefahr in der Kritik. Experten und Verbände wie der KSC-Fanverband Supporters Karlsruhe fordern gemeinsam ganz konkrete Maßnahmen.

„Sportwetten“ steht an einem Fenster eines Ladens, in dem der Besucher Wetten platzieren kann.
Sportwetten sind ein großes Geschäft. Aus Sicht von Experten und KSC-Fanvertreter müssen Politik und Sportvereine für strengere Regeln sorgen. Foto: Paul Zinken/dpa

Experten und Verbände fordern Politik und Profivereine zu einem härteren Vorgehen gegen Sportwetten auf. Insbesondere die Werbung gehört aus ihrer Sicht wegen des hohen Suchtpotenzials verboten.

„Glücksspiel ist ein schmutziges Geschäft. Glücksspielfirmen machen ihr Geld mit Menschen, die Probleme haben“, sagt Ilona Füchtenschnieder-Petry, Vorsitzende des Fachverbands Glücksspielsucht, unserer Redaktion.

Der Stuttgarter Suchtberater Martin Epperlein, in dessen Sprechstunden viele Sportwettsüchtige sitzen, sagt: „Werbung nervt Spielsüchtige, sie triggert sie. Spielsüchtige wollen sie nicht sehen.“ Epperlein fordert, die Werbung für Sportwettenanbieter einzuschränken.

Fußball: 2. Bundesliga, Hertha BSC - SV Wehen Wiesbaden, 2. Spieltag, Olympiastadion, Herthas Fans in der Ostkurve zeigen den Schriftzug «Stell Dir vor, Hertha BSC verzichtet auf die schmutzige Sportwetten-Kohle!». +++ dpa-Bildfunk +++
Unter den Fans des Fußball-Zweitligisten Hertha BSC gibt es viel Kritik an der Kooperation des Vereins mit einem Sportwetten-Anbieter. Foto: Soeren Stache picture alliance/dpa

Mit der Forderung nach einem Verbot von Sportwetten-Werbung hat sich ein Bündnis gegründet, dem auch Fan-Vertreter angehören. Die Supporters Karlsruhe sind dabei. „Sportwetten stehen mit einem integren Fußball unserer Meinung nach nicht im Einklang“, argumentiert der Dachverband der KSC-Fans.

Laut des Glücksspiel-Surveys hatten im Jahr 2021 etwa 1,3 Millionen Menschen in Deutschland eine Glücksspielstörung, weitere 3,2 Millionen zeigen ein riskantes Spielverhalten. Sportwetten gelten als besonders riskant. 

Kritik äußern die Fachleute auch an der Politik, die von den Steuereinnahmen profitiert. „Klar nimmt die Politik gerne die Einnahmen aus der Sportwettensteuer ein. Aber sie sollte wenigstens dafür sorgen, dass Wettanbieter verpflichtet werden, Abgaben in gleicher Höhe wie für die Werbung in einen Fonds zur Prävention und Suchthilfe zu bezahlen“, sagt Füchtenschnieder-Petry.

Sie wüsste auch, wofür die Steuer zum Teil verwendet werden könnte, nämlich um zwielichtige Wettanbieter beaufsichtigen und notfalls sperren zu können. „Von der Sportwettensteuer sollten die Länder einen großen Teil abgeben für eine Kontroll-Taskforce. Diese könnte man durch den hohen Anteil an Bußgeldern fast refinanzieren.“

Die Politik muss sich Respekt verschaffen.
Ilona Füchtenschnieder-Petry
Vorsitzende des Fachverbands Glücksspielsucht

Außerdem fordert Füchtenschnieder-Petry härtere Strafen für illegale Wettanbieter. „Ich wünsche mir, dass man Firmen, die mehrfach gegen die Gesetze verstoßen und illegal arbeiten, die Lizenz entzieht. Die Politik muss sich Respekt verschaffen und darf nicht einfach tatenlos zusehen“, so Füchtenschnieder-Petry. 

Suchtberater Epperlein fordert, in Politik, Gesellschaft und Vereinen ein Bewusstsein für Spielsüchtige zu schaffen. Durch Beratungsgespräche in Schulen ließen sich gefährdete Jugendliche erreichen, bevor sie in die Sucht abgleiten. Er regt auch an, das persönliche Umfeld der Spielsüchtigen in den Blick zu nehmen: „Auf keinen Fall sollten ihnen Freunde, Bekannte und Verwandte Geld leihen. Das verstärkt nur das Drama.“ 

Verbot wird bisweilen umgangen

Auch die zum Teil inkonsequente Handhabung des Spielersperrsystems sorgt für Kritik. Gesperrte Spieler dürfen in Wettbüros, die an das Sperrsystem angeschlossen sind, eigentlich nicht am Spiel teilnehmen, aber das Verbot wird bisweilen umgangen.

Für Baden-Württemberg ist das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe Aufsichtsbehörde. Im RP kennt man das Problem, dass Anbieter auch gesperrten Spielern Zugang gewähren.

Davon erfahre man aber oft erst zu spät, so RP-Sprecherin Irene Feilhauer, und zwar erst durch Anzeigen Betroffener. Für eine höhere Trefferquote hat Feilhauer einen Vorschlag: „Hilfreich wäre die Befugnis zu verdeckten Ermittlungen, zum Beispiel, indem Kontrolleure unter veränderter Identität am Spiel teilnehmen und so nicht als Glücksspielaufsicht erkennbar sind.“

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