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Gelungene Premiere

Junges Staatstheater zeigt „Pinocchio“ im Konzerthaus Karlsruhe

Die Premiere von „Pinocchio“ im Konzerthaus Karlsruhe ist gut besucht. Der Kinderbuchklassiker ist seit über 100 Jahren beliebt.

Szene aus dem Stück „Pinocchio“ im Konzerthaus Karlsruhe, Premiere 12. November 2023
Viel Bühnenbild ist gar nicht nötig, damit das Spiel um die eigensinnige Holzpuppe Pinocchio auch in der Inszenierung des Jungen Staatstheaters Karlsruhe seinen Reiz entfaltet. Foto: Arno Kohlem

„Heute sind aber viele kleine Menschen da“, sagt die Grille zur Fee. Und damit hat sie recht: Die Premiere von „Pinocchio“ im Konzerthaus Karlsruhe ist gut besucht. Dies überrascht nicht, denn das Junge Staatstheater nimmt sich in seiner Produktion von Carlo Collodis „Pinocchio“ einem Kinderbuchklassiker an, der seit über 100 Jahren von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen geliebt wird.

Zwar wurde die Geschichte um den gutgläubigen Holzjungen Pinocchio, der so gerne ein lebendiger Mensch sein möchte und dabei von einem Abenteuer ins nächste schlittert, schon unzählige Male adaptiert. Dennoch gelingt es Regisseurin Nele Tippelmann, Leiterin der Sparte Junges Staatstheater, der Vorlage einen ganz eigenen Charakter zu verleihen.

Der Reiz der Bühnenfassung für Kinder ab sechs Jahren liegt vor allem darin, dass sich komödiantische mit träumerischen Szenen abwechseln, fetzige Songs mit ruhigen Liedern, skurrile mit traditionellen Szenen. Immer wieder wird das junge Publikum direkt angesprochen.

Das Stück ist gespickt mit aufregenden Abenteuern und überbordenden Slapstick-Szenen, lässt sich aber auch Zeit für ruhige und sinnliche Momentaufnahmen, die es jedem Kind ermöglichen, in die Gefühls- und Gedankenwelt des Holzjungen Pinocchio einzutauchen. Und schon nach wenigen Minuten zeigt sich: Die Kinder sind ganz in der Geschichte, folgen Pinocchio auf seinem Weg zur Menschwerdung und gehen emotional mit.

So wird Pinocchio lautstark gewarnt, wenn sich von hinten die Räuber nähern, es wird gestaunt, wenn ein kleiner Zaubertrick die Aufführung bereichert, oder mitgeklatscht, wenn die blaue Fee namens Fata Blu (Naima Husseini) einen ihrer Songs zum Besten gibt – dies absolut überzeugend und stimmlich grandios.

Stets merkt man ihr die Spielfreude sowie den Spaß am geräuschvoll untermalten Theater an. Sie spielt Ukulele, Gitarre, Schlagzeug und viele weitere Instrumente und begleitet auch Pinocchios Nasenverlängerung musikalisch. Auch die Kompositionen stammen von ihr und laden allesamt kindgerecht zum Mitsingen ein.

Bühnenbild weiß mit Minimalismus zu überzeugen

Das Bühnenbild (Julia Katharina Berndt) ist trotz seiner Schlichtheit absolut gelungen und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Mehr als einen roten Vorhang, einen Sternenhimmel oder einen einzelnen Sessel braucht es oft nicht.

Beeindruckend sind auch die Szenen im Innern des Wals, die dadurch eingeleitet werden, dass die Bühne dunkel bleibt und bläuliches Licht ins Publikum scheint. Das wirkt skurril, irritiert für einen kurzen Moment – und löst sich schließlich dadurch auf, dass eine Reihe riesiger Zähne auf der Bühne erscheint. Die Zuschauer folgen Pinocchio ins Innere des Fisches und fiebern mit: Schafft er es, Gepetto zu retten?

Pinocchio stolpert, tapst naiv durch die Welt und erkennt nach und nach, worauf es wirklich ankommt im Leben: auf Vertrauen, Liebe und Freundschaft. Diese innere Entwicklung wird von Riccardo Pallotta absolut überzeugend dargestellt. Ob als hölzerne Puppe, die das Laufen lernt, als Marionette mit Emotionen oder als renitenter Jugendlicher, der lieber im Schlaraffenland faulenzt, als zur Schule zu gehen: Pallotta spielt sich charmant in die Herzen der Zuschauer.

Gleiches gilt für Nico Herzig, der einen sehr väterlichen Gepetto abgibt, sowie für Sophie von Grudzinski und Leane Israfilova als Fuchs und Katze. Star des Abends ist aber Matthias Pieper, der in all seinen Rollen, etwa als Polizist und Lehrer, überzeugt. Vor allem aber brilliert er als Grille, die als Anstandswauwau heillos überfordert ist, aber als Gaglieferant – selbst für Erwachsene – stets sympathisch und treffsicher punktet.

Gepetto wird gerettet

Am Ende geht natürlich alles gut aus: Pinocchio rettet Gepetto aus dem Bauch des Wals. Bevor er ein Mensch aus Fleisch und Blut wird – Geburtstagsfeier mit Kuchen inklusive – fragt er die Fee, ob sie nun ein richtiges Kind aus ihm mache. Und die Antwort lautet: „Das muss ich doch gar nicht. Alle Kinder sind richtige Kinder, egal aus welchem Holz sie geschnitzt sind.“

So wiederum schließt sich der Kreis zu den Kinderrechten, die in der laufenden Spielzeit – angesichts des 35. Geburtstags der UN-Kinderrechtskonvention – Schwerpunktthema des Jungen Staatstheaters sind. „Pinocchio“ ist damit nicht nur ein großes Vergnügen für Klein und Groß, sondern auch ein Plädoyer: für das Recht aller Kinder auf Bildung, zugleich aber auch auf Freizeit, Erholung und Spaß.

Service

Zahlreiche Schulvorstellungen. Termine im freien Verkauf: 3. Dezember, 16 Uhr; 17. und 29. Dezember sowie 7. Januar, 14 und 17 Uhr; 28. Dezember, 17 Uhr. www.staatstheater.karlsruhe.de,

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