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Amtsgericht Karlsruhe

Haben ein mutmaßlicher Zuhälter und eine Prostituierte einen Karlsruher um fast 200.000 Euro gebracht?

Ein Mann verliebt sich im Bordell in eine Frau und gibt ihr einen sechsstelligen Geldbetrag in der Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft. Am Ende ist alles verloren und das Amtsgericht Karlsruhe muss den Fall aufarbeiten.

Verhandlung: Das Amtsgericht Karlsruhe beschäftigt sich mit dem Fall eines mutmaßlich betrogenen Bordellbesuchers.
Verhandlung: Das Amtsgericht Karlsruhe beschäftigt sich mit dem Fall eines mutmaßlich betrogenen Bordellbesuchers. Foto: Uli Deck / dpa

Der 55 Jahre alte Mann ist ein Häufchen Elend. Anfang 2019 starben seine Eltern, die Eigentumswohnung, die er von ihnen erbte, ist verloren, seine eigene hat er verkauft.

Eine schwere Depression hat der Karlsruher hinter sich, ebenso einen Suizidversuch.

„Zwischenzeitlich musste ich mir Geld ausleihen, um etwas zum Essen kaufen zu können“, schildert er im Zeugenstand des Schöffengerichts-Saals am Amtsgericht den Bruch in seinem Leben. Was war passiert?

Heiraten? Kein Problem!

Im Januar vor zwei Jahren nahm der Mann in der Brunnenstraße die Dienste einer Prostituierten in Anspruch. Er verliebte sich in die Frau und fragte sie, ob sie ihn heiraten wolle.

„Kein Problem“, erwiderte die – sehr zu seiner Verblüffung. Es folgten weitere kostenpflichtige Besuche im Bordell in der Brunnenstraße. Dabei glaubte der Karlsruher zu spüren, dass die Frau ein neues Leben anfangen wolle. Mit ihm.

Wohnung verkauft und 165.000 Euro übergeben

Heute weiß er, dass das nie gestimmt hat. Der Preis für diese Erkenntnis war hoch: Oft steckte er der nur gebrochen Deutsch sprechenden Frau den täglichen Mietzins für das Bordellzimmer in Höhe von 250 Euro zu, dann gab er ihr mehrere tausend Euro, die sie angeblich als Anzahlung für den Erwerb eines Hauses in Bulgarien brauchte.

Die verabredete Hochzeit machte einen kostspieligen Bluttest erforderlich, den der Karlsruher ebenso bezahlte wie vorgebliche Malerarbeiten.

Den Höhepunkt erreichten die Zahlungen nach einem Gang zur Hausbank des Möchtegern-Ehemannes: 165.000 Euro hob er ab – erlöst aus dem Verkauf der geerbten Wohnung – und überreichte sie seiner Angebeteten in bar. Doch die Forderungen gingen weiter. Und am Ende nahm die Polizei die Prostituierte fest.

Sexarbeiterin geht in Berufung

Dreieinhalb Jahre Haft wegen Betruges brummte ihr das Schöffengericht auf, außerdem soll sie das ergaunerte Geld zurückerstatten.

Die Frau legte Rechtsmittel ein und wartet jetzt auf den Berufungsprozess, der im kommenden Monat am Landgericht stattfinden soll.

Zwischenzeitlich verhandelt das Amtsgericht gegen den mutmaßlichen Zuhälter der Frau. Haben beide gemeinsame Sache gemacht?

Anklage auf Betrug

Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt. Ihre Anklage lautet auf Betrug, begangen in Mittäterschaft mit der Sexarbeiterin aus der Brunnenstraße.

Dafür sprechen manche Indizien. Etwa eine SMS, wonach der Mann 80.000 Euro bekommen hat. Oder auch der Umstand, dass die Prostituierte und der 33-Jährige zeitweise zusammen wohnten und eine intime Beziehung unterhielten.

Ebenso die Praxis, dass der Mann die Frau zu Treffen mit dem späteren Opfer chauffierte und die Verhandlungen führte, als die Frau tatsächlich in Bulgarien ein Haus erwarb.

Vom Geständnis weit entfernt

Von einem Geständnis allerdings ist der Mann weit entfernt. Aus seiner Sicht hört sich die Geschichte vergleichsweise harmlos an. Eine sexuelle Beziehung zu der Prostituierten räumt er zwar ein. Ansonsten aber nichts.

Der Frau sei es ernst gewesen mit den Heiratsplänen und einer Zukunft mit dem Karlsruher, so lässt er seinen Rechtsanwalt, Hans Böhme, die Dinge darstellen. Kriminelle Absichten unterstellt er der Frau ausdrücklich nicht.

Im Übrigen präsentiert sich der mutmaßliche Zuhälter als arbeitsamer Familienvater. Seine Frau und die beiden Kinder leben im südwestfranzösischen Bordeaux, wo seine Ehepartnerin Kleidung auf Märkten verkauft.

Er selbst kauft die Textilien eigenen Angaben zufolge in Bulgarien ein, schafft sie per Kleinbus an die Atlantikküste und freut sich über ein daraus resultierendes monatliches Einkommen von bis zu 5.000 Euro, zuzüglich Kindergeld und Mietbeihilfe.

„Da muss ich wohl irgendetwas falsch machen“, entfährt es angesichts dieses Salärs Amtsrichter Bohnen. Die Verhandlung wird am Donnerstag, 18. März, um 9 Uhr im Amtsgericht Karlsruhe fortgesetzt.

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