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Verblüffende Erkenntnisse

Lüge und Wahrheit liegen in Karlsruhe manchmal eng beieinander

„Was ist wahr, was flunkere ich so daher“, fragte Stadtführerin Lydia Heidebrecht vom Verein „stattreisen“ am Nachmittag des Ostermontags.

Menschen bei einer Stadtführung in Karlsruhe.
Teils verblüffende Erkenntnisse erbrachte eine Führung des Vereins „stattreisen“ mit Lydia Heidebrecht. Foto: Jörg Donecker

Ein Haus an der Karlsruher Ritterstraße zeigt eine prachtvolle Jugendstilfassade. Bauherren waren seinerzeit Zahnärzte. Die sind ja unter anderem an kräftigen Kiefern interessiert. Sind die beiden ineinander verzahnten Drachengebisse Werbung für den Berufsstand der damaligen Hauseigentümer, wollte die Stadtführerin Lydia Heidebrecht am Nachmittag des Ostermontags von ihren Gästen wissen.

Wer die grüne Karte hochhob, durfte sich in sein Schnürchen einen Haken machen. Denn die Geschichte war kein Aprilscherz, sondern wahr.

Kein Aprilscherz, sondern Karlsruher Geschichte

Wenig zuvor hatten alle Gäste Rot gezeigt, und alle konnten knüpfen. Denn die Urkunde in der Hand der Statue von Großherzog Karl Friedrich auf dem Schlossplatz ist nicht die von Napoleon abschlägig beantwortete Bitte um die badische Königswürde.

Der bayerische Bildhauer Ludwig Schwanthaler habe sich diese Boshaftigkeit ausgedacht, weil Bayern nicht die rechtsrheinische Pfalz bekommen habe, sondern sie Baden zugeschlagen wurde. Tatsächlich war es die Urkunde, mit der der Fürst noch als Markgraf 1783 die Leibeigenschaft abgeschafft hat.

Trotz des sprichwörtlichen Aprilwetters mit Regen und Wind hatten sich alle acht angemeldeten Gäste zur Führung „Das gibt’s doch nicht, oder doch?“ eingefunden, um zu testen, wo ihnen die Stadtführerin einen Bären aufbindet und wo sie vielleicht doch eine wahre Geschichte erzählt. Denn nicht immer war aprilmäßig geflunkert, was Lydia Heidebrecht ihren Gästen zum Nachdenken gab.

Goethes Katzenmusik in Karlsruhe

So erzählte sie etwa an der Plakette, die Goethes Wohnstätte Ecke Ritter- und Kaiserstraße markiert, dass der Dichterfürst auch schon vor 1815 mehrmals in Karlsruhe war und nie Gefallen an der Stadt gefunden hat. Einmal auch bereits in eher jungen Jahren. Er soll mit Kumpanen vor dem Haus eines Karlsruher Verlegers eine Katzenmusik veranstaltet haben, weil der Mann seinen jungen Werther vernichtend kritisiert haben soll.

Nicht alle Teilnehmer glaubten dies. Aber Heidebrecht beteuerte, dass sich die Geschichte genauso zugetragen habe. Zeiger ihrer grünen Karte konnten einen weiteren Knoten in ihr Schnürchen binden.

Die Lügen- und Wahrheitstour kommt an

Wer am Ende der rund zweistündigen Tour die meisten Knoten vorweisen konnte, durfte sich über einen kleinen Siegerpreis freuen. Eine Teilnehmerin ging außer Konkurrenz mit. Weil sie genau diese Tour vor einiger Zeit schon einmal mitgemacht und sogar gewonnen hat. Sie hatte ihr aber so gut gefallen, dass sie einen Freund aus Stuttgart dazu animierte, doch auch einmal teilzunehmen.

Der Mann zeigte einmal die richtige, ein anderes Mal die falsche Karte. Aber da ging es dem Auswärtigen nicht anders als den Gästen aus Karlsruhe und Umgebung. Etwa dem Ehepaar Eberhard und Marion Natter.

„Bei stattreisen“, bemerkte Marion Natter, „gibt es immer so tolle Angebote. An der Lügentour haben wir noch nicht teilgenommen.“ Und sie zeigten, wie alle anderen Gäste, einmal die falsche, ein anderes Mal die richtig Karte.

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