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Ein bisschen Südfrankreich

Gespielt wird bei jedem Wetter: Boule-Gruppe trifft sich regelmäßig vor dem Karlsruher Schloss

Jeder kennt sie vom Vorbeilaufen: die Boule-Spieler vor dem Schloss in Karlsruhe. Es handelt sich um einen bunten Haufen, der sich regelmäßig trifft. Die Regeln sind kompliziert – doch sicher ist: Frotzeln gehört dazu.

Männer beim Boule
Scherzen und ein flotter Spruch gehört für die Boule-Gruppe vor dem Karlsruher Schloss um den Präsidenten Peter Höfele-Krupka (Zweiter von links) dazu. Foto: Volker Knopf

Die Kugeln klackern, hier und da hört man einen Ausruf. Vor dem Wachhäuschen beim Karlsruher Schloss haben sich rund zwei Dutzend Männer versammelt und frönen dem französischen Nationalsport Boule.

Das Objekt der Begierde ist rund 680 Gramm schwer. Immer wieder wird die Kugel geschickt gelegt oder gestoßen, wie es im Fachjargon heißt. Wer nah genug an der Zielkugel („Schweinchen“) ist, hat gewonnen.

Einer von ihnen ist Markus Lemm und der widmet sich bei den ersten Sonnenstrahlen ganz wagemutig oberkörperfrei seinem Lieblingssport. Erst vor kurzem ist er nach einem längeren Auslandsaufenthalt wieder zu seiner Truppe gestoßen. „Ganz ehrlich, das Einzige was ich im Urlaub vermisst habe, ist das hier. Hier sind Leute aus allen Herren Länder mit ganz unterschiedlicher Vita am Start. Das macht einfach Laune“, sagt der Gärtner, der wie viele hier leicht frankophile Tendenzen hat.

Der Badener, der französisch spricht und auch optisch locker als Gallier durchgehen könnte, ist viel im Nachbarland unterwegs. Und wenn er kann, dann spielt Lemm, der sich selbst als einen „Constant Traveller“ bezeichnet, dort auch Boule.

Frotzeln gehört bei den Boule-Spielern vorm Karlsruher Schloss dazu

Er deutet auf Giuseppe Cotilli, den wohl Ältesten in der Runde. Der 86-Jährige, der aus Neapel stammt und seit gut 60 Jahren in Karlsruhe lebt, arbeitete bis zu seiner Pension als Busfahrer. „Ich habe erst vor einiger Zeit von seinem früheren Job erfahren. Da fiel mir ein, dass er mich damals in Durlach-Aue immer zur Schule gefahren hat. Wir haben ihm manchen Streich gespielt“, meint Lemm schmunzelnd.

Eines ist offensichtlich: Die Männer frotzeln gern miteinander, Einer nimmt den anderen hoch. Um einen flotten Spruch ist man hier nicht verlegen. „Das gehört einfach mit dazu“, sagt Peter Höfele-Krupka, er ist Präsident des 1. Boule Club Karlsruhe. Jeder kann hier mitspielen. Aber es ist meist derselbe harte Kern, der sich jeden Nachmittag vorm Schloss trifft.

Wir spielen hier das ganze Jahr über, bei Wind und Wetter.
Peter Höfele-Krupka, Präsident Boule-Club

Und jetzt im milden März wird wieder in die Saison gestartet? „Von wegen, wir spielen hier das ganze Jahr über, bei Wind und Wetter“, meint der 71-jährige Präsident lässig. Es gibt richtige Turniere wie den Schloss-Cup, der zuletzt der Pandemie zum Opfer fiel, aber meist misst man sich intern.

Nach dem Spiel wird bei den Boule-Freunden auch mal eine Flasche Wein geköpft

Auch Höfele-Krupka hat ein Faible für die Grande Nation. Der frühere Lehrer arbeitete schon als Reiseleiter und lotste ganze Gruppen durch die französische Kapitale. Klar, dass er dort auch schon zur Kugel griff. „An der Esplanade beim Invalidendom. Dort kann man herrlich spielen. In Paris gibt es unzählige Boule-Plätze.“

Eigentlich spielen sie in der Fächerstadt ja Pétanque, Boule sei der Oberbegriff, aber das führe zu weit. „Schreiben Sie besser nichts über den Sport, das wird sonst zu kompliziert. Schreiben Sie nur über uns“, meint er schelmisch.

Wenn es dunkel wird und die Runde endet, dann wird auch mal zu Hause bei einem der Boule-Freunde eine Flasche Rotwein geköpft. Kein Pastis? Schließlich stammt der Sport, der von außen eher tiefenentspannt aussieht, aus Südfrankreich. Stimmt, das würde auch passen, meint der Präsident. Aber man wolle ja nun nicht jedes Klischee bedienen.

Welche Fähigkeiten für Boule benötigt werden

Aber mit der Vélosolex sei er dann doch hierher gefahren, das schon, meint der Boule-Chef fast entschuldigend. Schon hat sich Stipe Mamic ins Gespräch eingeklinkt. Der Pensionär reklamiert für sich, kroatischer Nationalspieler zu sein. Was für Fähigkeiten man für Boule benötigt? „Keine Ahnung, ich habe einfach Talent“, meint er grinsend. Als früherer Bundesliga-Kegler hat er natürlich einen kleinen Vorteil.

Man muss das Gefühl für die Distanz in den Körper übertragen.
Peter Höfele-Krupka, Präsident Boule-Club

Etwas präziser wird da sein Präsident. „Ein gutes Auge ist wichtig. Man muss das Gefühl für die Distanz in den Körper übertragen.“ Zu der bunten Gruppe zählt auch Matthias Fuchs. Der Mann mit der Wollmütze ist Architektur-Fotograf und mag wie seine Kollegen das „entspannte Spielen im Freien mit ganz unterschiedlichen Leuten.“ Und natürlich hat auch er einen Bezug zum Nachbarland. Fuchs hat ein Jahr in Montpellier studiert. Und viel südfranzösischer geht es ja nun wirklich nicht.

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