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Debatte um Millionenprojekt

„Karlsruher wurden nicht gefragt“: Gegner des Turmbergbahn-Neubaus lassen nicht locker

Beim geplanten Neubau der Turmbergbahn kommen nun die Kritiker zu Wort. Die lassen kaum ein gutes Haar an den Plänen der Verkehrsbetriebe Karlsruhe.

Menschen sitzen in der Karlsburg in Zuhörerreihen
Groß war der Andrang in der Karlsburg beim Erörterungstermin des Planfeststellungsverfahrens für die Turmbergbahn. Foto: Ekart Kinkel

Als Gerda Karcher das Wort ergreift, kann sie ihre Emotionen nur schwer im Zaum halten. Zahllose Briefe an Verwaltung, Kommunalpolitik und diese Redaktion hat die Durlacherin bereits geschrieben, fast immer hat sie dabei den geplanten Neubau der Turmbergbahn scharf kritisiert.

Nun steht Karcher beim mündlichen Erörterungstermin des Planfeststellungsverfahrens am Mikrofon und macht ihrem Unmut öffentlich Luft.

„Die Karlsruher sind nie gefragt worden, ob sie diese Bahn auch wollen“, sagt Karcher. An den bisherigen Plänen mit einer Gleisverlängerung der Bergbahn bis zur Bundesstraße und einer neuen Talstation lässt Karcher kein gutes Haar. „Es ist eine Ungerechtigkeit, die dem schönen Durlach widerfährt.“

So etwas Hässliches habe es in der Markgrafenstadt noch nicht gegeben und ihrer Einschätzung nach wolle sich das Rathaus mit dem Neubau lediglich ein Denkmal setzen.

Gegner des Projekts werfen Karlsruhe mangelnde Bürgerbeteiligung vor

In ein ähnliches Horn stößt auch Wolfgang Artmann. „Wo ist die Bürgerbeteiligung gewesen?“, fragt der Durlacher, selbst bei den Workshops zur Gestaltung der geplanten Bahn sei immer nur „dieselbe Blase“ eingeladen worden.

Außerdem zieht er die von den Verkehrsbetrieben Karlsruhe (VBK) präsentierten Fahrgastzahlen in Zweifel. „In der Bahn sitzen mal drei und mal fünf Personen drin, vielleicht mal 15, wenn eine Wandergruppe unterwegs ist“, sagt der Anwohner. Jährlich 115.000 Fahrgäste mit der Turmbergbahn, also durchschnittlich über 500 pro Betriebstag, das kann laut Artmanns Beobachtungen nicht stimmen.

Artmann wehrt sich seit Jahren mit der Bürgerinitiative Zukunft Turmbergbahn gegen die mögliche Zerschneidung des Wohngebiets durch eine Gleistrasse in der Bergbahnstraße und macht sich für eine Sanierung der Bestandsbahn stark.

Von der Endhaltestelle des Karlsruher Verkehrsverbunds sollen die Fahrgäste in nicht allzu ferner Zukunft mit autonomen Shuttles gebracht werden, sagt Artmann. Das sei technisch schon heute umsetzbar. Karcher würde die Turmbergbahn sogar ganz stilllegen und stattdessen eine Buslinie täglich über den Turmberg führen. Hauptsache, der geplante Neubau wird noch irgendwie gestoppt, so der Tenor des Kritiker-Duos.

Experten der Verkehrsbetriebe Karlsruhe beantworten geduldig alle Fragen

Adressaten solcher Einwendungen sind in diesem Fall die Vertreter der VBK und der städtischen Ämter. Die beantworten geduldig und ausführlich alle Fragen. „Ich teile ihre Ansicht nicht, dass wir in absehbarer Zeit autonome Shuttles haben werden“, sagt VBK-Geschäftsführer Christian Höglmeier.

„Langfristig ist der Neubau der Bahn billiger als ein Busbetrieb“, sagt Projektleiter Holger Wagensommer. Eine neue Buslinie schlage mit 400.000 Euro pro Jahr zu Buche, und selbst bei einem autonomen Shuttle würde eine Aufsichtsperson gebraucht. Die Turmbergbahn soll aber künftig vollautomatisiert auf den Durlacher Hausberg pendeln, dadurch würden Personalkosten gespart.

Nicht auf sich sitzen lassen will Oberbürgermeister Frank Mentrup den Vorwurf der fehlenden Bürgerbeteiligung. „Seit 2017 gab es eine Kommunalwahl und eine Oberbürgermeisterwahl. Die Positionen der Parteien und Kandidaten zur Turmbergbahn waren bei den Wahlen bekannt“, betont der Rathauschef. Mit offener Kritik an fehlender Bürgerbeteiligung werde die repräsentative und parlamentarische Demokratie grundsätzlich infrage gestellt.

Vor Beginn der Fragerunde werben Mentrup und Wagensommer noch einmal eindringlich für den Neubau. Nur so könne künftig die Barrierefreiheit und die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr erreicht werden, nur so könnten viele Turmbergbesucher zum Umsteigen auf ein umweltfreundliches und nachhaltiges Verkehrsmittel gewonnen werden. Andere Varianten wie die barrierefreie Modernisierung der Bestandstrasse seien geprüft und wegen der geringeren Wirtschaftlichkeit verworfen worden.

Bürgerinitiative hat Anwalt dabei

Überzeugt werden können viele der Zuhörer durch die bekannten Argumente nicht. Der Freiburger Rechtsanwalt Tobias Lieber stellt im Auftrag von Zukunft Turmbergbahn gleich mehrere Aspekte des Verfahrens in Fragen.

Immer wieder berief sich Lieber dabei auch auf das von der Initiative in Auftrag gegebene Gutachten des Sachverständigen Jürgen Deiters, der die Wirtschaftlichkeitsberechnung durch das Büro Montenius Consult als fehlerhaft kritisiert hatte.

„Da haben wir nur wenig zurückbekommen, eigentlich nur, dass Montenius Consult erfahren sei“, so Lieber. Bei der mündlichen Erörterung geht er deshalb ins Detail, diskutiert mit den VBK-Experten die im Gutachten aufgeführten Zahlen und die prognostizierte Steigerung der Fahrgastzahlen auf 263.000. Dass diese Erhöhung durch Umsteiger und eine erhöhte Attraktivität der neuen Bergbahn zu erreichen ist, will Lieber nicht glauben, bezeichnet sie als „vollkommen aus der Luft gegriffen.“

Es geht ums Detail bei der Turmbergbahn

Für eine seriöse Einschätzung fordert Lieber ein Verkehrsmodell, um zu erfassen, aus welchen Richtungen und welchen Gründen die Leute mit dem Auto auf den Turmberg fahren. Auch bei weiteren mündlichen Einwendungen geht es um Detailfragen, etwa um die Umleitung einer Busroute tatsächlich einen sechsstelligen Euro-Betrag pro Jahr kostet. Kritisiert werden auch der Lärmschutz oder die Gestaltung der Bahnen.

Zufrieden mit den Antworten sind nur die wenigsten Fragesteller. „Da treffen eben unterschiedliche Ansichten aufeinander“, sagt Höglmeier nach einer Diskussion über die Sicherheit in den neuen Wagen. Eine Entscheidung ist nach der mündlichen Erörterung noch nicht getroffen. Aber nun wird wieder hinter den Kulissen geplant.

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